Jedes Jahr wieder das gleiche Spiel: Kaum neigt sich der Januar dem Ende entgegen, macht sich der MotoGP-Tross auf zur ersten großen Welt-Tournee des neuen Jahres. Ende Januar/Anfang Februar beginnt traditionell in Malaysia die Wintertest-Saison. 2017 geht es dann weiter nach Phillip Island in Australien sowie zum Losail International Circuit in Katar, wo seit inzwischen zehn Jahren der Startschuss in eine neue Renn-Saison erfolgt. Nicht nur das im Vergleich zu Europa wesentlich freundlichere Klima spielt bei der Wahl der Teststrecken eine große Rolle, wie Motorsport-Magazin.com im Folgenden zeigt:

Wintertests: Die Anforderungen an die MotoGP-Bikes

Zunächst muss man sich einmal vor Augen halten, dass die Wintertests der vollständigen Evaluierung des eigenen Pakets dienen. Die Strecken selbst sowie die äußeren Umstände müssen also ein möglichst breites Anforderungsspektrum abdecken. Die langen Geraden in Katar und Malaysia beispielsweise sind ein hervorragender Gradmesser für Beschleunigung und Motorleistung der MotoGP-Raketen.

Die flüssigen Kurven von Phillip Island oder Katar vermitteln einen guten Eindruck davon, wie gut das neue Chassis oder der neue Rahmen bereits funktioniert. Der technisch anspruchsvolle Teil in Sepang wiederum, mit all seinen unterschiedlichen Kurvenradien, -längen und -kombinationen wiederum fordert den Bikes so gut wie alles ab, von Beschleunigung über Richtungswechsel bis hin zum Anbremsverhalten.

Foto: Repsol
Foto: Repsol

Die Teams haben daher, um sich ein umfassendes Bild vom Potenzial ihres Packages machen zu können, eine lange To-Do-Liste an Eigenschaften erstellt. Diese gilt es, im Laufe der Wintertests abzuarbeiten. Dazu gehören u.a.:

  • Beschleunigung
  • Bremsen
  • Grip
  • Aerodynamik
  • Gewichtsverteilung
  • Kurveneingang
  • Umlegen
  • Chassis
  • Aufhängung
  • Reifen
  • Elektronik

Das spricht für Sepang als MotoGP-Winterteststrecke

Das tropische Klima: Gleich zwei Aspekte vereint Malaysia in sich, die man in dieser Kombination auf keiner einzigen Piste in Europa so vorfindet. In erster Linie muss hier natürlich das tropische Klima erwähnt werden. Durch seine Lage ganz nah am Äquator sind am Sepang International Circuit zu jeder Jahreszeit hohe Temperaturen garantiert. Allerdings lauert auch stets die Gefahr eines Monsunregens. Sofern von oben nicht zu viel herunterkommt, ist Malaysia somit ein guter Prüfstein für die Performance der Bikes und die Fitness der Fahrer.

Allround-Piste: Neben dem Klima spielt auch die Streckencharakteristik des Sepang International Circuit eine gewichtige Rolle. Die 1999 eröffnete Piste vereint alles in sich: Lange Geraden, harte Bremszonen, schnelle und langsame Kurvenkombinationen und technisch anspruchsvolle Passagen. Damit ist Sepang praktisch unverzichtbar und fordert jeden einzelnen Aspekt der Motorräder. Katar und Phillip Island verfügen nämlich fast ausschließlich über schnelle Passagen, während etwa Valencia und Jerez kleine, enge Strecken sind.

Das spricht für Phillip Island als MotoGP-Winterteststrecke

Hohe Geschwindigkeiten: Der Phillip Island Grand Prix Circuit war die schnellste Strecke im gesamten MotoGP-Zirkus - bis 2016 der Red Bull Ring in den Kalender rutschte. Im Gegensatz zum Stop-and-Go-Charakter der österreichischen Bahn, verfügt Phillip Island lediglich über eine einzige lange Gerade sowie ein sehr flüssiges, schnelles Layout. Ecken wie die Doohan-Kurve oder Stoner Corner sind berüchtigt und belasten die Reifen maximal. Die Teams haben daher vor allem die Reifen-Performance und den Reifen-Abbau im Auge, wenn in Down Under getestet wird.

Wetter-Einfluss: Nicht nur das Layout, auch die Lage der australischen High-Speed-Strecke ist einmalig: Auf einer Insel südlich von Melbourne, direkt an der Meeresküste. Das macht Phillip Island einerseits sehr windanfällig, andererseits kann das Wetter sehr schnell umschwingen. Die Kapriolen am Freitag beim Australien-GP stellten dies nochmals eindrucksvoll unter Beweis. Auch die Testfahrten 2016 waren von Regengüssen und Wind beeinflusst. Damit können die Bikes auf Phillip Island unter anderen Wetter-Extremen als in Malaysia ausprobiert werden.

Das spricht für Katar als MotoGP-Winterteststrecke

Anpassungen für den Auftakt: In Katar findet der letzte Drei-Tages-Test statt, ebenso wie der Saisonauftakt. Daher ist es für die Teams und Fahrer von essenzieller Bedeutung, sich selbst und ihr Paket bei den Testfahrten optimal für das erste Rennen einer neuen MotoGP-Saison vorzubereiten. Sowohl die Tests als auch das Rennen finden unter Flutlicht statt, was eine entsprechende Vorbereitung erfordert. Durch die Lage mitten in der Wüste liegt meist auch viel Sand auf dem Asphalt. Das macht die Strecke rutschig, worauf man sich ebenfalls einstellen muss.

Der Katar-Test wird genutzt, um das Bike für den Saisonauftakt abzustimmen, Foto: Suzuki
Der Katar-Test wird genutzt, um das Bike für den Saisonauftakt abzustimmen, Foto: Suzuki

Mittelschneller Charakter: Katar ist der dritte verschiedene Streckentypus im Testkalender der MotoGP. Während Phillip Island schnell und flüssig ist und Sepang von allem etwas hat, gilt Katar als Rennbahn mit mittelschnellen bis schnellen Kombinationen. Damit verfügt Katar über eine ähnliche Charakteristik wie beispielsweise Argentinien oder Aragon, weshalb ein gutes Grund-Setup wichtig ist. In Sachen Durchschnittsgeschwindigkeit liegt der Losail International Circuit mit ca. 168 km/h zwischen Phillip Island (ca. 181 km/h) und Sepang (ca. 165 km/h, Referenzwert ist jeweils der Rennrunden-Rekord).