Fünf Fahrer haben zum jetzigen Zeitpunkt in der MotoGP-Saison 2017 noch realistische Chancen auf den WM-Titel: Marc Marquez, Andrea Dovizioso, Maverick Vinales, Valentino Rossi und Dani Pedrosa. Nach elf von 18 Rennen trennen diese fünf Piloten gerade einmal 35 Punkte - enger ging es in der Geschichte der Königsklasse in dieser späten Phase der Saison noch nie zu. Dennoch schmeißt nun der erste Fahrer aus diesem Quintett zumindest verbal das Handtuch: Valentino Rossi!

Nach dem jüngsten, frustrierenden Rennen beim Österreich-GP auf dem Red Bull Ring konzentriert sich Rossi lieber auf sich selbst und seine Probleme, anstatt an die Weltmeisterschaft zu denken. "Ich sehe mich nicht im Kampf um die WM. Ich habe viele Punkte Rückstand und vor allem fühle ich mich nicht konkurrenzfähig genug", so die verblüffende Aussage des Doktors.

Der Trend spricht auf jeden Fall gegen Rossi. In den letzten fünf Rennen war der Yamaha-Pilot nur ein Mal wirklich stark aufgelegt - bei seinem Sieg in Assen. Auch in Brünn war Rossi stark unterwegs, doch dort verpokerte er sich einmal mehr bei einem Flag-to-Flag-Rennen. Seine Bilanz abgesehen vom Sieg: Achter in Barcelona, Fünfter auf dem Sachsenring, Vierter in Brünn und Siebter in Spielberg. WM-Leader Marquez dagegen fuhr in jedem der letzten fünf Rennen auf das Podium und machte so satte 40 Punkte auf Rossi gut.

Marquez' Teamkollege Dani Pedrosa landete im selben Zeitraum vier Mal auf dem Siegertreppchen und hat seinen Rückstand auf Rossi auf zwei Pünktchen reduziert. Angesichts dieser Werte schätzt Rossi realistisch ein: "Bevor ich daran denken kann, wieder Punkte auf Marquez und Dovizioso aufzuholen, muss ich erst einmal wieder so stark werden wie sie und um das Podium kämpfen. Das ist aktuell mein Ziel." Doch um dieses Ziel zu verwirklichen, muss die Yamaha erst wieder gegenüber der Honda und der Ducati Boden gut machen und an Konstanz zulegen.

Rossi und Vinales: Immer dieselben Probleme mit der Yamaha

Auffällig ist in der MotoGP-Saison 2017: Wenn die Yamaha in Schwierigkeiten gerät, fällt das wesentlich stärker ins Gewicht als bei der Konkurrenz. So geschehen bei den Hitzeschlachten in Jerez und Barcelona, sowie beim Österreich-GP auf dem Red Bull Ring. Das ist Rossi nicht verborgen geblieben: "Wir haben dieses Jahr hart gearbeitet, aber ich habe mich immer wieder in Schwierigkeiten wieder gefunden. Die haben mich viel mehr gekostet als erwartet."

Rossi und Vinales fahren der direkten Konkurrenz aktuell hinterher, Foto: Tobias Linke
Rossi und Vinales fahren der direkten Konkurrenz aktuell hinterher, Foto: Tobias Linke

Die Schwierigkeiten bei Yamaha beziehen sich dabei vor allem auf die Baustellen Reifen-Abbau und Elektronik. Hier haben Rossi und sein Teamkollege Maverick Vinales den größten Nachholbedarf gegenüber der Konkurrenz. "Vom technischen Standpunkt her haben wir eine schwierige Phase. Es sieht so aus, als wären die anderen Motorräder schneller und auch vollständiger. Wir müssen gemeinsam mit Yamaha auf die Zähne beißen, um während des gesamten Rennens konkurrenzfähig zu sein", spricht Rossi Klartext.

Auch nach dem Test auf 2018er-Material in dieser Woche in Misano versprüht Rossi keine Zuversicht, im Gegenteil: "Der 2018er-Prototyp hat auch das Problem, dass wenn der Reifen abbaut, wir die Geschwindigkeit verringern müssen. Daran müssen wir arbeiten." Rossi und Yamaha sind also erst einmal mit sich selbst beschäftigt und müssen ihre eigenen Probleme aussortieren. Kein Wunder also, dass sich der Doktor gedanklich schon vom MotoGP-WM-Titel 2017 verabschiedet hat.