Hinter Suzuki liegt in den vergangenen MotoGP-Jahren eine ergebnistechnische Achterbahnfahrt. Schon im zweiten Jahr nach der Rückkehr 2015 feierte man mit Maverick Vinales in Silverstone den ersten Sieg, doch 2017 ging es wieder steil bergab. Man verpokerte sich bei der Wahl des Motorenkonzepts, Alex Rins und Andrea Iannone blieben ohne eine einzige Podiumsplatzierung. Im Vorjahr kämpfte man sich wieder aus der Krise, mit derselben Fahrerpaarung fuhr man neun Mal auf das Podest. Im letzten Saisondrittel war man Stammgast in den Top-Drei. Darauf will man 2019 aufbauen und konstant Honda, Ducati und Yamaha fordern.

MotoGP-Saisonvorschau 2019: Suzuki (05:43 Min.)

Fahrer & Teams für 2019

Team Nr. Fahrer MotoGP-Erfahrung
Suzuki Ecstar36 Joan Mir Rookie
42 Alex Rins 31 Starts - 0 Siege - 5 Podien

In seiner zweiten MotoGP-Saison 2018 startete Alex Rins so richtig durch. Er legte die zuvor oft sichtbare Sturzanfälligkeit ab, überzeugte durch ausgezeichneten Speed und für einen damals 22-Jährigen beeindruckender Konstanz. Der Spanier ist in der Königsklasse definitiv angekommen, am Ende der Saison 2018 waren Podiumsplatzierungen für ihn eher die Regel als die Ausnahme.

Im neuen Jahr gilt es für Rins, den letzten Schritt zu machen, um sich auch über eine gesamte Saison ernsthaft mit Superstars wie Marc Marquez, Valentino Rossi oder Andrea Dovizioso messen zu können. Es gibt keinen Grund, warum ihm das nicht gelingen sollte. Das Talent dazu hat der 12-fache Grand-Prix-Sieger allemal, außerdem gilt er als akribischer und geduldiger Arbeiter. Behält Rins die Nerven, kann er 2019 erstmals ganz oben auf einem MotoGP-Podium stehen.

Auf der anderen Seite der Suzuki-Box sitzt mit Joan Mir ein Rookie, der somit naturgemäß wohl kleiner Brötchen backen wird müssen als sein Teamkollege Rins. Mir wird von der Suzuki-Führungsebene sicherlich Welpenschutz gewährt, was aber nicht bedeuten soll, dass er nicht für die ein oder andere Überraschung sorgen wird können.

Was für ein ausgezeichneter Rennfahrer er ist, zeigte Mir vor allem 2017, als er den Moto3-Weltmeistertitel mit zehn Siegen in 18 Rennen souverän gewann. Im Vorjahr fuhr Mir in seiner einzigen Moto2-Saison auch direkt vier Mal auf das Podium - und das im Alter von zunächst erst 20 Jahren. Auch von den teaminternen Streitereien in der Marc-VDS-Führungsebene ließ er sich nicht nachhaltig aus der Fassung bringen. Dieser Mann hat definitiv das Zeug zum besten MotoGP-Rookie 2019.

Das Motorrad

Die Leistungsschwankungen der Suzuki GSX-RR seit dem MotoGP-Comeback 2015 haben wir bereits in der Einleitung thematisiert. Dass es 2019 zu einem erneuten Einbruch kommt, ist allerdings nicht zu befürchten. Was das Handling betrifft, zählt die Suzuki seit Jahren zu den besten Motorrädern im Feld, manche Kontrahenten halten es nach Beobachtungen auf der Strecke sogar für das benutzerfreundlichste der MotoGP.

Einzig der Motor sorgte in der Vergangenheit oft für Sorgenfalten bei den Suzuki-Piloten. 2017 setzte man wie bereits erwähnt auf das völlig falsche Aggregat und musste dafür die Rechnung bezahlen, auch weil man durch die Erfolge im Jahr zuvor den Motor im Saisonverlauf nicht verändern durfte. 2018 lief das Suzuki-Triebwerk wesentlich runder, da durfte man aber nach der schwachen Vorsaison auch am Motor nachbessern. 2019 ist das wieder verboten, dass man den Fehler von 2017 wiederholt, ist aber unwahrscheinlich. Bei Suzuki hat man die Lehren aus der damaligen falschen Entscheidung gezogen, außerdem sitzen 2019 nicht wie damals zwei Rookies auf der GSX-RR.

An die ingenieurstechnischen Meisterwerke von Ducati oder Honda im Bereich des Motors wird Suzuki aber wohl auch in der neuen Saison nicht ganz herankommen. Dem Reihenvierzylinder scheint es immer noch etwas an Leistung zu fehlen, auch wenn man laut eigenen Aussagen einige Pferdestärken zulegen konnte.

So liefen die Tests

Alex Rins knüpfte bei den Wintertests nahtlos an seine hervorragenden Leistungen aus der MotoGP-Saison 2018 an. An den sechs Testtagen in Sepang und Katar markierte er drei Mal die zweitschnellste Rundenzeit, in Katar war er an Tag zwei sogar der schnellste Mann auf der Strecke. In Kombination mit ebenfalls starker Pace und nur einem bedeutenden Sturz in Katar, bei dem er eine neue Verkleidung beschädigt, ergibt das einen mehr als gelungenen Testwinter.

Auch MotoGP-Neuling Joan Mir schlug sich bei den Testfahrten durchaus ansprechend. Er stand zwar etwas im Schatten seiner Rookie-Kollegen Francesco Bagnaia und Fabio Quartararo, die mit zweiten Rängen in Sepang und Katar für Aufsehen sorgten, war mit Resultaten knapp außerhalb der Top-Ten aber regelmäßig gut dabei. Mir zeigte in seinen ersten MotoGP-Tagen genau die Attribute, mit denen er bereits in den kleineren Klassen überzeugte: Ruhe, Konstanz und voller Fokus auf seine Aufgaben.

Was trauen wir Suzuki zu?

Markus Zörweg: Es würde mich nicht wundern, wenn Alex Rins 2019 zum ersten Mal in seiner MotoGP-Karriere ganz oben auf einem Podium stehen und Suzuki so den ersten Sieg seit Maverick Vinales 2016 in Silverstone schenken würde. Dass er das fahrerische Können dazu hat, konnte er in der Vorsaison und bei den Wintertests beweisen. Mit der Suzuki GSX-RR ist er auch technisch gut gerüstet. Für den Weltmeistertitel wird es 2019 aber wohl nicht rechnen. Dazu fehlt sowohl Rins als auch Suzuki die Erfahrung in der Schlacht gegen die absolute Elite der MotoGP.

Michael Höller: Wir werden 2019 wieder einen Sieg von Suzuki sehen. Alex Rins präsentierte sich im Winter schnell und vor allem zuverlässig. Auch sein Teamkollege Joan Mir war für einen Rookie äußerst konstant. Suzuki scheint ohne große Baustellen in die neue Saison zu gehen - das orte ich sonst nur noch bei Ducati. Im Entwicklungsrennen könnte es den Japanern aber auf den Kopf fallen, dass sie nur zwei Factory-Bikes im Grid haben. Um den WM-Titel werden sie daher in diesem Jahr nicht mitmischen können.

Sophie Riga: Suzuki ist in den letzten Jahren immer mehr zu einem der Big Player in der MotoGP geworden. In der Saison 2018 stand Alex Rins nicht weniger als fünf Mal mit der GSX-RR auf dem Podium. Zuvor konnte Maverick Vinales bereits im Jahr 2016 den ersten Sieg für die Japaner einfahren. Seitdem sind Fahrer und Team konstant gewachsen und verloren mittlerweile sogar ihre Konzessionspunkte. Mit Alex Rins hat man einen fähigen und schnellen Fahrer, der allerdings noch nicht viel Erfahrung hat. Trotzdem zeigte sich Rins bei den letzten Testfahrten stark und auch Rookie Joan Mir schlug sich wacker. Ob es in diesem Jahr für den Kampf um die WM-Krone reicht, ist fraglich. Aber ich bin überzeugt, dass zumindest Rins in diesem Jahr immer wieder um Podien und Rennsiege mitkämpfen wird.