In Aragon wird zum zweiten Mal in Folge ein Fahrer auf einem MotoGP-Bike Platz nehmen, der auf einem derartigen Geschoss noch nie zuvor eine Runde bestritten hat. Da Tito Rabat nach seinem mehrfachen Beinbruch noch nicht fit ist, übernimmt diesmal der Spanier Jordi Torres die Ducati GP16 des Avintia-Teams.

Zuletzt hatte in Misano der in WM-Kreisen völlig unbekannte Franzose Christophe Ponsson das Motorrad pilotiert und damit für Unmut bei vielen Personen im Fahrerlager gesorgt. Die MotoGP-Asse diskutierten diese Causa auch in der Safety Commission nach dem Trainings-Freitag in Misano.

Künftig verpflichtender Test vor MotoGP-Debüt?

"Wir haben dort angestoßen, dass jemand, der noch nie auf einem MotoGP-Motorrad gefahren ist, zumindest einen Test machen sollte, bevor er an einem Rennwochenende zum Einsatz kommt", führte Vizeweltmeister Andrea Dovizioso am Donnerstag in Aragon aus. "Diese Bikes sind auch für sehr gute Fahrer sehr schwierig zu kontrollieren."

Daneben gab es noch eine zweite Idee, wie Marc Marquez ausführte: "Wir haben auch über eine Verschärfung der aktuell gültigen 107-Prozent-Hürde gesprochen. Allerdings ist das wohl nicht die optimale Lösung, da so etwas bei wechselhaftem Wetter schwierig werden könnte." Aktuell gilt: Wessen Zeit in Q1 des Qualifyings über 107 Prozent der Zeit des Erstplatzierten aus Q1 liegt, der darf im Rennen nicht starten.

Eine Regelung, die bei Ponsson nicht schlagend wurde, da er zwar 4,7 Sekunden auf die Bestzeit und über drei Sekunden auf den Vorletzten einbüßte, damit aber immer noch einen Puffer von über eineinhalb Sekunden auf die 107-Prozent-Hürde hatte. Der Franzose durfte in Misano daher starten und wurde im Rennen vom halben Feld einmal überrundet.

Ponsson mit Rundumschlag nach Aus

Nach dem Rennen entließ der Avintia-Rennstall seinen Ersatzfahrer allerdings, woraufhin dieser auf Facebook mit dem Team und den MotoGP-Offiziellen abrechnete. Ponsson behauptete, er habe einen Vertrag über vier Rennen unterschrieben und sei nur gefeuert worden, weil die Dorna einen spanischen Fahrer in Aragon auf dem Motorrad sehen wolle. Zudem unterstellte er namentlich den Fahrern Cal Crutchlow und Jack Miller, gegen ihn interveniert zu haben.

Eine Anschuldigung, die Crutchlow in Aragon nicht auf sich sitzen lassen wollte: "Keine Ahnung, warum er das behauptet. Ich war am Donnerstag in Misano einer der ersten, die gesagt haben: Lasst ihn fahren und gebt ihm eine Chance." Dann nahm Crutchlow den Avintia-Rennstall in die Pflicht: "Es darf nicht sein, dass jeder, der dafür bezahlen kann, diese MotoGP-Bikes fahren darf. Die Teams sollten nicht so dumm sein, Leute draufzusetzen, nur weil sie dafür bezahlen können."

Auch Marc Marquez schlug in diese Kerbe und forderte am Donnerstag eine Regelung, dass so etwas nicht noch einmal vorkomme. "Man kann dem Fahrer, der so eine Chance bekommt, keinen Vorwurf machen. Wir müssen aber dafür sorgen, dass die Teams so eine Chance erst gar nicht ermöglichen können", führte der MotoGP-Weltmeister aus.

Ersatz-Reglement noch zielführend?

Im Reglement kann man, neben der 107-Prozent-Hürde und einem verpflichtenden Test vor dem Debüt, an einer weiteren Stelle ansetzen: Paragraf 1.11.3 ii) des Sportlichen Reglements. Dieser besagt, dass Teams einen verletzten Fahrer innerhalb von zehn Tagen ersetzen müssen. Eine Regelung, die noch aus einer Zeit stammt, in der teilweise nur noch 17 Motorräder in der Startaufstellung standen. In Misano waren aufgrund von Wildcard-Einsätzen hingegen ganze 26 Bikes im Rennen.

Der entsprechende Paragraf hatte auch KTM im August in Schwierigkeiten gebracht. Denn als sich Pol Espargaro in Brünn verletzt hatte und auch Testfahrer Mika Kallio wegen eines Unfalls am Sachsenring nicht zur Verfügung stand, musste man kurzfristig für Silverstone Loris Baz unter Vertrag nehmen. Auch weil der kurz zuvor verpflichtete Ersatz-Testfahrer Randy de Puniet ohne einen vorherigen Test keinen Renneinsatz bestreiten wollte. Für Privatteams ist diese Ersatzfahrer-Suche noch schwieriger, vor allem wenn es einen finanzschwachen Rennstall wie Avintia betrifft.

Irgendeine Art von Regelanpassung ist daher spätestens in der Winterpause zu erwarten, da die GP-Kommission auf aktuelle Problemfelder im Regelfall schnell reagiert. Zuvor wird allerdings in Aragon Jordi Torres sein MotoGP-Debüt geben. Dem wurde am Donnerstag deutlich weniger Skepsis entgegengebracht als Ponsson in Misano.

Denn einerseits bestritt Torres bereits 55 WM-Rennen in der Moto2 und gewann davon sogar eines. Andererseits gehört er seit 2015 zu dem Stammfahrern der Superbike-WM, wo er ebenfalls bereits ein Rennen gewinnen konnte. "Jordi hat deutlich mehr Erfahrung in einer der besten Meisterschaften und wird schneller sein", war sich Marc Marquez am Donnerstag sicher.