MotoGP-Bikes sind die schnellsten und stärksten des Planeten - rund 270 Pferdestärken und deutlich über 350 Stundenkilometer. Um diese Raketen vor Kurven auch wieder zu verlangsamen, ist ordentlich Bremswirkung gefragt. Etwa 10 Prozent davon bewerkstelligt die Bremse am Hinterrad, rund 20 Prozent die Motorbremse. Der Löwenanteil geht aber durch die Karbonanlage an der Front. 70 Prozent der Bremswirkung generieren die Fahrer dort mit dem Hebel an der rechten Seite ihres Lenkers.

Dabei greifen - im wahrsten Sinne des Wortes - sie zu unterschiedlichen Techniken. Weshalb sie das machen:

Andrea Dovizioso, Danilo Petrucci - 2 Finger

Mit Zeige- und Mittelfinger zu bremsen gilt als der klassischste und am weitesten verbreitete Stil. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Umso mehr Finger man am Bremshebel hat, umso weniger Kraft hat man, um sich gegen die Negativbeschleunigung zu wehren. Mit jedem Finger weniger am Hebel, schwindet allerdings das Gefühl für die extrem empfindlichen Karbonbremsen. Zwei Finger am Lenker und zwei am Bremshebel scheinen somit der ideale Kompromiss zu sein.

Dovizioso bremst klassisch mit zwei Fingern, Foto: Ducati
Dovizioso bremst klassisch mit zwei Fingern, Foto: Ducati

"Ich bremse mit zwei Fingern. Schon seit ich in der 125ccm-Klasse gefahren bin, vielleicht sogar schon seit Pocket-Bike-Zeiten", erklärt Andrea Dovizioso. Nur in Ausnahmesituationen behält er einen zusätzlichen Finger am Lenker. "Bei Richtungswechseln mache ich das manchmal, aber auf keinen Fall bei harten Bremsmanövern. Da sind es immer zwei Finger.

Ganz ähnlich geht Doviziosos nächstjähriger Teamkollege Danilo Petrucci vor: "90 Prozent der Zeit nutze ich zwei Finger, weil ich dann mit den anderen beiden den Lenker gut halten kann. Wenn ich schon sehr müde bin, kann es auch sein, dass ich nur einen Finger verwende, aber nicht beim harten Anbremsen."

Valentino Rossi, Cal Crutchlow, Jack Miller - 3 Finger

Auf einen Finger mehr am Bremshebel als seine italienischen Konkurrenten setzt Altmeister Valentino Rossi. Er greift mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger zu. "Es ist eigentlich ziemlich ungewöhnlich, mit drei Fingern zu bremsen, aber ich mache das schon meine gesamte Karriere so", verrät Rossi. "Ich habe versucht, mich auf zwei Finger umzustellen, aber mit drei habe ich einfach das beste Gefühl und auch ausreichend Kraft. Deshalb werde ich so weitermachen."

Ebenfalls drei Finger verwendet Cal Crutchlow, aber auf eine ungewöhnliche Art. Egal, wie viele Finger ein Fahrer benutzt, der Zeigefinger gehört im Normalfall immer dazu. Nicht so bei Crutchlow. Er belässt Zeigefinger und Daumen am Lenker, die restlichen drei Finger wandern an den Bremshebel. "Ich mache es anders als alle restlichen Piloten", schmunzelt er. Auch Crutchlow versuchte, auf die übliche Zwei-Finger-Technik umzustellen - erfolglos. "Ich habe es oft probiert, aber ich konnte mich nie wirklich daran gewöhnen. Ich weiß auch nicht wieso."

Eine Umstellung gelungen ist Jack Miller, allerdings wechselte er von einem Finger auf drei. "Ich habe seit meinen Anfängen beim Motocross mit dem Mittelfinger gebremst", erklärt er. Nach zwei Brüchen der rechten Hand funktionierte diese Technik aber nicht mehr wie gewünscht. Seither bremst er wie Rossi mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger. "Das fühlt sich für mich jetzt natürlicher an."

Marc Marquez - 1 Finger

Marc Marquez ist ein Mann der Extreme. So auch beim Bremsen. "Auf den 125er-Maschinen habe ich mit vier Fingern gebremst, jetzt nur noch mit einem. Ich bin also von einem Extrem zum anderen gewechselt", wundert sich Marquez, der nun nur den Zeigefinger verwendet, selbst. Zumindest hat er eine Erklärung für diese ungewöhnliche Technik. "Ich trainiere viel Motocross. Dort ist es üblich, nur einen Finger zu verwenden. Ich habe mich daran gewöhnt und es auch auf das MotoGP-Motorrad übertragen."

Ein Finger ist für Marc Marquez genug, Foto: Repsol
Ein Finger ist für Marc Marquez genug, Foto: Repsol

Scott Redding - Je nach Bedarf

An keine fixe Technik klammert sich Scott Redding. Er wechselt je nach Anforderung. "Ich habe unterschiedliche Methoden entwickelt", so der Aprilia-Pilot. "Ich habe immer mit zwei Fingern gebremst, aber als ich in die MotoGP gekommen bin, hatte ich das Gefühl, dass ich teilweise mehr Kraft brauchte. Bei harten Bremsmanövern verwende ich deshalb vier Finger, bei normalen weiterhin zwei und bei Richtungswechseln oft nur einen. Ich wechsle also im Lauf einer Runde ziemlich viel hin und her."