Wer sich die Pole Position in der MotoGP schnappen will, muss nicht nur der schnellste Pilot im Q2 sein, sondern muss es vorher erstmal dahin schaffen. Für alle Piloten, die diesen Sprung nicht schaffen, bleibt das Q1 und die hinteren Startränge. Doch das war nicht immer so. Vor dem Österreich GP in Spielberg übten Valentino Rossi und seine Kollegen Kritik am gängigen Qualifying-System.

"Das Training ist jetzt ganz anders als früher", erklärt Rossi in der Pressekonferenz am Donnerstag. Zu Beginn seiner WM-Karriere hatte der Yamaha-Pilot drei ganze Sessions, um sich auf das Rennen vorzubereiten. Mit allem was dazugehört, Reifen, Setup und so weiter. Diese Zeiten sind aber mit dem aktuellen Qualifying-System vorbei.

"Jetzt muss man im Trainings schon neue Reifen aufziehen und wie im Qualifying pushen", erläutert der Mehrfach-Champ. Denn drei der vier Freien Trainings der Königsklasse zählen für das Qualifying. Und im besten Fall ist die Zeit vom Freitagnachmittag schon so gut, dass am Samstagmorgen nichts mehr schief gehen kann.

Denn wer den Sprung ins Q2 nicht schafft, der kann sein Rennwochenende eigentlich schon abschreiben, sagt Rossi. "Wenn es am Samstagmorgen nass oder kalt ist und man nicht direkt ins Q2 kommt, dann ist das Wochenende eigentlich gelaufen", findet der Yamaha-Pilot. Beendet ein Pilot nur das Q1, ohne es ins Q2 zu schaffen, so startet er im besten Fall von Rang 13 und damit aus Reihe fünf. Danach auf Sieg zu fahren, ist mit der aktuellen Leistungsdichte der MotoGP sehr schwierig.

Andrea Dovizioso hat das vorherige Qualfying-Format besser gefallen, Foto: Tobias Linke
Andrea Dovizioso hat das vorherige Qualfying-Format besser gefallen, Foto: Tobias Linke

"Das ist leider nicht unsere Wahl", stellt Rossi aber klar. "Man müsste die Regeln ändern." Auch Landsmann Andrea Dovizioso äußert sich nicht gerade positiv über das derzeitige Qualifying-Format in der Königsklasse. "Mir gefällt die Regelung mit dem Q1 und Q2 nicht besonders", so Dovizioso. "Sie beeinträchtigt das Training. Man hat nicht viel Zeit, für das Rennen zu arbeiten."

Sein Noch-Teamkollege Jorge Lorenzo erklärt die Situation etwas detaillierter. "Früher hatten wir mehr Zeit in den Sessions und konnten uns darauf konzentrieren, das richtige Setting zu finden", fasst Lorenzo das frühere System zusammen. Um seine Reifen habe sich der Ducati-Pilot im damaligen Training überhaupt keine Gedanken machen müssen. "Jetzt haben wir nur noch 45 Minuten pro Training und man muss sich auf Setup und Reifen konzentrieren und dabei nicht vergessen, eine schnelle Rundenzeit zu fahren, damit man ins Q2 kommt."

Schafft man es nicht ins Q2, dann sieht Lorenzo die Chancen auf ein gutes Rennen ähnlich düster wie sein Rivale Rossi. "Bei einer Leistungsdichte wie momentan ist man sonst einfach zu schnell raus", resümiert der Ducati-Pilot. Lorenzo geht in seiner Kritik aber auch auf einen Punkt ein, den seine Kollegen bisher nicht angesprochen haben: Nämlich auf die Show.

Denn letztendlich wollen die Zuschauer an der Strecke und zu Hause vor dem Bildschirmen unterhalten werden. Und für mehr Action sorgt das aktuelle Qualifying-Format mit Sicherheit - und das sogar schon am Samstag. "Für die Show ist dieses Prinzip sicher besser, aber für uns Fahrer macht es alles schwieriger", erklärt Lorenzo.

Qualifying: Marquez fährt mit eigener Taktik

Lediglich Marc Marquez geht einmal mehr eigene Wege. Und die sind wie beim Spanier gewohnt risikoreicher als die seiner Kollegen. Denn statt wie von Rossi erklärt schon im FP2 Gas zu geben, um sich einen potenziellen Platz im zweiten Qualifying zu sichern, hat Marquez seine eigene Taktik. "Im FP2 fokussiere ich mich auf die Reifen und nicht auf die Bestzeit", erläutert Marquez sein Prinzip. Das zweite und vierte Freie Training sind für den Honda-Werksfahrer die wichtigsten Sessions des Tages, vom Rennen natürlich abgesehen.

Die beiden Trainings nutzt Marquez intensiv, um die Reifen zu verstehen und Änderungen am Setup zu finden. "Erst im dritten Freien Training fahre ich mit neuen Reifen", so der amtierende Weltmeister. "Das ist ein Risiko, aber so habe ich am Sonntag eine gute Pace." Etwas anderes hätte man von Marquez auch nicht erwartet.