Vorweg: Ich bin ein großer Gegner von Stallordern. Aber: Ducati hat am Sonntag in Sepang das einzig Richtige gemacht. Denn: Es gibt Umstände, unter denen Stallorder das einzig sinnvolle Verhalten ist.

MotoGP-Diskussion: Wann ist Stallorder gerechtfertigt? (05:50 Min.)

Für alle, die es am Sonntag nicht gesehen haben: Jorge Lorenzo lag beim Malaysia-GP sechs Runden vor Schluss knapp vor seinem Teamkollegen Andrea Dovizioso in Führung. Da Marc Marquez zu diesem Zeitpunkt Platz vier innehatte, war er in der virtuellen WM-Wertung bereits Weltmeister. Plötzlich bekam Lorenzo folgende Nachricht auf die Digitalanzeige seiner Ducati: Suggested Mapping - Mapping 8.

Viele Fans vermuteten hinter dieser Dashboard-Message die versteckte Anweisung, Dovizoso passieren zu lassen und ihm den Sieg zu schenken. Denn durch diese Rochade würde der Italiener seine Chancen in der WM-Wertung doch noch offen halten. Prompt unterlief Lorenzo eine Runde später ein Fahrfehler, Dovizioso erbte die Führung und fuhr den Sieg nach Hause.

Lorenzos Fehler war keine Absicht

Eines ist klar: Lorenzos Fehler war sicher keine Absicht, denn beinahe wäre er während dieser Aktion zu Sturz gekommen. Manch einer mutmaßte nun, dass das Umschalten des Motormappings (wie angezeigt) zu den Problemen führte. Lorenzo entkräftete dieses Argument aber, indem er nach dem Rennen aussagte, er habe a) die Nachricht gar nicht gesehen und würde b) seit seinem Sturz in Misano kein Motormapping mehr bei voller Fahrt umstellen.

Ducatis Teamchef Paolo Ciabatti machte gar keinen Hehl daraus, dass man die Fahrer für den Fall, dass sie unmittelbar hintereinander fahren würden, schon vor dem Rennen gebrieft hatte. Und dass Lorenzo mutwillig einen möglichen Titelgewinn für Dovizioso zerstört, glauben hoffentlich nicht einmal seine schärfsten Hater.

Wieso aber heiße ich die mögliche Stallorder von Sepang gut? Weil sie Ducatis letzte Chance war. Wäre Lorenzo am Sonntag vor Dovi zum Sieg gefahren, hätte man die Titelträume begraben müssen. Auch war es ja nicht so, dass Lorenzo sich schon um Sekunden abgesetzt gehabt hätte, ihm quasi der Sieg geraubt wurde und er sich einbremsen musste, um Dovizioso eine Chance zu geben.

Zu viel Zunder im Duell

Lorenzo und Dovizioso knallten sich stattdessen auf auftrocknender Strecke eine schnellste Rennrunde nach der anderen um die Ohren, obwohl sie sich schon deutlich von Verfolger Zarco abgesetzt hatten: Zwischen Lap 7 und 13 wechselte diese Marke neunmal zwischen dem Duo hin und her und zum Zeitpunkt der Order auf Lorenzos Display war Dovizioso unter einer Sekunde am Leader dran.

Ducati hat Lorenzo also nur dran erinnert, was alles auf dem Spiel steht. Denn eine Kollision wie zwischen Iannone und Dovizioso in Argentinien im Vorjahr hätte all die harte Arbeit der vergangenen 17 Rennen zunichte gemacht. Das Gleiche hätte für den Fall eines Lorenzo-Sieges gegolten. Ducati hat also nicht dafür gesorgt, dass der aussichtsreichere Fahrer mit ein paar Pünktchen mehr dasteht, sondern dass man die minimale Chance des Titelgewinns überhaupt noch am Leben erhält.

Daher hat Ducatis Stallorder nichts mit einem Monate vor Saisonende ausgesprochenen "Let Michael pass fort he championship" zu tun. Die Aktion war kein Affront gegen den Sportsgeist, sondern die einzige logische Entscheidung, die Ducati treffen konnte. Und das sage ich als ausgesprochener Gegner von Stallordern.