Lange musste Cal Crutchlow auf seinen ersten Sieg in der MotoGP warten. Erst im 98. Anlauf klappte es mit einem Erfolg in der Königsklasse, Crutchlow gewann das Chaosrennen im regennassen Brünn. Und nur zwei Monate später ließ er auf Phillip Island Sieg Nummer zwei folgen. Und als das in den ersten sieben Rennen nach dem Ereignis, das angeblich jeden Rennfahrer dieser Welt um ein paar Hunderstel - oder Tausendstelsekunden langsamer werden lässt: die Geburt des ersten Kindes.

Neben Crutchlow sind nur zwei Fahrer im MotoGP-Feld 2017 Väter. Jonas Folger ist vielversprechender Rookie und Andrea Dovizioso mittlerweile ebenfalls zweifacher Sieger in der Königsklasse. Die Theorie der langsamen Rennpapas geht allerdings auf, und dennoch kann es wohl kein Zufall sein, dass nur drei von 23 MotoGP-Piloten bisher für Nachwuchs gesorgt haben. "Die Jungs glauben, dass ein Kind ihre Karriere beeinträchtigt", ist Crutchlow überzeugt.

Eine Überlegung, für die Crutchlow bei jungen Fahrer noch Verständnis hat, bei älteren Semestern mit ausreichenden Erfolgen aber nicht. "Es gibt genug Fahrer, die ein Vermögen verdient haben. Die haben 50 oder 60 Millionen am Konto. Das ist genug um sich zur Ruhe zu lassen, ein Kind zu bekommen und was anderes zu machen. Warum muss man da noch so verpicht auf Siege sein?", fragt sich der 31-Jährige, der 2014 seine Frau Lucy heiratete.

Im Regen von Brünn war Crutchlow nicht zu schalgen, Foto: LCR
Im Regen von Brünn war Crutchlow nicht zu schalgen, Foto: LCR

Crutchlow kennt den Racer-Egoismus

Einen weiteren Grund für den Mangel an Nachwuchs unter den MotoGP-Piloten kennt Crutchlow aber aus eigener Erfahrung nur zu gut: "Viele der Jungs hier haben auch keine Kinder, weil sie nicht in der Lage sind, es längere Zeit mit einer Partnerin auszuhalten. Rennfahrer sind Egoisten und da bin ich selbst keine Ausnahme. Aber Lucy ist bereit, das zu akzeptieren. Ich kann wirklich froh sein, sie zu haben. Sie hält mich am Boden."

Crutchlow sieht also durchaus Vorteile darin, als MotoGP-Pilot in einer festen Partnerschaft zu leben und auch Kinder zu haben. Er gesteht aber auch ein, dass sich dadurch die Prioritäten im Leben eines Rennfahrers ändern. "Du gehst mit einer ganz anderen Einstellung an die Sache heran", so Crutchlow. "Als ich bei meinem Sieg in Australien auf der letzten Runde war, habe ich mir nur gedacht: 'Fuck, jetzt sind die zwei nicht hier.' Ich habe gewonnen, aber war dennoch irgendwie enttäuscht. Das Gefühl, wenn man ein Rennen gewinnt, ist nichts gegen die Geburt eines eigenen Kindes."