Seit seiner Ankunft in der MotoGP zur Saison 2017 hat Johann Zarco viele Fahrer in seinen Schatten gestellt - unter ihnen mit Jorge Lorenzo auch einen dreifachen Weltmeister in der Königsklasse. Zarco holte im Vorjahr 37 Punkte mehr als Lorenzo und scheint auch 2018 auf bestem Wege, den Spanier hinter sich zu lassen.

Nichtsdestotrotz nannte Zarco Lorenzo zuletzt immer wieder als sein großes Vorbild. Allerdings weniger aufgrund seiner aktuellen Leistungen, sondern viel mehr wegen seiner vergangenen Erfolge auf der Yamaha M1 - dem Motorrad, das nun Zarco bei Tech3 pilotiert. "Jorge war mit der Yamaha unglaublich schnell. Wenn er einen guten Tag hatte, waren die Gegner chancenlos und er hat alles in Grund und Boden gefahren. Er war einfach perfekt unterwegs. Sein Fahrstil ist genau richtig für das Motorrad. Wenn ich in der MotoGP um Siege kämpfen will, muss ich mir auch diese Perfektion aneignen. Daran arbeite ich."

Seltenes Lob zwischen MotoGP-Fahrern

Es kommt nicht oft vor, dass ein Spitzenpilot der MotoGP wie Johann Zarco öffentlich zugibt, sich einen anderen Fahrer als Vorbild zu nehmen. Für Lorenzo ist es aber normal, dass Zarco versucht, ihn zu kopieren. "Ich war in den letzten Jahren der Yamaha-Fahrer mit den meisten Siegen. Das sagt schon etwas aus. Ich konnte das Bike sehr schnell fahren. Da ist es logisch, dass ich als Vorbild für einen Fahrer diene, der auf Yamaha gewinnen will", meinte Lorenzo auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com in Katar.

Tatsächlich war seit Lorenzos Aufstieg in die MotoGP zur Saison 2008 kein Pilot erfolgreicher auf der M1 als er. Er gewann drei Weltmeistertitel und holte in 156 Rennen 44 Siege, was einer Erfolgsquote von 28,21 Prozent entspricht. Da kann auch Yamaha-Legende in diesem Zeitraum nicht mithalten. Er holte zwei Titel und gewann 19,57 Prozent seiner Rennen, nämlich 27. Die beiden anderen Yamaha-Werkspiloten seither konnten bislang nur drei (Maverick Vinales) beziehungsweise einen Sieg (Ben Spies) einfahren.

Lorenzo bezweifelt aber, dass es Zarco gelingen wird, seinen Fahrstil zu kopieren: "So etwas ist unheimlich schwierig. Johann hat seine eigene Art zu fahren. Auf manchen Strecken wird er damit vielleicht besser sein als ich, auf anderen wieder schlechter. Er fährt aber zumindest ziemlich flüssig, also ist er meinem Fahrstil wohl näher als dem von Valentino oder Maverick."

Die Yamaha-Werksfahrer Rossi und Vinales bevorzugen einen andern Stil als Zarco, Foto: Yamaha
Die Yamaha-Werksfahrer Rossi und Vinales bevorzugen einen andern Stil als Zarco, Foto: Yamaha

Allzu geehrt scheint sich Lorenzo durch die Worte Zarcos jedenfalls nicht zu fühlen. Womöglich liegt es an der gemeinsamen, wenig harmonischen Vorgeschichte der beiden. Im Vorjahr überholte Zarco Lorenzo im Japan-Grand-Prix in Motegi mit einem riskanten Manöver. Der Ducati-Star war davon gar nicht begeistert. "Er fährt, als würde er PlayStation spielen. Er glaubt er ist der Geist und es spielt keine Rolle, was er macht," meinte Lorenzo damals und bezog sich damit auf die Möglichkeit, in Rennspielen die Kollisionsabfrage zu deaktivieren. Die Piloten können also wie 'Geister' (daher oft Ghost-Mode genannt) durcheinander durchfahren, ohne sich tatsächlich zu berühren. "Johann versteht nicht, dass er zu aggressiv ist. Ich habe versucht, nach dem Rennen mit ihm zu reden, aber er wollte nicht einsehen, dass er einen Fehler gemacht hat."

Ob Jorge Lorenzo noch einmal zu alter Stärke zurückfinden kann, diskutieren wir neben anderen spannenden Fragen in diesem Video:

MotoGP 2018: Valentino Rossi noch einmal Weltmeister? (21:32 Min.)