Es war der Aufreger am MotoGP-Samstag in Misano. Valentino Rossi und Marc Marquez waren in den letzten Minuten des Qualifyings hintereinander auf der Strecke unterwegs. Marquez überholte Rossi auf der Gegengeraden, kam in der folgenden Kurve aber von der Strecke ab. Rossi drückte sich daraufhin knallhart innen vorbei, es kam beinahe zur Kollision. Marquez deutete wütend in Richtung Rossi. Beide Fahrer mussten um 16:45 zu einer Anhörung bei den MotoGP-Stewards, die aber keine Strafe aussprachen.

Bereits zuvor sprachen beide Fahrer zur Presse. Zuerst war um 16 Uhr Marquez dran. Und der kritisierte Rossi hart. Auf die Frage, was denn in dieser Situation passiert sei, antwortete er: "Genau das, was ihr alle im TV gesehen habt. Ich habe zunächst aber selbst nicht verstanden, was da los war. So ein Überholmanöver im Qualifying ist sehr eigenartig. Ich weiß nicht, was seine Intention dafür war. Das müsst ihr ihn fragen. Ich werde die Situation aber von Beginn an erklären, damit es für jeden klar ist. Viele Leute werden sonst nämlich sagen, dass es nur dazu gekommen ist, weil ich Valentino wieder gefolgt bin. So war es aber nicht."

Marquez erklärte in der Folge seine Sicht der Dinge: "Ich bin komplett alleine aus der Box gefahren. Das könnt ihr überprüfen. Als ich auf die Gegengerade gekommen bin, hat Valentino dort gewartet, oder ist zumindest sehr langsam gefahren. Ich bin dann hinter ihm geblieben, weil ich im Klassement bereits vor ihm war und deshalb erst in der letzten Runde voll pushen wollte. Wir sind dann in die letzte Runde gestartet und ich habe etwas Abstand hinter ihm gehalten. In Kurve sechs ist er dann - und das ist wichtig - in die grün lackierte Auslaufzone gekommen. Seine Runde war da also bereits ungültig. Ich habe gesehen, dass er dann zwar schnell, aber nicht besonders schnell weitergefahren ist. Dann hatte ich die Möglichkeit, ihn auf der Gegengeraden zu überholen."

Dass er in dieser Situation ebenfalls in die grüne Auslaufzone kam und seine Runde somit ebenfalls ungültig wurde, bemerkte Marquez laut eigener Aussage zunächst nicht: "Ich habe es erst später im TV gesehen, am Motorrad war ich mir nicht sicher. Also habe ich weiter gepusht und bin normal in Kurve 14 gefahren. Dann habe ich nur ein schwarz-gelbes Motorrad mit sehr hoher Geschwindigkeit innen ankommen sehen. So schnell, dass er unmöglich die Kurve kriegen konnte. Glücklicherweise konnte ich eine Kollision vermeiden, weil meine erste Reaktion gut war. Die zweite Reaktion war dann die Handgeste in Richtung Valentino. Ich möchte klarstellen, dass ich mich damit nicht entschuldigen wollte, sondern ihn fragen wollte, was das sollte. Ich habe es nämlich nicht verstanden."

Um ein Haar wäre es zur Kollision gekommen, Foto: MotoGP/Twitter
Um ein Haar wäre es zur Kollision gekommen, Foto: MotoGP/Twitter

Ob sich Marquez zumindest vorstellen könne, was Rossis Intention war? "Ich kann es mir vorstellen, aber ich kann es nicht sagen", so der Repsol-Honda-Pilot. "Weil... ihr wisst schon. Ihr müsst ihn fragen. Er wird es erklären und ich weiß bereits, was er sagen wird. Er wird sagen, dass er versucht hat, mich zu überholen und dabei weit gegangen ist."

Auf die Frage, ob Rossi für dieses Manöver eine Strafe verdient hätte, konnte sich Marquez eine kleine Spitze nicht verkneifen: "Das ist mir egal, denn er ist ohnehin kein Gegner in der Weltmeisterschaft. Ich werde also keine Zeit damit verschwenden, da eine Strafe zu fordern. Und es ist auch nicht meine Entscheidung."

Rossi verteidigt sich: Nichts gemerkt

Nur wenige Minuten später war Rossi am Zug, um seine Sicht der Dinge darzulegen. Er sprach von sich aus darüber, ohne eine Frage diesbezüglich gestellt bekommen zu haben. "Ich war auf einer schnellen Runde und habe voll gepusht", so Rossi. Er hat mich in der schnellen Kurve elf überholt, was mir viel Zeit gekostet hat. Um dieses Manöver zu schaffen, musste er aber von der Strecke, also habe ich versucht, innen zu bleiben und ihn in der Haarnadel wieder zurück zu überholen. Ich bin aber weit gegangen und konnte mich deshalb nicht mehr verbessern."

Rossi erklärte, er habe nicht bemerkt, dass er in Kurve sechs die Track-Limits missachtet habe: "In dieser Kurve sind wir immer an der Grenze. Ich wusste wirklich nicht, dass ich draußen war. Das habe ich erst später in der Ergebnisliste gesehen. Ich war auf einer schnellen Runde und es war meine letzte Chance."

Da es zu keinen Strafen kam, werden Marquez und Rossi von den Rängen fünf und sieben in das Rennen am Sonntag starten.