Marc Marquez ist wieder voll im Titelkampf, den nun Valentino Rossi anführt. Das Rennen in Austin stellte die MotoGP-Welt wieder einmal auf den Kopf. Was haben Marquez und Rossi richtig gemacht, was andere verbockt haben? Die Antworten in der GP-Analyse:

Der unschlagbare Marquez

Marc Marquez und Austin - das passt einfach. Der Weltmeister feierte seinen fünften Sieg in Folge und dominierte erneut. 4,818 Sekunden Vorsprung auf den Rest des Feldes hatte er bis zur 19. Runde herausgefahren, ehe er in den letzten beiden Umläufen einen Gang zurückschaltete. Die Zahlen seiner Dominanz: Marquez fuhr am Sonntag die drei schnellsten Einzelrunden des gesamten Rennens, konnte als einziger Fahrer Rundenzeiten unter 2:05 erzielen und war in zwölf der 21 Laps der schnellste Mann im gesamten Feld. Seine schlechteste Einzelzeit (Startunde und die letzten beiden Runden ausgenommen) war eine 2:06,044 - ein Wert, den im gesamten Rennen nur elf Fahrer unterbieten konnten.

Vielleicht hätte Maverick Vinales dem Austin-Dominator Paroli bieten können, doch aufgrund dessen frühen Sturzes sind Spekulationen hinfällig. Pedrosa und Rossi, die es neben Marquez auf das Podest schafften, konnten ihm jedenfalls nur im ersten Renndrittel die Stirn bieten. In Lap 9 übernahm Marquez die Führung und zog dem Feld rasch davon.

In der 9. Runde hatte Pedrosa 0,332 Sekunden Rückstand auf Marquez, Rossi zu diesem Zeitpunkt 0,998. Fünf Runden später lag Pedrosa 1,045 Sekunden zurück und Rossi bereits 1,731. Damit war die Entscheidung um den Sieg nach zwei Drittel der Renndistanz bereits gefallen.

Der Kampf um das Podest

Pedrosa sah sich im letzten Renndrittel einer Abwehrschlacht gegenüber. Gegen Rossi in seinem Heck wehrte er sich mehrere Runden, musste aber drei Umläufe vor dem Ende klein beigeben. Auch auf Johann Zarco und Cal Crutchlow büßte Pedrosa im Finish massiv ein, doch der Vorsprung auf das Duo reichte. Für Pedrosa endete das Rennen aber keine Runde zu früh.

So analysierte Rossi unmittelbar nach dem Zieleinlauf treffend: "Ich wusste, dass sein Reifen komplett runter sein würde. Deshalb habe ich angegriffen." Und auch Pedrosa musste zugeben: "Ich hatte schon das gesamte Wochenende Probleme mit der Lebensdauer meines Hinterreifens. Paradoxerweise war der aber okay, dafür war mein Vorderreifen komplett hinüber. Ich konnte Vale nichts entgegensetzen und am Ende musste ich ganz schön Tempo herausnehmen."

Iannone und Petrucci als heimliche Sieger

Zwei Fahrer trumpften im Mittelfeld in der zweiten Rennhälfte auf: Andrea Iannone und Danilo Petrucci. In Runde sechs lagen beide noch außerhalb der Top-10, am Ende lag das Duo auf den Positionen sieben und acht. Ein Blick auf die Rundenzeiten macht deutlich, dass einzig der schlechte Startplatz (Iannone - P11, Petrucci - P13) einen großen Wurf in Austin verhinderte.

Denn nach Runde 7 fuhr Iannone nur um 0,564 Sekunden langsamer als Pedrosa. Petrucci büßte im gleichen Zeitraum auf die Zeit des Drittplatzierten nur 1,454 Sekunden ein. Mit besserer Startposition und ohne die anfänglichen Duelle im Mittelfeld wären die beiden Italiener voll im Kampf um die Podestplätze gewesen. Iannone war in den Runden 9 und 12 sogar der schnellste Fahrer im gesamten Feld.

Welchen Einfluss hatte die Reifenwahl?

Profitierten Iannone und Petrucci von der richtigen Reifenwahl? Immerhin fuhren beide hinten die harte Mischung und vorne den Medium - exakt die gleiche Kombination wie Pedrosa. Der Stein der Weisen war diese Wahl aber nicht, denn Pedrosa war der einzige Fahrer in den Top-5, der diese Kombi einsetzte.

Reifenwahl aller 22 MotoGP-Fahrer in Austin:

Hinten-VorneFahrer
Hart-HartMarquez, Crutchlow, Abraham, Lowes
Medium-MediumRossi, Vinales, Zarco, Folger, Rabat, P. Espargaro
Hart-MediumPedrosa, Iannone, Petrucci, Miller, Redding, Smith
Soft-MediumDovizioso, Lorenzo, Barbera, Bautista, Baz
Soft-HartA. Espargaro

Bei den Vorderreifen war die Medium-Mischung der klare Favorit. Nur die beiden Aprilia-Fahrer sowie Karel Abraham, Cal Crutchlow und Sieger Marc Marquez entschieden sich für den harten Reifen an ihrer Front. Beim Hinterreifen gab es hingegen deutlich unterschiedlichere Auswahl. Auf den Medium setzte die gesamte Yamaha-Fraktion, Hondas Tito Rabat und KTM-Fahrer Pol Espargaro. Der Soft am Heck war hingegen ein reiner Ducati-Reifen - fünf Ducatisti und Aprilias Aleix Espargaro setzten diesen Pneu ein. Der Rest des Feldes setzte auf die harte Mischung.

"Dieses Wochenende zeigt einmal mehr, dass unterschiedliche Fahrertypen verschiedene Reifen-Kombinationen einsetzen können. Fünf der sechs Reifen unseres Sortiments wurden heute eingesetzt und drei verschiedene Kombinationen schafften es auf das Podium", war Michelins Renndirektor Nicolas Goubert stolz auf die Abwechslung bei der Reifenwahl. Tatsächlich schaffte es Marquez mit der Kombination Hart-Hart vor Rossi auf Medium-Medium und Pedrosa auf Hart-Medium zur Siegerehrung. Ein Richtig oder Falsch bei der Reifenwahl scheint in der Michelin-Generation 2017 nicht mehr absolut für alle Fahrer zu gelten. Mehr denn je kommt es also auf den eigenen Fahrstil und die Bedürfnisse des Motorrads an. Das sorgt hoffentlich für weitere spannende Rennen in dieser Saison.