Erste Pole Position eines Australiers seit Casey Stoner, erste Pole Position für ein Ducati-Kundenteam - Jack Millers Wochenende in Argentinien hatte einiges zu bieten. Genauso viel wie gut lief, lief aber auch schief. Motorsport-Magazin.com hat sich das Wochenende des Australiers genau angeschaut.

Miller holt Wahnsinns-Pole in Argentinien

Der Samstag war mit Abstand der erfolgreichste Tag des Pramac-Piloten. Im dritten Freien Training hatte sich Miller im Einverständnis mit seinem Team noch Zeit gelassen, auf die nasse Strecke zu gehen. Am Ende drehte er doch ein paar Runden, wurde aber nur 24. und Letzter. Dank den schwierigen Streckenbedingungen konnte allerdings auch kein anderer Fahrer seine Zeiten im Vergleich zum trockenen Vortag verbessern - damit schaffte Miller trotzdem den direkten Sprung ins Q2.

Im Qualifying schlug dann Millers große Stunde. 'Jackass' zog als einer von wenigen Piloten auf halb-abgetrockneter Fahrbahn seine Rundenzeit auf Slick-Reifen durch. Auf seiner letzten Quali-Runde brannte er eine 1:47.153 in den Asphalt und ließ Repsol Honda-Pilot Dani Pedrosa damit um 0.177 Sekunden hinter sich. Es ist die erste Pole Position für ein Ducati-Kundenteam und die erste Pole Position für einen Australier seit Casey Stoner im Jahr 2012.

Millers Aussagen zu seiner wilden Pole-Fahrt am Samstag machen die ganze Sache allerdings noch spektakulärer. "Ich habe einfach nur drangehangen, ich war eigentlich nur Passagier", lachte der Australier in der Pressekonferenz am Samstag. Denn vor allem auf dem hinteren Teil der Strecke war der Asphalt zur Qualifying-Zeit noch nicht abgetrocknet. Um mit Slick-Reifen durch stehendes Wasser zu fahren, braucht es eine wirkliche Extra-Portion Mut. Den hatte am Samstag nicht einmal Marc Marquez.

Miller hingegen schon, wobei sein Mut statt belohnt zu werden auch mächtig bestraft hätte werden können. Ein einfacher Ritt war seine Pole-Runde mit Sicherheit nicht, ein paar Mal wurde der Pramac-Pilot fast von seiner Ducati abgeschmissen. "Meine Mutter hat mir schon immer vorgehalten, dass ich nie zuhören würde. Auch heute hat mir mein Motorrad etwas sagen wollen, aber ich habe einfach nicht zugehört", witzelte Miller wie gewohnt nach dem Qualifying.

Für alle MotoGP-Fans an den Bildschirmen war von Millers Wahnsinns-Runde aber nichts zu sehen. Erst, nachdem er seine Fahrt bereits beendet hatte, tauchte seine Rundenzeit auf den Zeitnahme-Monitoren auf. Grund dafür war ein Fehler am Transponder der Ducati Desmosedici, die Sektorenzeiten wurden nicht im Timing eingeblendet. Auch kein Kameramann hielt drauf, also überraschte Millers Pole Fans und TV-Kommentatoren gleichermaßen.

Trotz des Chaos konnte Jack Miller noch lachen, Foto: Pramac Racing
Trotz des Chaos konnte Jack Miller noch lachen, Foto: Pramac Racing

Start-Chaos am Sonntag bringt Probleme

Damit sah sich Miller zum ersten Mal in seiner MotoGP-Karriere ganz vorne in der Startaufstellung. Ein einfaches Rennen stand dem Pramac-Piloten und dem Rest des Feldes aber nicht bevor. Bereits in der Startaufstellung gab es einige Komplikationen, mit denen Miller allerdings nichts zu tun hatte. Als einziger Pilot bewies Miller einmal mehr großen Mut und kam bereits auf Slick-Reifen in die Startaufstellung. Seine Kollegen entschieden sich geschlossen in letzter Minute um und verließen das Grid nochmal. Damit stand Miller mutterseelenallein in der Startaufstellung.

"Ich kann mich gar nicht mehr an alles erinnern, es war ehrlich gesagt pures Chaos", schreibt der Australier nach dem Rennen in seinem Red-Bull-Blog. "Ich habe mich gleich fürs Slicks entschieden, nachdem ich gesehen habe, wie schnell die Strecke abtrocknet. Die anderen sind dann wieder in die Box gegangen und ich stehe da auf der Pole und wundere mich, wo zum Teufel alle anderen sind. Dann verschieben sie den Start auch noch um 15 Minuten…"

Das späte Wechseln des restlichen Fahrerfeldes blieb nicht ungestraft, hinter Miller tat sich in der Startaufstellung kurz vor Rennstart eine große Lücke zu seinen Verfolgern auf. Selbstverständlich holte sich Miller damit den Holeshot, doch für den zweiten MotoGP-Rennsieg sollte es nicht reichen. Der Australier führte lange Zeit, bis er erst von Marquez und nach dessen Strafen dann von Cal Cruchlow, Johann Zarco und Alex Rins Besuch bekam.

Alle vier Piloten fuhren ein fantastisches Rennen, aber am Ende hatte Miller ein Nachsehen. Er landete nur auf Platz vier. "Meine Reifen waren am Ende des Rennens hinüber, aber noch mehr ärgern mich meine zwei Fehler, die mich mit Sicherheit das Podium, aber vielleicht sogar den Sieg gekostet haben." Dennoch ist er nach einem "anstrengenden" Rennen mit einem vierten Platz zufrieden. "Es ist mein zweitbestes MotoGP-Ergebnis, also gibt es eine Menge, über das ich mich freuen kann", so Miller.

Miller: Warum werden wir bestraft?

Trotz aller Freude über 13 Punkte und einen aktuell sechsten WM-Rang gibt es ein paar Dinge, die Miller nach dem Rennsonntag nicht aus dem Kopf gehen. Vor allem der Chaos-Start ärgert ihn. "Alle anderen haben sich für die falsche Reifenwahl entschieden, wir nicht", erinnert er noch einmal. "Warum also werde ich dafür bestraft? Ich verstehe, dass auf den Verantwortlichen viel Druck liegt, aber für uns ist es schade. Wir haben die richtige Wahl getroffen und am Ende wurde unsere Konzentrationszeit sinnlos verschwendet."

Auch Marquez' ersten von einigen Fehlern aus dem Rennen konnte Miller nur wenig Liebe entgegenbringen. Der amtierende Weltmeister brachte kurz vor Rennstart das komplette Grid in Unruhe, als er seine Honda abwürgte, neu startete und in die Gegenrichtung zum Rennverlauf auf seinen Startplatz zurückkehrte. All das erhöhte Millers Konzentration nicht gerade. "'Was zur Hölle tust du da?' war noch eine sehr höfliche Formulierung für das, was ich in diesem Moment gedacht habe", erklärt Miller.