Andrea Dovizioso hat es wieder getan. 5:1 steht es nun in der Kategorie "Sieg-Duelle in der letzten Kurve des Rennens" für den Ducati-Piloten gegen Marc Marquez. Ein ums andere Mal lässt Dovizioso den MotoGP-Weltmeister in diesen Kämpfen alt aussehen, so auch beim Österreich-GP des Jahres 2019 in Spielberg. Auch diesmal hatte sich Dovizioso eine Taktik zurechtgelegt - wenn auch eine etwas andere als gedacht.

"Ich habe auf den Geraden mit ihm gespielt", verriet Dovizioso in der Pressekonferenz nach dem Rennen. Doch was hat es damit auf sich? Ducatis Topspeed-Vorteil ist im Jahr 2019 nicht mehr derart gravierend. Honda hat einiges an Aufholarbeit geleistet über den Winter. "Wenn man einen Fahrer überholt und dann vorne liegt, dann kann der Hintermann später bremsen, nach innen ziehen und dich auf der Bremse kontrollieren. Wenn ich aber neben dran bleibe, dann kann ich ihn auf der Bremse kontrollieren", erklärt Dovizioso seine ausgefuchste Herangehensweise.

Besonders gut zu beobachten war diese Taktik, als Dovizioso neun Runden vor Schluss das Zepter in die Hand nahm. Zuvor verfolgte er Marquez über viele Runden, nun ging er an seinem Dauerrivalen vorbei. Auffällig dabei: Sobald sich Dovizioso auf Höhe Marquez' befand, drehte der Ducati-Pilot (gut hörbar in der Zeitlupenstudie) den Gashahn zu, um eben nicht mit Geschwindigkeitsüberschuss aus dem Windschatten heraus an seinem Konkurrenten vorbeizuziehen.

Andrea Dovizioso: Reifenwahl als Schlüssel?

Einen echten Vorteil hatte in diesem Rennen jedoch keiner der beiden Fahrer. Sowohl Marquez, als auch Dovizioso führten das Rennen mehrere Runden lang an, konnten sich jedoch nicht vom jeweils anderen absetzen. Auch als Marquez drei Runden vor Schluss Dovizioso im Infield überrumpelte, konnte der Repsol-Honda-Pilot nicht entscheidend Kapital daraus schlagen. Und so kam es, wie es kommen musste: Die letzte Runde und die letzte Kurve des Rennens mussten die Entscheidung in diesem Zweikampf herbeiführen.

Und hier zahlte sich Doviziosos Reifenwahl (Medium vorne, Soft hinten) aus. Dovizioso verfügte in der Schlussphase kurioserweise über mehr Grip am Hinterrad als Marquez, obwohl sich der Weltmeister hier für die Medium-Variante entschieden hatte. "Sein Hinterreifen hatte zu sehr abgebaut. So hatte er weniger Grip als ich und ich hatte die Chance, bis zur letzten Kurve um den Sieg zu kämpfen", analysierte Dovizioso.

Doch noch ein anderer Punkt fiel im Rennen auf: Dovizioso konnte im letzten Sektor immer wieder Boden auf Marquez gutmachen. Dabei gelten doch eigentlich die Sektoren 1 und 2 in Spielberg als Ducati-Land, während Marquez seine Vorteile in der zweiten Hälfte der Runde hatte. Auch dieser Umstand zeugt von einem Einfluss der Reifenwahl auf die Performance. "Eigentlich war er auf der Bremse besser, aber durch meinen besseren Grip konnte ich das Manöver in der letzten Kurve wagen", meinte Dovizioso hinterher.

Das entscheidende Manöver gegen Marquez sei dann relativ spontan zustande gekommen, so Dovizioso: "Ich habe das nicht wirklich vorbereitet, aber die Kurve davor ist mir einfach perfekt gelungen. Ich war dann schon ein wenig innen und habe mir gedacht: Wenn ich weit gehe, werde ich halt Zweiter, was soll's. Aber ich habe das Bike für die letzte Kurve genau richtig abgebremst." Und Marquez damit gezeigt, dass er in solchen Duellen in der letzten Kurve des Rennens weiterhin nahezu unüberwindbar ist.

MotoGP-WM noch offen?

Andrea Dovizioso und Marc Marquez diktieren das Geschehen in der MotoGP seit 2017, Foto: Repsol
Andrea Dovizioso und Marc Marquez diktieren das Geschehen in der MotoGP seit 2017, Foto: Repsol

Ähnlich unüberwindbar scheint jedoch auch Marquez in der diesjährigen Weltmeisterschaft zu sein, angesichts von 58 Punkten Vorsprung. Dovizioso gibt sich aber noch nicht geschlagen. "Die WM ist noch offen, schließlich sind immer noch viele Rennen zu absolvieren. Marc ist stärker als letztes Jahr, und ich erwarte, dass er überall stark sein wird. Aber wir arbeiten hart und wollen unser Bike weiterentwickeln. Man weiß nie, was man noch finden kann. Ich will die WM noch offen halten", untermauert der Ducati-Pilot seine Ansprüche.

Dreht Dovizioso das Ding noch, wäre es die Krönung seiner Karriere. Wie man Marquez in der letzten Kurve schlägt, hat der Ducati-Pilot immerhin schon oft genug bewiesen. Daher wollen wir zum Abschluss nochmal an die bisherigen Zweikämpfe der beiden erinnern.

Dovizioso vs. Marquez: Die bisherigen Duelle