Seit 2007 wartet Ducati vergeblich auf einen Weltmeistertitel in der MotoGP. Nach den großen Erfolgen von Casey Stoner bissen sich nacheinander Größen des Sports wie Valentino Rossi, Jorge Lorenzo oder Nicky Hayden die Zähne an der Mission "Titelgewinn mit Ducati aus" - und das deutlich. Mit Andrea Dovizioso hat man bei Ducati nun aber einen Mann in seinen Reihen, der sich in den vergangenen beiden Saisons zu einem der herausragenden Piloten der Königsklasse mauserte und 2017 den WM-Titel nur hauchdünn verpasste. Klappt es 2019?

MotoGP-Saisonvorschau 2019: Ducati: (08:07 Min.)

Fahrer & Teams für 2019

Team Nr. Fahrer MotoGP-Erfahrung
Mission Winnow Ducati04 Andrea Dovizioso 195 Starts - 12 Siege - 51 Podien
9 Danilo Petrucci 118 Starts - 0 Siege - 6 Podien
Alma Pramac Ducati43 Jack Miller 66 Starts - 1 Sieg - 1 Podium
63 Francesco Bagnaia Rookie
Reale Avintia Racing17 Karel Abraham 103 Starts - 0 Siege - 0 Podien
53 Tito Rabat 46 Starts - 0 Siege - 0 Podien

Die Speerspitze der Ducati-Armada heißt 2019 ganz klar Andrea Dovizioso. Er ist der mit Abstand erfahrenste Mann auf einer Desmosedici und hat in den vergangenen beiden Saisons nicht weniger als zehn Rennen gewonnen. Nur Marc Marquez stand in diesem Zeitraum öfter ganz oben auf dem Podium. Dovizioso war auch der einzige Pilot, der Marquez regelmäßig ernsthaft fordern konnte.

2017 war die Desmosedici aber noch nicht konstant schnell genug, um Dovizioso den Titelgewinn zu ermöglichen. Auf Strecken wie dem Sachsenring oder Phillip Island funktioniert die Ducati nicht. 2018 stand Dovizioso bereits ein wesentlich kompletteres Paket zur Verfügung, nahm sich die WM-Chance mit drei Ausfällen in den ersten sieben Saisonrennen aber schon früh im Jahr selbst.

Dovizioso zählt zu den akribischsten Arbeitern der MotoGP. Er analysiert Fehler bis ins letzte Detail. Unwahrscheinlich also, dass er erneut zu übermütig in die Saison geht. Mehr innere Runde sollte ihm auch sein neuer Stallgefährte geben. Dovizioso und Jorge Lorenzo waren immer mehr Teamkontrahenten als Teamkollegen. Bei dessen Nachfolger Danilo Petrucci sieht das ganz anders aus. 'Petrux' und 'Desmo Dovi' sind ein Herz und eine Seele. Dovizioso verschaffte dem neuen Mann im Werksteam Zugang zu seinen eigenen Sportärzten und Mentalcoaches, behält keine Geheimnisse vor Petrucci. Im Gegenzug erhofft und erwartet sich Dovizioso absolute Schützenhilfe von Petrucci im Titelkampf.

Dass der das Zeug hat, regelmäßig um Spitzenplatzierungen zu kämpfen, konnte er bereits in den letzten vier Saisons im Ducati-Kundenteam von Pramac unter Beweis stellen, wo er insgesamt sechs Podien einfuhr und 2017 in Assen nur um 0,063 Sekunden den Sieg verpasste. Petrucci ist menschlich und mental gereift, hat sich außerdem körperlich in eine hervorragende Verfassung gebracht. Gut möglich, dass er 2019 für das ein oder andere Ausrufezeichen sorgen wird. Doviziosos Plan, Petrucci zum perfekten Helfer aufzubauen, kann somit voll aufgehen - muss es aber freilich nicht.

In Sepang spulten Dovizioso und Petrucci bereits einen gemeinsamen Longrun ab, Foto: Ducati
In Sepang spulten Dovizioso und Petrucci bereits einen gemeinsamen Longrun ab, Foto: Ducati

Stark besetzt ist bei Ducati auch die zweite Reihe. Jack Miller sorgte 2018 schon für einige Highlights, wie etwa bei den beiden vierten Plätzen in Argentinien und Frankreich. In dieser Saison 'erbte' er die Factory-Maschine von Petrucci bei Pramac - ein weiterer Boost für Miller. Mit Moto2-Champion Francesco Bagnaia hat man Miller einen pfeilschnellen Teamkollegen in die Box gesetzt. Der unterstrich bereits mit Platz zwei bei den Wintertests in Sepang sein Ausnahmetalent.

Einen echten Kämpfer darf man beim dritten Ducati-Team Reale Avintia Racing zurück begrüßen. Tito Rabat wird in Katar sein erstes MotoGP-Rennen seit dem Österreich-GP Mitte August bestreiten. In Silverstone zog er sich ja mehrere Brüche im Bein zu, als er im Kies von Franco Morbidellis Honda getroffen wurde und musste lange pausieren. Bei den Wintertests gab er sein Comeback und war konstant schnell. Es wäre keine Sensation mehr, wenn Rabat regelmäßig um die vorderen Plätze kämpft. Wenig erwarten kann man hingegen von Karel Abraham, der in sieben Saisons MotoGP noch nie über einen 14 Gesamtrang hinauskam.

Das Motorrad

Die Ducati Desmosedici wurde in den vergangenen Jahren stets besser und ist mittlerweile die vielleicht beste Maschine der MotoGP. Auf den Geraden war die Ducati seit jeher eine Rakete und punktete auch durch gute Stabilität beim Anbremsen. Ärger bereitete den Fahrern lediglich das mangelnde Turning der Maschine. Ein Problem, dass man in jüngster Vergangenheit in den Griff bekommen hat - zumindest größtenteils.

In vielen Bereichen des technischen Wettlaufs der MotoGP ist Ducati Vorreiter. Immer wieder sorgte Konstrukteur Gigi Dall'Igna in den vergangenen Jahren mit Neuheiten für Aufsehen, seien es Winglets, Karbongabeln, die berühmte 'Salad-Box' am Heck oder zuletzt Parallelogrammschwingen und das 'Holeshot-Device'. Größtenteils Kleinigkeiten, die in der mittlerweile aber so eng zusammengerückten MotoGP den entscheidenden Unterschied ausmachen können. Die Ducati Desmosedici GP19 hat definitiv das Zeug zum Weltmeistermotorrad.

So liefen die Tests

Die MotoGP-Wintertests zur Saison 2019 liefen für Ducati fast ideal. Die drei Fahrer auf den Desmosedici GP19 - Andrea Dovizioso und Danilo Petrucci im Werksteam sowie Jack Miller bei Pramac Racing - waren konstant schnell unterwegs, gleiches gilt für Rookie Francesco Bagnaia, der bei Pramac eine GP18 fährt. In Sepang belegten diese vier Herren die ersten vier Plätze. In Katar landeten die Ducatisti in der Zeitenliste deutlich weiter hinten. Am Losail International Circuit funktionieren die Bikes aus Borgo Panigale aber immer ausgezeichnet. Das wird sich auch am Rennwochenende 2019 wieder zeigen.

Bei Ducati war man im Winter in der angenehmen Situation, am Motorrad keine wirkliche Schwäche beheben zu müssen. Man konnte sich voll auf die ideale Abstimmung der Maschine konzentrieren und an den angesprochenen Spielereien arbeiten. Die Testfahrten zeigten auch, dass das ausgezeichnete Verhältnis zwischen Dovizioso und Petrucci nicht nur Show ist, sondern auch in der Praxis verfolgt wird. Sowohl in Sepang als auch in Katar spulten sie gemeinsam Longruns ab, um voneinander zu lernen.

Was trauen wir Ducati zu?

Markus Zörweg: Ducati muss man 2019 alles zutrauen. Die Truppe um Mastermind Gigi Dall'Igna kann einmal mehr leer ausgehen, kann aber genauso gut alle drei Weltmeistertitel in den Wertungen für Fahrer, Team und Hersteller holen. Das technische Rüstzeug dazu hat man alle Mal, die Desmosedici dürfte zumindest zu Saisonbeginn 2019 das beste Motorrad im Feld sein.

Fahrerisch muss sich Ducati ebenfalls nicht hinter der Konkurrenz verstecken. Mit Andrea Dovizioso hat man einen der herausragenden Piloten der letzten Jahre in seinen Reihen, der sich 2019 auch endlich nicht mehr in teaminternen Querelen mit Jorge Lorenzo aufreiben muss. Er hat mit Danilo Petrucci nun einen Stallgefährten an seiner Seite, der ihn zwar fordert und motiviert, auf den Dovizioso im Fall der Fälle aber voll bauen kann. Das kann Gold wert sein! Ich räume Ducati und Dovizioso 2019 große Chancen auf die MotoGP-Krone ein.

Sophie Riga: Auch in der Saison 2019 wird Ducati wieder ein Anwärter auf den MotoGP-Titel sein. Ob es die Roten schaffen, sich diesmal gegen Marc Marquez und Honda durchzusetzen, das wird sich zeigen. Ohne Frage steht aber fest, dass Dovizioso mit seiner Ducati Desmosedici alles versuchen wird, um die WM-Krone endlich wieder nach Borgo Panigale zu holen. Und die Chancen könnten schlechter stehen. Auch Werks-Neuzugang Petrucci machte bei den Tests eine gute Figur, vielleicht ist für den Italiener sogar sein erster Rennsieg drin. Und auch das Pramac-Team mit Miller und Bagnaia zeigte sich in der Vorsaison verhältnismäßig stark.

Michael Höller: Wann wenn nicht jetzt?! Honda setzen die Verletzungen ihrer Stars zu, Yamaha ist mit dem Motorrad noch nicht voll auf der Höhe. Daher geht Ducati für mich als Favorit in die ersten Rennen. Die Italiener zeigten eine tadellose Testsaison, in der vor allem Andrea Dovizioso so souverän wirkte wie nie zuvor. Danilo Petrucci dürfte 2019 viele überraschen. All das könnte mit einem oder mehreren Titeln für Ducati enden, falls man im Saisonverlauf im Wettrüsten nachlegen kann.