Es war ein Schritt, den sich MotoGP-Promoter Dorna ebenso wie die kleineren Hersteller und Teams der Königsklasse schon lange gewünscht hatten, der aber erst zur Saison 2016 umgesetzt wurde: Einführung einer Einheitselektronik. Von nun an fuhren alle Maschinen im Feld mit derselben ECU (Electronic Control Unit), sowohl Hard- als auch Software war identisch.

Eine wichtige Entscheidung, die die MotoGP deutlich enger zusammenrücken ließ. Die extrem teuren, hausgemachten Elektroniksysteme der japanischen Giganten Honda und Yamaha etwa waren Geschichte, ihr Vorteil in diesem Bereich damit eigentlich dahin. 'Eigentlich', weil der Motorrad-Weltverband bei der Niederschrift der neuen Elektronikregeln ein kleines Detail nicht bedachte. Drei Buchstaben machten der FIM einen Strich durch die Rechnung: IMU.

Was ist eine IMU?

IMU ist die Abkürzung für Inertial Measurement Unit und ein Teil des Elektronikpakets an leistungsstarken Straßenmotorrädern und natürlich auch den MotoGP-Maschinen. Eine IMU besteht aus mehreren Beschleunigungssensoren und Gyroskopen. Diese messen drei Bewegungsarten am Motorrad: Nickbewegungen beim Anbremsen oder Beschleunigen, Schräglagen und Drehbewegungen wie bei Slides am Hinterrad. Diese werden dann an die ECU weitergegeben, wo sie zur Steuerung der Elektroniksysteme wie Traktionskontrolle, Wheely-Kontrolle oder Motorbremse umgesetzt werden.

Die IMU ist Teil der Elektronik und darf damit laut Reglement nicht zur Performance-Steigerung des Motorrads verwendet werden. Das Problem ist aber, dass die IMUs bislang von den Herstellern selbst entwickelt werden durften, um den Bedürfnissen ihrer jeweiligen Motorräder gerecht zu werden. Somit ist eine Performance-Steigerung durch die IMU zwar verboten, allerdings für den Technischen Direktor der MotoGP, Corrado Cecchinelli, de facto nicht zu überprüfen.

Jeder Teil einer MotoGP-Maschine kann kontrolliert werden - nur die IMU nicht, Foto: LAT Images
Jeder Teil einer MotoGP-Maschine kann kontrolliert werden - nur die IMU nicht, Foto: LAT Images

Wie manipuliert man eine IMU in der MotoGP?

Nehmen wir das vielleicht wichtigste Elektroniksystem eines MotoGP-Bikes als Beispiel: Die Traktionskontrolle. Die IMU misst nicht die Schräglage, sie berechnet sie. Diese Berechnung kann manipuliert werden. Gleichzeitig zur Schräglage wird etwa auch die Reifentemperatur gemessen. Lässt man nun die IMU im Fall von höherer Reifentemperatur einfach eine größere Schräglage berechnen, greift die Traktionskontrolle stärker ein. Man gaukelt der ECU also eine höhere Schräglage vor, um der Traktionskontrolle somit mehr Performance abzugewinnen.

Was passiert in der MotoGP-Saison 2019 mit der IMU?

Für 2019 schließen die Regelhüter die letzte Lücke im Elektronikreglement, indem auch die IMU vereinheitlicht wird. Soft- und Hardware kommen wie bei der restlichen ECU in Zukunft von Magneti Marelli. So soll das Feld noch ausgeglichener und die Elektronik tatsächlich einheitlich werden. Welche Hersteller ihre IMUs tatsächlich manipulierten ist nicht bekannt und lässt sich auch nicht feststellen. Insider gehen aber davon aus, dass alle Werke mit dem ein oder anderen Trick arbeiteten. Deshalb herrscht nun auch Einigkeit darüber, dass die standardisierte IMU die MotoGP noch enger zusammenrücken lassen wird. Den Beweis dafür werden wir aber erst 2019 erhalten.