Es war ein Aufreger am vergangenen MotoGP-Rennwochenende beim Amerika-GP in Austin: Die Auseinandersetzung zwischen Valentino Rossi und Maverick Vinales auf der Strecke. Rückblende: Qualifying-Abschnitt zwei, die erste fliegende Runde. Vinales läuft auf einen langsam fahrenden Rossi auf, der drängt ihn jedoch im Linksknick von Kurve 19 von der Ideallinie. Vinales muss die Runde abbrechen und war über das Manöver sichtlich 'not amused' und gestikulierte wild in Richtung Rossi.

Als das Yamaha-Duo sich später wieder für den zweiten und entscheidenden Run auf die Strecke begab, war Vinales' Ärger noch nicht verflogen. Das gab er Rossi ausgangs Kurve eins deutlich zu erkennen. Später im Parc ferme jedoch die Überraschung: Kein böses Blut, keine Eiszeit, nichts. Stattdessen ein sportlicher Handschlag zwischen den beiden Yamaha-Teamkollegen. Eine Situation, die im Vorjahr in der Form wohl noch nicht eingetreten wäre.

Denn bis dahin hieß Rossis Teamkollege Jorge Lorenzo. Und der stolze Mallorquiner hielt mit seiner Meinung nie hinterm Berg - auch wenn ihm das nicht gerade viele Fans eingebracht hat. "Ich bin wohl zusammen mit Marquez einer der größten Rivalen oder Feinde von Rossi, denn ich habe nie meine Klappe gehalten. Ich sage, was ich denke", unterstrich der Neo-Ducati-Pilot im Rahmen des Amerika-GP im Interview mit ServusTV.

Eine Einstellung, die Lorenzo schon in der ersten gemeinsamen Yamaha-Zeit zwischen 2008 und 2010 an den Tag legte. Unvergessen etwa, als er Rossi nach dem Motegi-GP 2010 vorwarf, seine Manöver seien über dem Limit. 2016 in Misano kam es in der Pressekonferenz nach dem Rennen zu einer verbalen Auseinandersetzung, als Lorenzo Rossi vorwarf, nicht sauber genug zu überholen. Klar, dass sich Lorenzo durch derartige Aktionen nicht gerade eine Fan-Base in Italien aufgebaut hat.

Lorenzo: Ärger über die Opportunisten

Und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass der ein oder andere Fan ihn gerne auf der Ducati scheitern sehen möchte. Der Start in die gemeinsame Zeit mit den Roten verlief in der Tat nicht gerade nach Wunsch. In Katar und Austin holte der dreifache MotoGP-Weltmeister die Plätze elf und neun, dazu gesellt sich der Ausfall in der ersten Kurve beim Argentinien-GP in Termas de Rio Hondo. Mit zwölf Zählern liegt Lorenzo in der WM-Wertung derzeit auf Position 13.

"In der ersten Kurve auszuscheiden hat mich sehr frustriert", gibt Lorenzo zu und nimmt den Sturz gleich auf seine Kappe: "Ich wollte zeigen, dass wir etwas gefunden haben, das uns mehr Speed gibt. Aber leider habe ich mich in der ersten Kurve grob verschätzt." Doch die Hoffnung gibt Lorenzo so schnell nicht auf. Das Ducati-Abenteuer hat gerade erst begonnen. Teamkollege Andrea Dovizioso etwa hat einen Erfahrungsvorsprung von vier Saisons auf der Desmosedici.

Entsprechend wenig Verständnis hat Lorenzo für Stimmen, die ihn bereits jetzt als gescheitert sehen: "Was mich aufregt, sind die Opportunisten, die aus meinen schlechten Resultaten Profit ziehen wollen und behaupten: Lorenzo wird niemals schnell mit der Ducati sein. Bevor ich in Valencia debütiert habe, waren sie still, weil sie nicht wussten was passieren würde. Aber nach zwei schlechten Rennen sagen sie dann: Lorenzo wird niemals mit der Ducati gewinnen."