Die Ausgangslage im großen MotoGP-Saisonfinale 2017 in Valencia war für Andrea Dovizioso denkbar schwierig. 21 Punkte lag er in der Weltmeisterschaft hinter Marc Marquez. Dovizioso musste auf einer Strecke, die für ihn und auch seine Ducati alles andere als ideal ist, also gewinnen und Marquez durfte nicht besser als Zwölfter werden.

Lange Zeit lief in Valencia alles für Marquez. Er fuhr komfortabel auf Rang zwei hinter Johann Zarco und hatte seinerseits Dani Pedrosa als Puffer hinter ihm. Dann folgte Jorge Lorenzo und erst auf Platz fünf WM-Rivalen Dovizioso. Doch dann kam die 24. Runde. Marquez hatte sich im Umlauf dazu entschlossen, die Führung zu übernehmen, da seine Pace deutlich schneller war als die von Zarco und er aufgrund des für ihn zu langsamen Tempos Probleme hatte, die Konzentration zu bewahren.

In Kurve eins unterlief Marquez dann aber ein schwerer Fehler. "Ich hatte Angst, dass Zarco kontern würde, also habe ich besonders spät gebremst", erklärte der Repsol-Honda-Pilot im Anschluss. Zu spät, wie sich herausstellen sollte. Marquez verlor das Vorderrad und konnte nur durch seine überragenden Reflexe und einem kräftigen Gegenstemmen mit Knie und Ellbogen seine Maschine im Rennen halten. Durch das Kiesbett musste Marquez aber dennoch, verlor dabei sechs Sekunden und rutschte auf Rang fünf zurück.

Dovizioso versucht Marquez' Fehler zu nutzen

Marquez war nun sichtlich verunsichert, diese Chance wollte Dovizioso für einen letzten, verzweifelten Angriff nutzen. "Als Marc den Fehler gemacht hat, habe ich alles versucht, um das Rennen noch zu gewinnen", gestand Dovizioso im Anschluss. Eine Runde später lag er mit seiner Ducati im Kies von Kurve acht, der WM-Traum war ausgeträumt.

Hätte Dovizioso ohne diesen Fehler eine Chance gehabt, das Rennen noch zu gewinnen und Marc Marquez so vielleicht in einen alles entscheidenden, zweiten Patzer zu hetzen?

Dovizioso lag bei seiner letzten Überfahrt von Start und Ziel am Ende von Runde 24 1,743 Sekunden hinter dem Führenden Johann Zarco. Sechs Umläufe hätte Dovizioso also noch Zeit gehabt, um diese Lücke zu schließen. Ein grundsätzlich durchaus zu bewerkstelligendes Unterfangen. Tatsächlich hatte Dovizioso in den Runden zuvor auch langsam aber stetig Boden auf die Spitze gutgemacht, verkleinerte seinen Rückstand von zwischenzeitlich 2,5 Sekunden.

Allerdings dürfte dieser Zwischenspurt schon vor dem Sturz ein Ende gefunden haben. Denn in seiner letzten kompletten Runde wurde Dovizioso wieder langsamer. Er verlor in jedem der vier Sektoren auf seine Zeit aus dem Umlauf davor, über die gesamte Runde fehlte ihm fast eine halbe Sekunde. Und das, obwohl Dovizioso alles versuchte: "Ich war komplett am Ende. Mir hat einfach die Pace gefehlt."

Dovizioso in Valencia voll am Limit

Wenn man nun bedenkt, dass Doviziosos letzte Runde, die absolut am Limit fuhr, nur eine 1:32.691 war und Pedrosa sowie Zarco in den folgenden Umläufen stets niedrige 1:32er- oder sogar hohe 1:31er-Zeiten fuhren, ist es praktisch unmöglich, dass Dovizioso die Lücke von über 1,7 Sekunden noch schließen hätte können. Wäre der Ducati-Star nicht schon in Lap 25 gestürzt, wäre es bei diesem Speed wohl in den folgenden Runden so weit gewesen.

Eine große Frage stellt sich aber freilich noch: Wäre die Lücke überhaupt auf 1,7 Sekunden angewachsen, wenn Teamkollege Jorge Lorenzo nicht das gesamte Rennen vor Dovizioso gefahren wäre, sondern ihn, wie mittels Nachrichten auf dem Dashboard und der Boxentafel gefordert, vorbeigelassen hätte? Die Antwort ist vermutlich: Ja.

Lorenzo war in Valencia keine Blockade für Dovizioso, Foto: Ducati
Lorenzo war in Valencia keine Blockade für Dovizioso, Foto: Ducati

Dovizioso hatte zwar in den ersten drei Sektoren leichte Vorteile gegenüber Lorenzo, der war aber dafür im letzten Sektor deutlich schneller als sein Teamkollege. "Da habe ich das ganze Wochenende auf Jorge verloren, teilweise bis zu drei Zehntelsekunden", weiß Dovizioso. So hatte er nie wirklich einen Überschuss gegenüber Lorenzo und ein Angriff blieb aus. Dovizioso sah dazu auch keinen Grund: "Es hat mir geholfen, dass er vor mir gefahren ist. Ich konnte mich an ihm orientieren und so sanfter fahren."

Fazit zum Valencia-GP der MotoGP 2017

Andrea Dovizioso hatte am Sonntag eigentlich keine Chance, sich noch den MotoGP-Titel 2017 zu sichern. Selbst wenn Marc Marquez ausgefallen wäre - der Sieg war für ihn in Valencia wohl nicht in Reichweite. Zu gut war die Pace von Johann Zarco und Dani Pedrosa an der Spitze, zu langsam an diesem Wochenende das Paket Dovizioso und Ducati. Noch dazu hätte sich Dovizioso im Kampf um den Sieg gegen zwei Fahrer zur Wehr setzen müssen, die absolut nichts zu verlieren hatten und nur um diesen einen Grand-Prix-Erfolg kämpften. Dovizioso war laut eigenen Aussagen etwa zwei Zehntelsekunden pro langsam. Das klingt nach nicht viel. "In der MotoGP ist das aber eine Mammutaufgabe", erklärte Dovizioso. Diese konnte er am Sonntag nicht lösen und daran hätte auch Jorge Lorenzo nichts ändern können.