Der einfachste Charakter im Fahrerlager ist Jack Miller mit Sicherheit nicht. Was nach Rennsiegen in Moto3 und MotoGP für spaßige Feiereinlagen sorgt, kann in ernsten Situationen schwierig werden. Denn so erfrischend Millers exzentrische Art für die Zuschauer ist, so belastend wurde sie vor allem in den letzten Wochen für seinen Teamchef Michael Bartholemy. "Jack hat so eine starke Persönlichkeit, er will einfach immer fahren", klagte Bartholemy vor dem GP von Aragon. "Es ist ungeheuer schwer, ihm zu erklären, warum wir ihn nicht fahren lassen und das er einfach noch nicht fit genug ist."

Zur Eskalation der Auseinandersetzungen kam es dann in Tschechien. Nachdem Miller beim Warm-Up in Österreich stürzte und sich Rücken sowie Handgelenk verletzte, verbot ihm sein Team den Start in Brünn. Das stieß bei dem Australier auf wenig Gegenliebe, zumal er in den schwierigen Bedingungen eine weitere Siegchance für sich sah. "Als Crutchlow in Brünn dann gewonnen hat, hat er mich richtig beschimpft", gab Bartholemy zu. "Er sagte, ich hätte ihm diesen Sieg genommen, es wäre meine Schuld und meine Entscheidung gewesen. Wir haben viele Diskussionen geführt."

Jack Miller stürzte in Österreich, Foto: Tobias Linke
Jack Miller stürzte in Österreich, Foto: Tobias Linke

Erst ab einem gewissen Zeitpunkt beruhigte sich Miller und lenkte ein. Allerdings nicht ohne in Silverstone selbst aufs Bike zu steigen. Das Ergebnis war ein 16. Rang und damit vergebliche Liebesmüh ohne WM-Punkte. Danach begann Miller, Schritt für Schritt zu verstehen. "Danach hatten wir noch viele Gespräche, aber in Misano haben wir dann etwas Zeit miteinander verbracht. Er hat dann immer besser verstanden, dass der Körper Zeit braucht, um sich zu erholen", gab Bartholemy zu Protokoll. Es ist vor allem die Aussichtslosigkeit, die den MarcVDS-Teamchef davon abhielt, Miller ins Rennen zu schicken. "Man kann sich nicht in einer Woche erholen und der Knochen wäre einfach immer wieder gebrochen", ist er sich sicher. "Es war einfach die beste Entscheidung. Jack hat mich am Dienstag nach Misano aus Barcelona angerufen und sagte, er wäre glücklich, dass er sich diese Auszeit genommen hat."

Miller: Start in Japan so gut wie sicher

Ziel ist es jetzt, Miller zum Übersee-Auftakt in Japan wieder starten zu lassen. Bis dahin soll die Handverletzung des Australiers wieder vollständig verheilt sein, wie Bartholemy angibt. "Die Ärzte haben uns versichert, dass sein Handgelenk bis Motegi wieder komplett verheilt ist, weil es genug Zeit zur Erholung ist", so der MarcVDS-Teamchef, dem Millers Start in Japan auch kein Kopfzerbrechen mehr bereitet. "Ich bin froh, dass wir es so gemacht haben, denn jetzt habe ich kein schlechtes Gefühl im Bauch, wenn er wieder stürzt und ich mir Sorgen machen muss, wie es endet. In unserem Sport kann das zwar passieren, aber ich würde immer gern so wenig Risiko wie möglich eingehen", erklärt Bartholemy.

Auch alle Probleme in Sachen Rückenverletzung sollte Miller in Japan hinter sich gebracht haben. Bei seinem Sturz in Österreich zog er sich einen Haariss im T6-Wirbel zu. "Einige Ärzte sagen, dass die Rückenverletzung 40 bis 60 Tage braucht, um wieder komplett verheilt zu sein. Diese 60 Tage haben wir bis Japan auch erreicht", sagt Bartholemy. "Ich weiß natürlich noch nicht zu 100 Prozent, wie es in Motegi sein wird, aber die Ärzte haben uns versichert, dass Jack in sehr gutem Zustand sein wird."