Alex Rins gewann das MotoGP-Rennen in Austin vor Valentino Rossi und Jack Miller. Marc Marquez stellte sich auf der Fahrt zu seinem siebenten Streich in Texas selbst ein Bein und büßte dadurch den Nimbus der Unbesiegbarkeit auf dem Circuit of The Americas ein. Welche Faktoren verhalfen Rins zu seinem ersten Erfolg in der Königsklasse? Und war der Spanier an diesem Tag tatsächlich der schnellste Mann? Oder einfach nur der cleverste? Die GP-Analyse zum Rennen:

MotoGP Austin 2019: Der Analyse-Talk zum Rennen (23:57 Min.)

Marquez & Crutchlow: Honda-Asse werfen weg

Wie bereits in den vergangenen sechs Jahren deutete alles auf einen Solosieg von Marc Marquez hin. Der MotoGP-Weltmeister startete aus Pole Position und fuhr in jeder der ersten acht Runden die schnellste Umlaufzeit. Neben der schnellsten Rennrunde (2:04,277) fuhr er auch die zweit-, dritt- und viertschnellste Einzelzeit sowie sieben der zehn insgesamt schnellten Rundenzeiten des gesamten Rennens.

Die zehn schnellsten Einzelrunden in Austin:

P Fahrer Zeit Runde
1. Marc Marquez 2:04,277 Lap 4
2. Marc Marquez 2:04,285 Lap 5
3. Marc Marquez 2:04,359 Lap 6
4. Marc Marquez 2:04,372 Lap 3
5. Jack Miller 2:04,434 Lap 4
6. Valentino Rossi 2:04,495 Lap 4
7. Marc Marquez 2:04,511 Lap 7
8. Marc Marquez 2:04,529 Lap 2
9. Cal Crutchlow 2:04,573 Lap 4
10. Marc Marquez 2:04,579 Lap 8

Am Ende von Lap 8 hatte Marquez seinen Vorsprung auf Verfolger Rossi auf 3,669 Sekunden ausgebaut, als er plötzlich in Turn 12 am Ende der Gegengeraden zu Boden ging. Schon zuvor hatte es Cal Crutchlow erwischt, der im Heck von Valentino Rossi ebenfalls eine gute Pace an den Tag gelegt hatte, aber in Runde 6 in Kurve 11 gecrasht war.

Im gesamten Rennen gab es nur sieben Fahrer, die zumindest eine Einzelzeit unter 2:05 Minuten erzielen konnten. Marquez lag in jeder seiner fliegenden Runden unter diesem Wert, Crutchlow in drei seiner vier fliegenden Umläufe. Wie auch Marquez musste der Brite ohne Feindeinwirkung über das Vorderrad zu Boden. Was war der Grund für die Stürze der beiden aussichtsreichsten Honda-Kandidaten?

Könnte es an der Reifenwahl gelegen haben? Nein. Denn sowohl Marquez als auch Crutchlow setzten auf die konservativste Option und fuhren vorne und hinten den Medium-Reifen. Insgesamt zwölf Fahrer entschieden sich für diese Kombination, darunter auch Sieger Rins, der Zweitplatzierte Rossi sowie die Top-10-Fahrer Morbidelli, Quartararo und Nakagami.

Reifenwahl der MotoGP-Piloten in Austin:

Vorne - Hinten Fahrer
M - MRins, Rossi, Morbidelli, Quartararo, Nakagami, Iannone,
Mir, Syahrin, Lorenzo, Marquez, Crutchlow, A.Espargaro
S - SMiller, Petrucci
S - MDovizioso, Vinales
M - SP. Espargaro, Bagnaia, Zarco, Oliveira, Rabat, Abraham

Marquez selbst konnte sich den Sturz auch nicht erklären. Nach dem Rennen sagte er: "Ich weiß nicht, was genau passiert ist. Ich hatte keinerlei Warnung. Wir haben die Daten verglichen und ich war sehr ähnlich unterwegs wie in der Runde zuvor. Ich habe definitiv nichts Dummes gemacht. Ich gebe immer zu, wenn ich über dem Limit war, aber das war dieses Mal nicht der Fall. Ich bin sogar sehr ruhig gefahren, um den Vorderreifen zu schonen."

Der Sololauf des sechsfachen Austin-Siegers hatte jedenfalls das Feld gesprengt. In seiner letzten absolvierten Runde hatte sich dreieinhalb Sekunden hinter ihm eine Gruppe mit Rossi, Rins und Miller um Rang zwei gebildet, die mehr als fünf Sekunden Vorsprung auf das Duo Morbidelli/Dovizioso hatte, das wiederum vier Sekunden vor Petrucci/Quartararo lag. Die Positionen waren nach dem ersten Renndrittel grundsätzlich bezogen.

Alex Rins erkennt seine Chance

Der Sturz von Marquez war für den späteren Sieger Rins der nötige Weckruf. Da er befürchtete, dass Rossi nun zur Soloflucht ansetzen würde, legte er sofort zu, schnappte sich in Lap 9 Jack Miller und machte sich auf die Jagd nach Rossi, auf den er zum Zeitpunkt des Marquez-Crash eine Sekunde Rückstand hatte. "Als ich um die eineinhalb Sekunden hinter Valentino lag, sagte ich zu mir: Komm schon, du musst ihn einholen und du musst heute ein Spektakel abliefern. Ich konnte Vale einholen und ihn studieren. Als er sich dann einen kleinen Fehler geleistet hat, konnte ich ihn überholen", gab Rins nach seinem ersten MotoGP-Sieg zu Protokoll.

Konnte in Runde 9 noch Rossi die schnellsteEinzelzeit aller Piloten fahren, so war es in den fünf darauffolgenden Umläufen jeweils Rins. Bis zur 14. Runde hatte der Spanier seinen Rückstand damit zum ersten Mal in diesem Rennen auf unter drei Zehntelsekunden gedrückt. Nach einem kurzen Hickhack mit beinahe identischen Rundenzeiten, setzte Rins in Lap 17 letztlich das siegbringende Manöver und nahm Rossi in der entscheidenden Runde sieben Zehntel ab. Danach musste Rins nur noch zum Sieg cruisen.

Vinales: Frühstart verhindert Podest

Nicht nur Marquez und Crutchlow verspielten an diesem Tag einen Podestplatz, auch Maverick Vinales verabschiedete sich selbstverschuldet aus dem Kampf um die vordersten Ränge. Der Katalane erwischte wieder einmal einen rabenschwarzen Tag: Vinales legte mit seiner Yamaha zunächst einen Frühstart hin, deutete danach die ausgesprochene Strafe falsch und ging auf eine Long Lap, nur um eine Runde später die tatsächliche Bestrafung in Höhe einer Ride Through Penalty anzutreten. Am Ende der siebenten Runde war das Schlamassel endlich ausgestanden und Vinales zündete sofort den Turbo - auf beinahe gleichem Niveau wie der zu diesem Zeitpunkt noch im Rennen befindliche Marquez. In Lap 8 verlor Vinales nur 36 Tausendstel auf den Leader, der wenig später stürzte.

Ein Blick auf die Gesamtrennzeit nach der abgesessenen Vinales-Strafe zeigt das wahre Potenzial des Katalanen an diesem Tag: Von Lap 8 bis zum Zieleinlauf war kein Fahrer schneller als er. Sieger Rins büßte in diesem Zeitraum 0,926 Sekunden ein, der Zweitplatzierte Rossi 2,2 Sekunden und Jack Miller beinahe zehn Sekunden. Das beweist: Ohne den Frühstart und die Strafen-Panne hätte Vinales Miller zumindest gefährden können.

Gesamtzeit Runde 8 - Ziel

P Fahrer Zeit
1. Maverick Vinales 27:08,624
2. Alex Rins +0,926
3. Valentino Rossi +2,218
4. Andrea Dovizioso +5,130
5. Jack Miller +9,821

Der Australier musste gegen Ende nicht mehr voll Druck machen weil er schon bei Halbzeit (Lap 10) um zwei Sekunden von Rossi/Rins abgerissen war, nach hinten aber über fünf Sekunden Puffer auf Morbidelli/Dovizioso hatte. Ab Runde 13 rutschte Miller in den Rundenzeitbereich von über 2:06 Minuten ab, den er bis zur Zielflagge nur noch in der 15. und der allerletzten Lap unterbieten konnte.

Doviziosos Rundenzeit stieg hingegen bis zum Ende nie über 2:06 Minuten, Vinales hatte nach seiner Strafe nur einen Aussetzer (Lap 14) drin und fuhr im vorletzten Umlauf sogar noch 2:05,018 - die insgesamt zweitschnellste Runde des letzten Rennviertels. Dass Miller in der zweiten Rennhälfte wohl noch schneller unterwegs sein hätte können, beweist der Umstand, dass er im finalen Umlauf noch eine 2:05,786 rausbutterte. Ob er im Vergleich mit Vinales von Runde 8 bis zum Zieleinlauf allerdings zehn Sekunden schneller fahren hätte können, darf zumindest bezweifelt werden.

Fazit: Drei Podestkandidaten eliminiert

Die Leistungen von Alex Rins, Valentino Rossi und Jack Miller am MotoGP-Sonntag in Austin sollen an dieser Stelle keinesfalls geschmälert werden. Alle drei schafften es mit einer starken Rennperformance zu Recht zur Siegerehrung. Lediglich ihr Kampf um ebendiese Spitzenpositionen wurde erleichtert, da sich nicht nur Topfavorit Marc Marquez durch einen Fehler selbst eliminierte, sondern auch Cal Crutchlow sowie Maverick Vinales durch seinen Fehlstart. Das Yamaha-Ass hätte zumindest Miller um den 3. Rang herausfordern können, wenn es nicht vielleicht sogar zu mehr gereicht hätte.