Jorge Lorenzo war in Jerez auf dem Weg zu seinem ersten Spitzenresultat im MotoGP-Jahr 2018. Gegen Andrea Dovizioso und Dani Pedrosa kämpfte er um die verbleibenden beiden Podestsplätze hinter Dominator Marc Marquez. Lorenzos Chancen, in Jerez wie schon im Vorjahr sein erstes Saisonpodium zu holen, standen gut. Doch dann kam die 18. Runde und die Kollision zwischen drei Podiumsanwärtern, die allesamt aus dem Rennen riss.

Ein Blick auf Lorenzos Rennen vor dem Zwischenfall lohnt sich dennoch, vor allem für all diejenigen, die sein Ducati-Projekt noch nicht als gescheitert akzeptieren wollen. Denn Lorenzo fuhr in Jerez eines seiner besten Rennen auf der Desmosedici, sein mit Abstand bestes im Jahr 2018. "Er hat mich heute überrascht. Das war wieder ganz der alte Jorge", lobte etwa Sieger Marquez.

Tatsächlich erinnerte Lorenzos Herangehensweise im Rennen von Jerez massiv an seine erfolgreichsten Zeiten bei Yamaha. Mit dem besten Start aller Spitzenpiloten schoss er von P4 aus in Führung, legte dort sofort ein extrem hohes Tempo vor und machte es der Konkurrenz so in der Anfangsphase extrem schwer, ihn zu überholen. "Es war fast unmöglich", gestand Marquez. "Er konnte extrem spät bremsen und kam auch super aus den Kurven raus."

Lorenzos ausgezeichnete Pace in den ersten Runden war sicherlich auch seiner Reifenwahl geschuldet. Als einziger Pilot im dieses Mal 25 Mann starken Feld setzte er auf den Soft am Vorderrad. Seine direkten Konkurrenten Marquez, Pedrosa und Dovizioso gingen an das ganze andere Ende des Mischungsspektrums und wählten den Hard.

Lorenzo pokerte im Grid mit der Wahl des weichen Vorderreifens, Foto: Tobias Linke
Lorenzo pokerte im Grid mit der Wahl des weichen Vorderreifens, Foto: Tobias Linke

Man würde Lorenzo aber unrecht tun, wenn man seine starke Fahrt in den ersten Runden nur durch seine Reifenwahl begründet. Denn im Rennen des dreifachen MotoGP-Champion war kein Einbruch in seiner Pace zu erkennen - zumindest kein größerer als bei den anderen Piloten, bauten doch alle Reifentypen bei Asphalttemperaturen von über 40 Grad stark ab.

Die hinter Lorenzo liegenden Dovizioso und Pedrosa konnten nie wesentlich schneller fahren als er und bis zu Doviziosos verhängnisvollem Angriff auch keine erfolgreiche Attacke setzen. Wie schnell Lorenzo in Jerez war, zeigt ein Blick auf die besten Rundenzeiten der einzelnen Fahrer. Neben dem überlegenen Marquez war nur Dovizioso in einem einzelnen Umlauf schneller als Lorenzo und das auch nur um 66 Tausendstelsekunden. In zwei von vier Sektoren war Lorenzo flotter unterwegs als sein zuletzt so überlegener Ducati-Teamkollege, im ersten Abschnitt fuhr JL99 als einziger Fahrer sogar praktisch identische Zeiten wie Marquez.

MarquezLorenzoDoviziosoPedrosa
Schnellste Runde1:39.1591:39.2741:39.2081:39.314
Bester 1. Sektor24.70724.70924.82124.751
Bester 2. Sektor14.38614.41714.31214.370
Bester 3. Sektor29.47629.68029.68329.631
Bester 4. Sektor30.31330.21830.16230.279

"Ich war hier sehr zufrieden mit dem Gefühl am Vorderrad. Das war in Austin noch nicht der Fall", stellte Lorenzo fest. "Ich konnte sehr spät bremsen, vielleicht sogar später als früher mit der Yamaha. So gesehen bin ich sehr zufrieden mit dem Rennen und es ist sehr schade, dass ich nicht ins Ziel gekommen bin. Wir haben für meinen Fahrstil mit dem Motorrad einen Schritt nach vorne gemacht."

Yamaha strauchelt in Jerez gehörig

Während für Lorenzo Jerez also vielleicht der Beginn eines Aufwärtstrends war, stellte der Spanien-GP für seinen ehemaligen Arbeitgeber Yamaha einen heftigen Rückschlag dar. Zwar erzielten Valentino Rossi und Maverick Vinales mit den Rängen fünf und sieben noch ein halbwegs annehmbares Resultat, aber das war auch nur durch die Stürze von Lorenzo, Dovizioso, Pedrosa sowie Alex Rins und Cal Crutchlow möglich, die allesamt vor den Yamaha-Werkspiloten lagen. Ein Blick auf die schnellsten Rundenzeiten offenbart, wie langsam die 2018er-M1 in Jerez war. Rossi fehlten auf Marquez oder Dovizioso über vier Zehntel in einem Umlauf, Vinales sogar mehr als sechs. Das bedeutet nur die zehnt- beziehungsweise vierzehntschnellste Zeit der 25 Fahrer.

Natürlich, Marquez fuhr an diesem Tag in einer eigenen Liga, doch auch auf das Podium fehlten in puncto Pace Welten. Das zeigt ein Vergleich mit Dovizioso, der bis zu seinem Sturz auf Rang drei fuhr. Nur in einer der 17 Runden, die die Yamaha-Piloten zusammen mit Dovizioso in diesem Rennen bestritten, war Rossi so schnell wie der Ducati-Mann. Teilweise fehlte Rossi als schnellerem der beiden M1-Fahrer auf Dovizioso über eine Sekunde pro Umlauf.