Johann Zarco ist der alte und neue Weltmeister in der Moto2-Klasse, seine Konkurrenten Thomas Lüthi und Alex Rins haben keine Chance mehr, den Franzosen in dieser Saison noch in der Gesamtwertung zu überflügeln. Hat Suzuki damit auf das falsche Pferd gesetzt, als es darum ging, die Lücke auszufüllen, die der Weggang von Maverick Vinales hinterlässt? Diese Frage verneint nun Teamchef Davide Brivio im Gespräch mit der spanischen Marca.

Brivio: Rins offenbart mehr Potenzial für die Zukunft als Zarco

"Die Entscheidung wurde aus Gründen getroffen, die immer noch zählen. In der Hinsicht nämlich, dass Rins über ein unglaubliches Talent verfügt", so Brivio einleitend. Doch Talent alleine macht noch keine Champions aus, das hat Rins im Laufe seiner WM-Karriere bereits mehrfach unter Beweis gestellt. 2013 verlor er den Moto3-WM-Titel im Finale in Valencia in der allerletzten Kurve an seinen jetzigen Suzuki-Vorgänger Vinales, auch in diesem Jahr wollte es mit der Krönung nicht klappen.

Suzuki Teamchef Davide Brivio spekuliert darauf, Rins ähnlich aufbauen zu können wie Vinales, Foto: Suzuki
Suzuki Teamchef Davide Brivio spekuliert darauf, Rins ähnlich aufbauen zu können wie Vinales, Foto: Suzuki

Für Brivio steht daher das Potenzial, über das Rins verfügt, im Vordergrund. Der Spanier feiert am 8. Dezember seinen 21. Geburtstag und bestreitet aktuell seine fünfte Saison in der WM. Zarco dagegen zählt schon 26 Lenze und gilt mit seinen mittlerweile acht WM-Saisons schon als gestandener Profi. Brivio ist sich daher sicher, dass sich aus Rins noch mehr herauskitzeln lässt: "Er ist sehr jung und hat noch eine lange Karriere vor sich. Daher können wir mit ihm sicher gute Arbeit leisten."

Zarco beeindruckt Suzuki bei MotoGP-Test - doch das reicht nicht

Das heißt jedoch nicht, dass man bei Suzuki die Leistungen Zarcos nicht wertschätzt. Im Gegenteil. Der Franzose durfte bereits Mitte Juni einen Test auf der MotoGP-Suzuki in Suzuka absolvieren und hinterließ dabei einen bleibenden Eindruck. "Es war eine schwierige Entscheidung. Wir hatten diesen Test mit Zarco und er hat sich sehr gut geschlagen. Wir waren sehr beeindruckt", stellt Brivio klar. Trotzdem reichte dieses Bewerbungsschreiben nicht, um den jüngeren Rins auszustechen. Am 20. Juni gab Suzuki nämlich Rins als Vinales-Nachfolger bekannt und nicht Zarco.

Zarcos hervorragende Leistung beim Suzuki-Test reichte nicht, Foto: Tobias Linke
Zarcos hervorragende Leistung beim Suzuki-Test reichte nicht, Foto: Tobias Linke

"Wie immer im Leben, wenn eine Entscheidung ansteht, muss man die Dinge untereinander abwägen. So ist es einfach. Man muss die bestmögliche Entscheidung treffen", erklärt Brivio weiter und entschuldigt sich schon fast dafür, dass man für Zarco keinen Platz übrig hatte. Das ändert jedoch nichts an der hohen Wertschätzung, die der Moto2-Weltmeister bei den Japanern genießt: "Wir haben viel Respekt vor Zarco und glauben immer noch an ihn. Sicher wird er auch in der MotoGP ein großartiger Fahrer. Aber es gab eben nur Platz für einen Fahrer", so Brivio weiter.

Suzukis turbulenter Transfer-Sommer im Überblick

Ins Rollen gekommen war die Fahrer-Diskussion bei Suzuki spätestens, als am 18. April Jorge Lorenzos Wechsel von Yamaha zu Ducati für die Jahre 2017 und 2018 bekanntgegeben wurde. Sofort wurde Maverick Vinales als dessen Nachfolger gehandelt, was sich schließlich auch am 19. Mai bewahrheitete. An diesem Tag wurden Vinales' Weggang sowie die Verpflichtung des bei Ducati unerwünscht gewordenen Andrea Iannone bekannt. Damit war die Sache aber noch nicht erledigt, denn zum Einen durfte Johann Zarco Mitte Juni die GSX-RR testen, zum Anderen war Aleix Espargaros Zukunft im Team alles andere als sicher.

Gleich zwei Suzuki-Transfers wurden an einem Tag bekannt: Vinales geht und Iannone kommt, Foto: Suzuki
Gleich zwei Suzuki-Transfers wurden an einem Tag bekannt: Vinales geht und Iannone kommt, Foto: Suzuki

Anfang Juni schließlich geisterten erstmals Meldungen durch die internationalen Medien, dass sich Suzuki die Dienste von Alex Rins gesichert hätte. Diese Gerüchte bewahrheiteten sich schließlich durch Suzukis Bekanntgabe am 20. Juni. Damit stand fest: Die Blauen treten 2017 mit dem Duo Iannone/Rins an. Aleix Espargaro musste sich daher nach Alternativen umsehen und wurde bei Aprilia fündig, wo er am Assen-Wochenende als zweiter Fahrer für 2017 neben Sam Lowes vorgestellt wurde. Johann Zarco fand seinen MotoGP-Platz schließlich am 14. Juli, als ihn Tech3-Yamaha als künftigen Teamkollegen für Jonas Folger engagierte.