Zwei Wochenenden hintereinander zwei Rennen unterschiedlicher Serien besuchen zu dürfen ist durchaus spannend. Vor allen Dingen, wenn es sich um die MotoGP in Misano und die Superbike-WM am Lausitzring handelt. Da muss einfach mal genauer hingeschaut werden. Durch den freiwilligen Wechsel von Stefan Bradl zu den Superbikes im nächsten Jahr ist die WSBK ja in letzter Zeit oft diskutiert worden. Beide Serien werden von der Dorna vermarktet. Und das ist, insbesondere wenn man länger nicht bei den Superbikes zu Gast war, sofort spürbar. Die seriennahen Bikes sind quasi zweite Liga - durchaus gewollt - aber das muss ja nicht direkt schlecht sein. Ein Vergleich zum Fußball sei an dieser Stelle gestattet. Wer schon mal beim FC St. Pauli im Stadion war, weiß nämlich, dass ein vernünftig aufgezogenes Zweitliga-Event im Zweifel unterhaltsamer ist als ein Standard-Erstliga-Kick. Denn genau so ging es mir in der Lausitz mit der WSBK. Die Handschrift der Dorna, rund um den MotoGP-erfahrenen Marketing Direktor Marc Saurina, ist an jeder Ecke spürbar. Und zwar extrem positiv. Rennsport mit dem Ansatz, ein Familien-Event zu werden. Mit günstigen Eintrittspreisen, Paddock-Show und einem offenen Fahrerlager. Ein klasse Ansatz, der weiter verfolgt werden sollte.

WSBK Lausitz: Leere Tribünen, und doch ein Erfolg

Die eingefleischten MotoGP-Fans unter den Zuschauern, die ich getroffen habe, fühlten sich sehr gut unterhalten. Und auch die Dorna-Verantwortlichen hatten durchaus Spaß am Lausitzring. Infrastruktur wie Pressezentrum, Fahrerlager und ähnliche Dingen bekamen höchstes Lob. Und so hat man von Dorna-Seite durchaus Hoffnung mit einem Dreijahresplan die WSBK in Deutschland wieder zu etablieren. Auch von Veranstalterseite war man nicht unzufrieden. 18.000 Karten wurden wohl abgesetzt. Was bedeutet, dass das WSBK-Comeback keine roten Zahlen geschrieben hat. Das 18.000 in der Lausitz eher aussehen wie 1.800 liegt an den gigantischen Tribünen, wofür aber keine der handelnden Personen etwas kann. Die im WSBK-Fahrerlager ja zahlreich anzutreffenden ehemaligen MotoGP-Weggefährten wie Nicky Hayden, Randy Krummenacher oder Jordi Torres scheinen sich in Ihrem neuen Zuhause auf jeden Fall sehr wohl zu fühlen. Was für die Fans spürbar ist.

Auch Superstars wie Nicky Hayden gibt es bei den Superbikes zum Anfassen, Foto: Tobias Linke
Auch Superstars wie Nicky Hayden gibt es bei den Superbikes zum Anfassen, Foto: Tobias Linke

Nicky Hayden schrieb hinter dem Truck eine Stunde Autogramme. Einfach so wohlgemerkt. Neben den offiziellen Terminen bei der Paddock-Show mit Autogrammstunde. "I like it a lot", war darauf angesprochen sein Kommentar. Und das merken die Fans. Und finden es gut. In der MotoGP natürlich undenkbar. In der WSBK gewollt. Und genau da liegt die Chance dieser Serie für die Zukunft. Vor allen Dingen für die deutsche Zukunft. Denn auch das Rahmenprogramm namens IDM könnte, wenn es sie denn dann noch gibt, von solch einer Publikumsnähe profitieren. Diese Publikumsnähe wird dann auch für die nächste Saison im Falle Stefan Bradl eine vielleicht größere Herausforderung als das Sportliche. Darauf muss sich Bradl einstellen. Fan-Nähe ist hier gewünscht und ein Muss. Nicky Hayden, sein zukünftiger Teamkollege, kann ihm das ja vielleicht schon am nächsten Wochenende in Aragon bei der MotoGP mal erklären.

WSBK hat eine Chance verdient

Aber geben wir Bradl und der WSBK eine Chance. Denn ich finde, das hat diese Serie verdient. Tolle Motorräder, gute Fahrer, guter Rennsport. Und das alles zu fairen Preisen. So dass man sich wirklich Fragen muss, warum nicht mehr Fans gekommen sind. Vielleicht weil sie nichts davon wussten? Vielleicht weil der übertragende Sender noch nicht mal vor Ort Präsenz zeigte, geschweige denn mal Hintergrund-Stories oder ähnliches aus der Superbike-Szene zu produzieren. Einfach nur World-Feed ausstrahlen und aus einem Studio fernab der Strecke zu kommentieren ist nicht gerade zeitgemäß und schon gar keine gute Promotion. In anderen Ländern funktioniert das ganz anders, wie man an den zahlreichen Live-Reportern beobachten konnte.

Die Rennen in der Lausitz hätten sich mehr Fans verdient gehabt, Foto: BMW
Die Rennen in der Lausitz hätten sich mehr Fans verdient gehabt, Foto: BMW

Und so ist am Ende auch der Fan aufgerufen, nicht immer nur zu meckern, sondern mit den Füßen abzustimmen. Und beim nächsten Mal in die Lausitz zu reisen. Was im Übrigen gar nicht so schlimm ist. Der Sachsenring, Dresden, Chemnitz, Leipzig oder Berlin - alles um die Ecke. Und nah dran an einer immer noch imposanten Anlage. Die ebenfalls eine Chance verdient hätte. Wie schon erwähnt: Die Infrastruktur ist Top. Wenn jetzt jemand endlich eine Neuasphaltierung der GP-Strecke, vielleicht mit leichter Kosmetik am Streckenlayout, finanziert, gäbe es nicht mehr viel zu meckern. Und als Fan muss einem die im Vergleich zur MotoGP geradezu entschleunigte Atmosphäre im Fahrerlager einfach gefallen. Und wenn dann 2017 auch noch Markus Reiterberger und Stefan Bradl vorne mitfahren, könnte es tatsächlich noch was werden. Mit der zweiten Liga, namens Superbike-WM. Und mit dem Lausitzring. Irgendwo im Nirgendwo. Was es aber auch woanders gibt. Der Lausitzring liegt nämlich im Vergleich zu Aragon, wo die MotoGP nächstes Wochenende gastiert, geradezu zentral. Superbike-WM - zweite Liga, klar. Aber oho. Und allemal tolle Rennsport-Unterhaltung. Die definitiv eine Chance in Deutschland verdient hat. Ich hoffe die deutschen Fans geben dem Ganzen eine Chance und kommen nächstes Mal in Strömen. Verdient hätten es alle Beteiligten.