Die Wintertestfahrten der MotoGP sind in erster Linie ein Entwicklungsrennen, um die Motorräder für die neue Saison bestmöglich vorzubereiten. Sie sind aber auch ein Versteckspiel. Jeder Hersteller und Fahrer möchte nur so viel von seinem wahren Können preisgeben, wie unbedingt nötig. Sprechen die Leistungen dennoch für sich, werden sie einfach im Anschluss relativiert. Tief stapeln, hoch gewinnen - so das Motto.

Marquez für Rossi stärker als Vinales

Nun waren in der Testsaison 2017 bisher zwei Piloten die herausragenden Protagonisten: Maverick Vinales und Marc Marquez. Vor allem was die Rennpace betrifft machte Weltmeister Marquez einen extrem starken Eindruck, sprach aber dennoch immer wieder von Problemen mit dem Elektroniksetup und dem neuen Motor in 'Big-Bang'-Konfiguration. "Wir sind mit dem Motorrad noch nicht dort, wo wir sein wollen", so die beinahe schon gebetsmühlenartige Ansage Marquez' nach jedem Testtag.

Marquez klagt über Handlingprobleme mit der neuen Honda, Foto: MotoGP
Marquez klagt über Handlingprobleme mit der neuen Honda, Foto: MotoGP

Den Wahrheitsgehalt dieser Beteuerungen von Marquez, noch alles andere als auf Topniveau sein, schätzt Valentino Rossi relativ gering ein: "Er stapelt extrem tief. Man versucht immer, wenig von sich zu verraten und alles möglichst negativ darzustellen, um in Katar dann die große Überraschung zu sein. Ich weiß aber, dass Marc der Schnellste von uns allen ist."

Rossi stellt damit Marquez deutlich über seinen Neo-Yamaha-Teamkollegen Maverick Vinales, der den Altmeister bei den Testfahrten bisher meist im Griff hatte. "Marc und Maverick waren bei den Tests bisher am stärksten, aber Marc steht noch eine Stufe höher, vor allem was die Pace betrifft", ist sich Rossi sicher. "Maverick ist im Moment mit dem neuen Reifen sehr gut, aber über eine volle Renndistanz ist sicher Marc der Mann, den es zu schlagen gilt. Er hat mit seinem Team viel an der Pace mit gebrauchten Reifen gearbeitet und ist da schon extrem konstant."

Marquez bestreitet Psychospielchen

Marquez will von der Favoritenrolle und vor allem den Vorwurf, er würde die Konkurrenz an der Nase herumführen, nichts wissen. "Ich mache keine Psychospielchen", stellte er am Donnerstag auf Phillip Island entschlossen klar. "Wenn ich jetzt schon so toll vorbereitet auf die Saison vorbereitet wäre, hätte ich heute nicht 108 Runden fahren müssen. Meine Hände sind komplett zerstört." Mit diesem Pensum war Marquez am zweiten Tag in Australien tatsächlich mit Abstand fleißigster Pilot, Scott Redding kam mit 91 Umläufen auf die zweitmeisten Runden. Marquez spulte mit seinen 108 Runden exakt vier volle Renndistanzen auf Phillip Island innerhalb eines Tages ab.

Marquez schuftete am Donnerstag auf Phillip Island, Foto: Repsol
Marquez schuftete am Donnerstag auf Phillip Island, Foto: Repsol

Die Favoritenrolle sieht er nach Tag zwei in Australien, an dem ihm Vinales die Bestzeit abluchsen konnte, wieder bei seinem Landsmann. "Maverick war heute klar der Schnellste. Nicht nur auf eine Runde, sondern auch was seine Pace betrifft", findet Marquez. Ihm selbst fehle dazu noch etwas. Was das ist, kann der Repsol-Honda-Pilot selbst nicht sagen. Oder er will es nicht sagen. "Es stimmt schon, dass wir relativ schnell und auch konstant sind. Da sind aber immer noch Dinge, die ich nicht verstehe. Ich fühle mich nicht wirklich gut auf dem Bike und bin oft überrascht, wenn ich meine Zeiten sehe. Schnell bin ich, aber am Motorrad fehlt noch etwas", so Marquez.