Die vergangenen drei Tage in der brütenden Hitze von Sepang waren für die MotoGP-Piloten mehr als qualvoll. Ein Mann hätte aber wohl alles gegeben, um dort mit dabei zu sein: Jorge Lorenzo. Nach seinem Kahnbeinbruch beim Offroad-Training in Italien vor knapp drei Wochen ist er noch außer Gefecht und musste die Testfahrten von seiner Wahlheimat Lugano aus verfolgen.

Von dort aus gab Lorenzo den Kollegen von 'MotoGP.com' telefonisch Auskunft über seine Genesung. "Ich bin mitten in der Rehabilitationsphase", erklärte er. "Es ist keine einfache Verletzung. Ein Kahnbeinbruch ist immer schwierig. Mir geht es aber relativ gut und die Heilung verläuft schneller als normal. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen." Kahnbeinbrüche zählen für Motorradpiloten zu den langwierigsten Verletzungen, da sie extrem langsam heilen und im Bereich des Handgelenks beim Fahren große Kräfte anfallen.

Lorenzo konnte aber mittlerweile bereits wieder körperliches Training abspulen: "Vor vier Tagen habe ich mit dem Schwimmen begonnen. Jetzt gewinne ich jeden Tag etwas Kraft und ein paar Grad an Beweglichkeit. Ich fühle mich von Tag zu Tag stärker. Ich konnte aber noch nicht Motorrad- oder Radfahren. Deshalb ist es schwer abzuschätzen, wie ich mich fühlen werde, wenn ich am Ende der Geraden mit weit mehr als 300 Stundenkilometern versuchen muss, das Bike zu stoppen. Auch die Richtungswechsel werden interessant."

Lorenzo in Katar: Nicht bei 100%

Das Comeback des Neo-Repsol-Honda-Piloten ist für den Katar-Test von 23. bis 25. Februar geplant. "Bei einer derartigen Verletzung dauert es normalerweise etwa ein Monat, bis man sich wieder wirklich gut fühlt. Jetzt sind erst 18 Tage seit der Operation vergangen, also erst gut die Hälfte. Beim Katar-Test werde ich sicher auch noch nicht bei 100 Prozent sein, aber ich werde zumindest fahren und Informationen für die Ingenieure sammeln können", übt sich Lorenzo in Zweckoptimismus.

Lorenzos Feedback wäre für Honda aktuell sehr wichtig, Foto: Repsol
Lorenzos Feedback wäre für Honda aktuell sehr wichtig, Foto: Repsol

Gleichzeitig ist sich JL99 aber dem Ernst der Lage bewusst. Die Verletzung wird ihn bei den drei Überseerennen zu Beginn begleiten, möglicherweise auch noch zu Beginn der Europasaison. "Ich werde auch nach zwei oder drei Monaten noch etwas Schmerzen haben", weiß Lorenzo. "Ich denke deshalb, dass ich in Katar und auch bei den nächsten zwei bis drei Rennen noch Probleme haben werde. Dennoch glaub ich, dass ich konkurrenzfähig sein kann."

Lorenzo: Bin nicht Favorit

Konkurrenzfähig ist freilich ein dehnbarer Begriff. Denn Lorenzos großes Ziel bei Repsol Honda ist es, Marc Marquez zu schlagen und erneut MotoGP-Weltmeister zu werden. Mit dem Ballast in Form der Handgelenksverletzung eine schwierige Mission, wie er selbst gesteht: "Ich sage immer, dass in der MotoGP alles möglich ist. Aber natürlich muss ich realistisch bleiben und verstehen, dass ich momentan in gewissen Bereichen eingeschränkt bin. Ich rede nicht von einem Mangel an Speed, Talent, Motivation oder harter Arbeit, aber mir fehlt einfach die Erfahrung mit diesem Motorrad. Ich habe weniger Zeit, um mich auf eine neue Maschine einzustellen, die sich stark von meinem bisherigen Bike unterscheidet. Wenn ich in dieser Saison Rennen gewinnen kann, ist das gut. Wenn ich noch wesentlich stärker bin, kann ich vielleicht auch um den Titel kämpfen. Ich bin im Moment aber sicher keiner der Favoriten. Das ist Marc, zusammen mit Dovi, Vale oder Maverick."