Für so ziemlich jeden MotoGP-Piloten ist das Heimrennen etwas Besonderes. Das gilt umso mehr, wenn man der einzige Local Hero ist, den die Fans an der Strecke anfeuern können. Wenn man es dann auch noch schafft, aufs Podium zu fahren, ist das ein wirklich spezieller Moment. So ging es Aussie Jack Miller, der auf Phillip Island seine Ducati auf P3 abstellte.

"Dieses Rennen war sicher einer meiner schönsten MotoGP-Momente", erklärt der Pramac-Pilot nach dem Rennen mit angekratzter Stimme. Weshalb das so ist, dafür gibt es viele Gründe. Natürlich sind Heimrennen für jeden MotoGP-Piloten besonders, Podiumsplätze oder Siege umso mehr. Auf den ersten MotoGP-Sieg auf heimischen Boden muss der Aussie zwar noch warten, aber das macht ihm im Moment gar nicht.

"Ich weiß, dass dieses Rennen kein Sieg war, aber das Podium fühlt sich ein bisschen an wie einer", gibt er zu. Auch wenn Miller den Großteil des Jahres nicht in Down Under verbringt, sondern in Europa, ist der Australien GP für ihn eine Familienangelegenheit. Nicht nur seine Eltern sind auf Phillip Island mit von der Partie, sondern seine gesamte Familie und seine Freunde.

"Nach Ende des Rennens habe ich in Kurve vier meine Großeltern gesehen", so Miller. "Beide hatten Tränen in den Augen. Es ist surreal, hier auf dem Podium zu stehen. Das wollte ich schon immer. Und meine ganze Familie hat mir dabei geholfen, dorthin zu kommen, wo ich jetzt bin."

Wie sehr seine Familie Miller in seinem Leben als MotoGP-Pilot unterstützt, zeigt außerdem eine kleine Anekdote von diesem Wochenende, die der Australier nach dem Rennen teilte: "Meine Mutterund meinte Tanten haben an diesem Wochenende für das ganze Team gekocht", lacht er. "Mal schauen, ob wir das heute überbieten können."

Jack Miller: Niemand will seine Konkurrenten stürzen sehen

Trotz des emotionalen Wertes dieses Rennen kann Miller aber auch ganz objektiv mit seiner Leistung auf der Strecke zufrieden sein. Denn nach den schwierigen Bedingungen am Freitag und Samstag hatten er und sein Pramac-Team ein Podium eigentlich gar nicht erwartet. Ohne den Sturz von Maverick Vinales in der letzten Rennrunde wäre es wohl auch nicht dazu gekommen.

So freut sich Miller zwar über das Heim-Podium, stellt aber auch gleich klar: "Niemand will seine Konkurrenten stürzen sehen." Zumal Vinales nicht der einzige Rivale war, der auf Phillip Island vor Millers Augen zu Boden gegangen ist. Zu Rennbeginn crashte Ducati-Pilot Danilo Petrucci vor ihm aus dem Rennen. "Das sah ziemlich übel aus, das Bike hat ihn einfach abgeschmissen. Ich hoffe, es geht ihm gut", sagt Miller.

Dieses vorzeitige Aus seines Markenkollegen kostete Miller in der Startphase einige Positionen, die er sich him Laufe des Rennens aber zurückerobern konnte. Allerdings nicht durch aggressive Überholmanöver, sondern durch beharrliches Warten. "Ich lag am Ende dieser Fahrergruppe und habe versucht, nicht in Führung zu gehen", erklärt Miller. Hätte er sich durch Feld gekämpft, wären seine Reifen schnell hinüber gewesen. Das wusste er bereits aus Erfahrung. "Ich habe dann beobachten können, wie die Jungs vor mir immer weiter auf mich zukommen."

Jack Miller ist zurzeit der einzige Australier in der MotoGP, Foto: LAT Images
Jack Miller ist zurzeit der einzige Australier in der MotoGP, Foto: LAT Images

Bagnaia-Fight als Extra-Motivation

Im Rennverlauf lieferte sich Miller dann Duelle mit den Aprilias, Alex Rins und Andrea Dovizioso. Später mischte sich sogar noch sein Teamkollege Francesco Bagnaia in diesen Fight ein. "Ihn zu schlagen war dann nochmal eine Extra-Motivation", gesteht Miller. "Er ist ja mein jüngerer Teamkollege und dann noch ein Rookie."

Trotz der harten Bandagen auf der Strecke ist der Pramac-Pilot aber Profi genug, um starke Leistungen anzuerkennen: "Ich hätte gedacht, Pecco (Bagnaia) würde hier seinen Reifen verheizen, aber das ist nicht passiert. Er ist sehr gut gefahren, Hut ab! "

Doch obwohl der Rookie so starke Leistungen zeigte, hatte er gegen Miller keine Chance. Ebenso wenig Dovizioso, der gegen Rennende noch einmal versuchte, sich gegen den Local Hero durchzusetzen. "Seine Reifen waren aber komplett hinüber", stellte Miller fest. Auf Podiumskurs war er damit aber immer noch nicht. Bis er vor sich Staub aufwirbeln sah. "Mein Puls war da wohl auf 180. Ich habe mich gefragt, wer da wohl gestürzt ist und als ich es gesehen habe, habe ich erst realisiert, dass ich Dritter werden kann", so Miller. "Ab da habe ich nur noch dafür gesorgt, dass niemand mehr an mir vorbeikommt."

Das gelang ihm, sodas Miller auf Phillip Island sein viertes Saison-Podium einfuhr. Und als wäre das nicht schon besonders genug, hatte er noch einen weiteren Grund zur Freude: "Es ist das erste Mal, dass ich mit Cal auf dem Podium stehe", sagt Miller über seinen guten Freund Cal Crutchlow, der im Australien GP Zweiter wurde. "Letztes Jahr ist er hier im Krankenhaus gelandet. Da habe ich ihn besucht und er war total auf Drogen und hat die Krankenschwestern angeschrien. So ist es besser."