Was für ein MotoGP-Wochenende für KTM und Pol Espargaro in Le Mans! Der Spanier beendet den Frankreich-Grand-Prix als Sechster, weniger als sechs Sekunden hinter Sieger Marc Marquez. Für KTM war das der geringste Rückstand in einem MotoGP-Rennen überhaupt und P6 das beste Trockenergebnis in der Königsklasse. Weiter vorne landete eine KTM nur 2018 im strömenden Regen von Valencia, als Espargaro mit Rang drei sensationell auf das Podium fuhr.

Während KTMs Podium-Premiere im Vorjahr aber eher den zumindest grenzwertigen Verhältnissen in Valencia geschuldet war, überzeugte man in Le Mans einfach durch ein bärenstarkes Wochenende. Die vier Trainings beendete Espargaro auf den Rängen sechs, sieben, acht und acht. Im Warm Up wurde er sogar Dritter. Nur im Qualifying lief es nicht nach Wunsch, als Espargaro keine gezeitete Runde schaffte und so nur P12 in der Startaufstellung belegte.

Ja, es muss angemerkt werden, dass KTM vor dem Rennwochenende bereits in Le Mans testete, somit also bereits mit einem gewissen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz in den Frankreich-GP ging. Dass die zwei Trainings und das Qualifying am Samstag durch Regen dann auch noch praktisch wertlos wurde, spielte der österreichischen Truppe sicherlich auch in die Hände.

Le Mans als Belohnung für KTM-Trend

Man würde es sich aber zu leicht machen, den Grund für KTMs Highlight in zusätzlicher Vorbereitung auf das Rennwochenende zu sehen. Denn Le Mans war nur der bisherige Schlusspunkt in einem langfristigen Aufwärtstrend bei KTM. Dieser schlug sich zwar nicht immer in den Platzierungen, sehr wohl aber in den Zeitrückständen nieder.

Im ersten MotoGP-Jahr 2017 bedeute ein schlechtes Rennen für KTM Rückstände von einer Minute und teilweise sogar deutlich mehr. Nur drei Mal blieb man in dieser Saison unter 30 Sekunden. 2018 rutschte man selbst bei schlechteren Auftritten schon nicht mehr über die 40-Sekunden-Marke, zehn Mal kam man innerhalb einer halben Minute zum Sieger ins Ziel. Und in dieser Saison waren der Tiefpunkt knapp 30 Sekunden in Austin. Kurz gesagt: Was vor zwei Jahren noch als gutes Ergebnis galt, ist nun ein negativer Ausreißer bei KTM. Der durchschnittliche Rückständ ist von 42,058 Sekunden 2017 auf 27,699 Sekunden 2018 und 18,857 Sekunden nach den ersten fünf Läufen 2019 geschrumpft.

Für KTM war Le Mans, vor allem nach den Streitigkeiten rund um Johann Zarco in den Tagen davor, ein willkommener Befreiungsschlag. Einer, den man aber auch hart erarbeiten musste. In den vergangenen rund zweieinhalb Jahren schwappte eine regelrechte Flut an neuen Teilen vom KTM-Motorsportzentrum im oberösterreichischen Munderfind an die Rennstrecken dieser Welt. Motorenkonzepte wurden geändert, Winglet-Lösungen entwickelt und Elemente wie die in Le Mans erstmals eingesetzte Karbonschwinge konstruiert. Vor allem die Karbonschwinge scheint für KTM ein echter Durchbruch gewesen zu sein, Espargaro konnte damit durch geringeren Reifenverschleißt wesentlich konstantere Rundenzeiten über die Renndistanz fahren.

Die Erleichterung bei KTM war spürbar, auch weil kritische Stimmen über das Konzept der RC16 nicht verstummen wollen. Als einziger Hersteller setzen die Österreicher ja auf einen Stahlrohrrahmen anstatt einen Aluminium-Chassis, außerdem fährt man im Gegensatz zur Öhlins-bestückten Konkurrenz mit WP Suspension. "Wir wurden schon tausend Mal gefragt, ob wir glauben, dass dieses Konzept funktionieren kann. Ich kann sagen, dass wir zu 100 Prozent daran glauben", erklärte Teamchef Mike Leitner am Sonntag in Le Mans zufrieden.

KTM im Kampf mit der MotoGP-Elite - ein neues Bild, Foto: KTM
KTM im Kampf mit der MotoGP-Elite - ein neues Bild, Foto: KTM

Nun gilt es für KTM, das starke Ergebnis aus Frankreich zu bestätigen. Nächstes Etappenziel werden regelmäßige Podiumsplatzierungen sein. Bis zum großen Coup, dem erträumten MotoGP-Titel, ist es noch ein weiter Weg. Die Marschrichtung bei KTM stimmt aber.