Am Tag nach dem MotoGP-Debakel läuft in Silverstone die Fehler-Analyse an. In den kommenden Wochen leitet der Streckenbetreiber umfassende Untersuchungen ein, warum es in manchen Streckenteilen am Samstag und Sonntag zu derartig großen Wasseransammlungen kam, dass diese nicht mehr im Renntempo befahrbar waren. Zum ersten Mal seit 1980 musste die Motorrad-WM einen Renn-Sonntag komplett absagen. Eine Blamage für die MotoGP und Silverstone und ein Desaster für die rund 90.000 Fans, die an der Strecke stundenlang im Regen ausharrten.

MotoGP-Debakel in Silverstone: Was sind die Folgen?: (17:20 Min.)

Noch am Sonntagabend wandte sich Strecken-Chef Stuart Pringle an die Medien und per Facebook-Videobotschaft an die enttäuschten Fans. "Wenn ich gewusst hätte, dass die Fans sechs Stunden bei diesen Bedingungen auf diese Entscheidung warten müssen, hätte ich die Veranstaltung bereits zu Mittag abgesagt", beteuerte Pringle.

Nicht unter der Kontrolle von Silverstone

"Wir hätten die Rennen schon viel früher abgesagt, aber mir wurde von der Dorna mitgeteilt, dass die Teams bei besseren Bedingungen gerne starten würden", erklärte der Brite. Deshalb habe man den Rennstart viereinhalb Stunden lang immer wieder verschoben, ehe kurz nach 16.00 Uhr Ortszeit endgültig das komplette Programm gestrichen werden musste.

"Es war nicht unsere Entscheidung, die Rennen zu streichen. Das war eine sportliche Entscheidung, die nicht der Kontrolle von Silverstone unterlag, sondern von den Fahrern und der Dorna über die Safety Commission und die Race Direction getroffen wurde", wollte Pringle mit der tatsächlichen Absage nichts zu tun haben.

Auch in der Schuldfrage gab sich der Silverstone-Boss abwehrend: "Wir haben mit den besten Absichten daran gearbeitet, Silverstone zu einem besseren Platz für Motorrad-Rennen zu machen. Wir werden weitere Untersuchungen einleiten, um herauszufinden, ob die neuasphaltierte Strecke dabei eine Rolle gespielt hat, dass wir heute keine Rennen fahren konnten."

Klarer Fall für die Race Direction

Die Race Direction der MotoGP hat sich ihre Meinung hingegen schon gebildet. So erklärte Renndirektor Mike Webb noch am Sonntagabend: "Wir fahren hier seit vielen Jahren und hatten immer wieder Regenrennen. Auf dem alten Asphalt konnten wir bei allen Wetterbedingungen fahren. Nun sind mit der neuen Asphaltoberfläche Probleme mit stehendem Wasser aufgetreten. Das ist direkt auf den neuen Streckenbelag zurückzuführen."

Sicherheitsberater Franco Uncini, im Weltverband FIM unter anderem für die Strecken-Homologation zuständig, stellte noch am Sonntag klar, dass Silverstone für 2019 erneut einen neuen Asphalt verlegen müsse. Andernfalls könne die MotoGP hier nicht noch einmal gastieren. Eine kostspielige Angelegenheit für "The Home of British Motorsport", vor allem, wenn man bedenkt, dass man einen Großteil der Einnahmen vom MotoGP-Wochenende wohl in irgendeiner Form an die enttäuschten Zuschauer rückerstatten wird müssen.

Die Chance für Donington?

Könnte das Debakel sogar der Todesstoß für Silverstone im MotoGP-Rennkalender sein? Denn die Betreiber hatten das Rennen für 2015 eigentlich an den Circuit of Wales verloren. Als klar wurde, dass sich die Bauarbeiten dort verzögern würden, wäre Donington als Ersatzkandidat vorgesehen gewesen. Donington musste im Frühjahr 2015 aber passen, weshalb Silverstone als "dritte Wahl" mit einem Vertrag über zwei Jahre einsprang.

2017 sprang man erneut ein, als die Dorna dem bis heute nicht fertiggestellten Circuit of Wales den bestehenden Vertrag endgültig entzog und Silverstone im Anschluss mit einem Kontrakt bis inklusive 2020 ausstattete. Es ist aber kein Geheimnis, dass Donington unter dem neuen Besitzer und Motorsport-Mogul Jonathan Palmer die MotoGP zurückhaben möchte.

Silverstone-Boss Pringle ist sich aber sicher, das Rennen nicht zu verlieren: "Ich bin sehr zuversichtlich bezüglich der Zukunft der MotoGP in Silverstone, denn wir meinen es mit unserem Engagement in der Weltmeisterschaft verdammt ernst."