Die MotoGP darf sich nach dem Katar-GP 2019 wieder einmal rühmen, eine neue Bestmarke für das engste Rennen der Geschichte aufgestellt haben. Die Fahrer in den Punkterängen, von Sieger Andrea Dovizioso bis zum 15. Johann Zarco, waren nach 22 Runden oder 42:36.902 Minuten nur durch 15.093 Sekunden getrennt - 950 Tausendstel weniger als in Assen 2018.

Sind die Fahrer und Motorräder zur neuen MotoGP-Saison noch einmal näher zusammengerückt? Ja, gut möglich. Ein großer Dank für das engste Ergebnis der Königsklassengeschichte gebührt aber auch Andrea Dovizioso, der es wieder einmal schaffte, der gesamten Konkurrenz 'sein' Rennen aufzuzwingen.

Wie ist Dovizioso das gelungen? Der Ducati-Pilot, der als bester Stratege unter den 22 MotoGP-Piloten 2019 gilt, wusste ganz genau, dass sein stärkster Rivale um den Sieg in Katar Marc Marquez sein würde. Dovizioso wusste aber auch, dass er die Stärken seiner Ducati voll ausspielen würde müssen, um Marquez zu schlagen. Und diese Stärken liegen im Bereich der Beschleunigung und des Topspeeds. Vor allem für den Topspeed ist guter Grip am Hinterrad entscheidend und der kann in den letzten Runden nur sichergestellt werden, wenn der Reifen bis dahin gut verwaltet wurde.

Dovizioso kontrolliert die MotoGP-Horde

Dovizioso war also darauf aus, die Pace vor allem in den kurvigen Abschnitten niedrig zu halten, wo ein Großteil des Reifenverschleißes anfällt. An der Spitze mischte aber mit Alex Rins ein Mann mit, der genau in diesen Bereichen überragend unterwegs war. Die Suzuki GSX-RR ist in puncto Turning der Ducati Desmosedici weit voraus. "Rins war in den Kurven extrem schnell. Das war schon fast peinlich für uns", stellte Sieger Dovizioso später fest. Tatsächlich war Rins Bestzeit im Kurvengeschlängel von Sektor 3 um über vier Zehntelsekunden schneller als die von Dovizioso - beeindruckend!

Dovizioso konnte immer wieder an Rins vorbeigehen, Foto: LAT Images
Dovizioso konnte immer wieder an Rins vorbeigehen, Foto: LAT Images

Der Ducati-Mann musste also darauf achten, sich immer wieder vor Rins zu positionieren, um das Tempo dann in den Kurvenpassagen drücken zu können. Mit dem überlegenen Topspeed seiner Ducati gelang ihm das auf der Start-Ziel-Geraden Runde um Runde. "Ich musste Rins jedes Mal aufhalten, denn er wollte zu früh zu schnell sein. Das hätte der Hinterreifen nicht bis zum Ende mitgemacht", ist Dovizioso überzeugt.

Wie sehr Dovizioso die Pace an der Spitze über weite Strecken diktierte, zeigt ein Blick auf die Rundenzeiten. Lag er in Front, ließ er die Rundenzeiten bis auf mittlere 1:56er steigen. Musste er einen Zwischensprint hinlegen, zeigte Dovizioso aber sofort, was in ihm und seiner Ducati steckt. In Runde 13 etwa knallte er eine 1:55.385 auf den Asphalt, im nächsten Umlauf war er wieder fast acht Zehntelsekunden langsamer.

Doviziosos Taktik ging auf. Rins war in der Schlussphase kein entscheidender Gegner mehr für ihn, es kam wieder zum großen Showdown mit Marquez. Der hatte massive Probleme mit dem Grip am Hinterrad. Das war nicht nur durch extreme Rutscher in der Schlussphase sichtbar, sondern wurde auch von Marquez selbst bestätigt: "Ich konnte aufgrund der geringen Temperaturen nicht mit dem harten Vorderreifen war, denn der hatte zu wenig Grip. Also musste ich den Medium wählen, hatte damit aber extremen Verschleiß. Deshalb habe ich meinen Fahrstil geändert und das Motorrad viel mit dem Hinterrad gesteuert, was aber natürlich da zu viel Wheelspin und Reifenverschleiß geführt hat."

Marquez musste im Finale viele wilde Slides abfangen, Foto: LAT Images
Marquez musste im Finale viele wilde Slides abfangen, Foto: LAT Images

Dovizioso hingegen konnte im finalen Showdown der letzten Runde reifentechnisch aus dem Vollen schöpfen. Mit einer 1:55.488 fuhr er hier seinen zweitschnellsten Umlauf im Rennen, nur 0,103 Sekunden langsamer als sein bester. Und das obwohl er zwei Mal mit voller Härte von Marc Marquez überholt wurde und kontern musste.

Mit völlig verbrauchten Reifen konnte Marquez seinen verzweifelten Angriff in der letzten Kurve nicht mehr gut genug umsetzen. Er bremste seine Honda nicht ausreichend ein, ging am Kurvenmittelpunkt viel zu weit und machte so den Weg frei für Dovizioso. "Im Vorjahr hat Marc in der letzten Kurve super gebremst", verglich Dovizioso die beiden fast identischen Showdowns in Katar. "Dieses Mal war er aber einfach zu schnell. Wir waren zwar am Kurveneingang nah beieinander, aber es war dieses Mal deutlich leichter ihn zu schlagen."

Fazit zum MotoGP-Auftakt in Katar

Sein Erfolg in Losail war ein Dovizioso-Sieg wie aus dem Lehrbuch. Er hatte bei weitem nicht in allen Bereichen des Katar-GP das stärkste Paket zur Verfügung, verstand es aber perfekt, das Rennen zu seinen Gunsten zu lenken und sich so in eine ideale Position für das große Finale zu bringen. Wie er dort Marc Marquez einmal mehr eine Falle stellte und im Letzte-Kurven-Duell auf 4:1 stellte, war ohnehin absolute Weltklasse. Chapeau, Andrea Dovizioso!