Valentino Rossi ist auch noch im letzten Teil seiner aktiven MotoGP-Karriere das größte Zugpferd seines Arbeitgebers Yamaha. Mit Maverick Vinales hat er einen jungen Teamkollegen an der Seite, der auf der Beliebtheitsskala aber einfach nicht an den Altmeister herankommt. Auf der sportlichen Seite übernimmt jetzt aber die junge Garde von Rossi. Damit hat sich auch die Yamaha-Führungsebne um Lin Jarvis abgefunden.

Das erklärt der Brite gegenüber 'Motorsport.com': "Mit allem nötigen Respekt ihm gegenüber, aber die Zukunft Yamahas in der MotoGP läuft nicht mehr über Valentino Rossi", stellt Jarvis deutlich fest. "Er fährt natürlich weiter hier und kann für ein, zwei oder drei Rennen auch konkurrenzfähig sein. Aber unser Abhängigkeitslevel ihm gegenüber hat sich gewandelt."

Mit dieser Aussage dürfte Jarvis nicht falsch liegen. Denn wo Rossi in den letzten Jahren neben dem größten Fanmagneten auch noch der sportlich vielversprechendste Fahrer im Yamaha-Team war, läuft ihm nun die jüngere Brigade mit Maverick Vinales und auch Fabio Quartararo auf der Strecke nun den Rang ab.

Während es Rossi nur zu Saisonbeginn zweimal aufs Podium schaffte, feierte sein Teamkollege Vinales 2019 neben zwei Podiumsplätzen einen Sieg. Rookie Quartararo stand ebenso häufig wie Rossi auf dem Podium, allerdings hat der Franzose erst neun Rennen MotoGP-Erfahrung. Die Luft wird deshalb immer dünner für Rossi. Das weiß der Italiener selbst am besten, denn im Laufe der ersten Saisonhälfte grübelte er bereits, ob er vielleicht das Problem bei Yamaha ist.

"Valentinos Erbe bei Yamaha ist beendet", führt auch Jarvis weiter aus. "Yamaha wird auch ohne ihn weiter bestehen, genauso wie es das ohne den Präsidenten und auch ohne mich tun würde. Firmen gehen immer durch Übergangszeiten und auch Yamaha mit seinen 70.000 Angestellten ist da keine Ausnahme."

Auf einer ganz schlechten Note will Jarvis seine Aussagen über Rossi dann doch nicht enden lassen. Denn auch der Doktor sportlich aktuell durch die wohl größte Krise seiner Karriere geht, ist und bleibt er ein Fan-Favorit. Und davon profitiert auch Yamaha. "Ich hoffe, dass er uns als Botschafter für Yamaha erhalten bleibt", sagt Jarvis deshalb.

Trotz der netten Worte hängt an Jarvis' Worten ein bitterer Nachgeschmack. So wahrscheinlich wie noch nie klingt die Möglichkeit eines zeitnahen Rücktritts Rossis. Diese Entscheidung muss in erster Linie aber der Fahrer selbst treffen, beruhigt Jarvis. "Es ist natürlich eine Entscheidung von beiden Seiten, aber die ersten Anzeichen sollten von der Seite des Fahrers kommen", findet er. "Er sollte derjenige sein, dem auffällt, dass er nicht mehr so konkurrenzfähig ist, wie er eigentlich sein wollte oder dass die Motivation beginnt, abzuflachen."

Das wäre zumindest eine kleine Entwarnung für die Rossi-Fans weltweit, denn der Doktor selbst hat bisher noch nie erwähnt, dass sein Karriereende unmittelbar bevorsteht. Vielleicht traut Rossi sich selbst noch eine Auferstehung aus den Schwierigkeiten dieser Saison zu.