Die MotoGP hat ihre sommerliche Mitteleuropa-Tour mit einem Kracher in Spielberg beendet. Drei verschiedene Führende, ein hartes Duell mit mehreren Fahrern und eine finale Entscheidung erst in der letzten Kurve. MotoGP-Herz, was willst du mehr?

MotoGP rockt Spielberg (00:33 Min.)

Für alle, die am Sonntagmittag vor lauter Adrenalin vor dem Fernseher oder auf den Tribünen gar nicht jedes Detail mitbekommen haben: Motorsport-Magazin.com mit der Rennanalyse zum Österreich-GP:

Alles war möglich in Spielberg

Das Verblüffende vorweg: Es gab keine einzige Trockenreifen-Spezifikation, die am Sonntag nicht gefahren wurde. Jede der drei Vorderrad- und der drei Hinterradmischungen kam beim Österreich-GP zum Einsatz - in insgesamt sechs verschiedenen Kombinationen.

Übersicht Reifenwahl

Reifen (Anz. Fahrer)Fahrer auf der jeweiligen Reifen-Kombination
Front M, Heck H (12)Petrucci, Vinales, Pedrosa, Iannone, Kallio, Smith,
Aleix, Rins, Pol, Redding, Rossi, Marquez
Front M, Heck S (6)Dovizioso, Abraham, Bautista, Lowes, Folger, Lorenzo
Front S, Heck S (2)Zarco, Barbera
Front M, Heck M (2)Miller, Rabat
Front S, Heck M (1)Baz
Front H, Heck H (1)Crutchlow

Erklärung: S = Soft, M = Medium, H = Hart

Die häufigste Reifenwahl am Sonntag war Medium vorne und Hart hinten. Das halbe Starterfeld verwendete diese Allokation und unter anderem fuhren Marquez und Pedrosa damit auf das Podium. Bei Yamaha funktionierten genau die gleichen Reifen deutlich schlechter: Vinales und Rossi kamen damit nicht über die Plätze 6 und 7 hinaus.

Den weichen Reifen am Hinterrad konnte hingegen vor allem Ducati nutzen: Sowohl Dovizioso als auch Lorenzo und zwei der Satellitenfahrer auf dem Vorjahresbike (Abraham und Bautista) setzen auf Front-Medium und Heck-Soft. Einmal mehr "Reifenstreichler" war Johann Zarco: Als einer von nur zwei Fahrern setzte er die beiden weichsten Mischungen ein.

Start: Lorenzos Sololauf

Jorge Lorenzo war schon in der Vergangenheit immer dann am besten, wenn er vorne alleine wegfahren konnte. Von Startplatz drei versuchte er sich am Sonntag erneut in dieser Taktik, die im ersten Renndrittel aufzugehen schien. Elf Runden führte Lorenzo das Feld an und damit um eine mehr als der spätere Rennsieger Dovizioso. Am Ende fehlten Lorenzo aber 6,663 Sekunden auf die Zielankunftszeit seines Teamkollegen.

Denn am Ende ging nicht mehr viel. Nachdem Dovizioso ihn in der 12. Runde überholt hatte, war Lorenzo bis zur 28. und letzten Lap nur noch dreimal schneller als sein Teamkollege, obwohl sich dieser über weite Strecken im Zweikampf mit Marc Marquez befand. Lorenzo konnte nicht einmal den Anschluss halten und wurde in der 18. Runde sogar von Dani Pedrosa überholt. Damit war sein Traum von einem Podium zu Ende.

Pedrosa zwischenzeitlich schnellster Mann

Auch wenn alle Augen im letzten Renndrittel auf das Duell zwischen Dovizioso und Marquez gerichtet waren - Pedrosa war zu diesem Zeitpunkt eigentlich der schnellste Mann. Sobald er an Lorenzo vorbei war, fuhr Pedrosa zwischen Runde 19 und 22 viermal in Folge die schnellste Einzelrunde im gesamten Feld.

Von allen 27 fliegenden Runden (Startrunde ausgenommen) hatte Pedrosa mit neun mehr Einzelbestzeiten als jeder andere seiner Konkurrenten. Auf den Plätzen folgten Marc Marquez (5), Johann Zarco (4) und Andrea Dovizioso (3). Mit seiner Zeit von 1:24,312 in Lap 6 sicherte sich Zarco übrigens die absolut schnellste Runde des Rennens.

Vergeigt hat es Pedrosa aber bereits im Qualifying: Nur von Startplatz 8 ins Rennen gegangen, schaffte er es in der Startrunde nur zwei Ränge nach vorne und hatte nach fünf Runden schon 1,6 Sekunden Rückstand auf Dovizioso. In der drittletzten Runde war der Abstand auf den späteren Sieger - der zwischenzeitlich auf nur noch 0,321 Sekunden (Lap 22) geschrumpft war - 1,760 Sekunden.

Pedrosa hielt sehr konstant sein Niveau im Bereich zwischen 1:25,1 und 1:25,5. Ihm ging also nicht die Luft aus gegen Ende, aber Marquez und Dovizioso zogen im erbitterten Zweikampf auf ein höheres Niveau. In den Runden 24, 25 und 27 waren diese beiden Fahrer die einzigen, die unter 1:25 blieben - mit Zeiten im Bereich von 1:24,7 bis 1;24,8 sogar deutlich. Damit war alles angerichtet für die finale Schlacht, die erst in der letzten Kurve entschieden wurde.

Yamaha als großer Verlierer

Fans von Rossi und Vinales durften sich nur in der ersten Rennhälfte Hoffnungen auf einen Podestplatz machen. Bei Rennhälfte (Runde 14) hatte das Duo bereits eine Sekunde auf die Top-5 verloren und zweieinhalb auf die Spitze. Obwohl mit der gleichen Reifenpaarung wie Repsol Honda unterwegs, baute Yamaha deutlich stärker ab.

Rossi konnte ab der 12. Runde nicht mehr unter einer Zeit von 1:25 bleiben, Vinales ab Runde 13 nur noch ein einziges Mal. Dovizioso und Marquez hingegen knackten diese Marke trotz Zweikampfs sogar noch in der vorletzten Runde, Pedrosa immerhin bis Runde 21.

Der Rundenzeitenvergleich zwischen zweiter und vorletzter Lap macht den Abbau Yamahas deutlich: Vinales und Rossi waren in der vorletzten Runde um 0,7 Sekunden langsamer als auf ihrer zweiten. Dovizioso und Marquez hingegen nur um rund 0,15 Sekunden. Somit bauten deren Reifen so gut wie nicht ab, während bei Yamaha gegen Rennende nichts mehr ging. Löst man dieses Problem - das mittlerweile häufig auftritt - nicht, so wird man sich wohl vorzeitig aus dem Titelrennen verabschieden.