Ein Mann sorgte in Silverstone dafür, dass die Herzen der britischen Fans am verregneten Samstag höher schlugen: Cal Crutchlow legte im MotoGP-Qualifying wahrlich eine Hammer-Runde hin, nahm der Konkurrenz zwischenzeitlich drei Sekunden ab und landete am Ende mit knapp einer Sekunde Vorsprung auf Valentino Rossi auf seiner ersten Heim-Pole. Dabei hatte sich der LCR-Pilot eigentlich eine ganz andere Strategie zurechtgelegt.

"Mir war nicht bewusst, wie schnell ich war", erklärt er verblüfft. "Ich habe nur etwas gepusht, dachte aber nicht, dass ich so sehr pushen würde. Im ersten Sektor war ich nicht besonders schnell und hatte eine Schrecksekunde, den Rest der Runde wollte ich es einfach nur zusammenhalten und dann in der nächsten Runde pushen, aber da machte ich einen Fehler in Turn 1." Crutchlow musste abdrehen und warf einen Blick auf den Zeitenmonitor, der ihm satte drei Sekunden Vorsprung anzeigte. Er folgert: "Alle anderen waren viel langsamer, vielleicht bin ich doch mehr Risiko eingegangen." Danach wollte der frischgebackene Vater nicht mehr so viel riskieren. "Den Rest der Session bin ich nur noch gecruist", gesteht er. "Der Regen wurde stärker und es wurde schwieriger. Ich habe einige andere Jungs stürzen gesehen und stellte sicher, dass ich es locker anging. Ich dachte, wenn ich wieder pushen müsste, wäre das ziemlich gefährlich. Aber wenn ich müssen hätte, hätte ich es getan. Ich habe im richtigen Moment etwas riskiert."

Crutchlow: Wetter im Rennen egal

Für das Rennen hat sich Crutchlow, der in Brünn seinen ersten MotoGP-Sieg bei schwierigen Bedingungen feiern konnte, ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: "Wir können in die Top 5 fahren. Im Trockenen sind die Ducatis auf der Geraden so schnell, auf der Honda muss ich viel mit dem Bike kämpfen. Im Regen beschleunigt man nicht so hart. Aber im Rennen werde ich 100% geben, egal, wie das Wetter ist." Insgesamt aber, so Crutchlow, hofft er auf ein Trockenrennen.

Cal Crutchlow macht die britischen Fans glücklich, Foto: LCR
Cal Crutchlow macht die britischen Fans glücklich, Foto: LCR

Dabei will er sich allerdings von den Erwartungen der Heim-Fans, die nach seinem Triumph und der Pole natürlich steigen, nicht unter Druck setzen lassen, so der Brite: "Klar fühle ich etwas Druck, das wird vor britischen Fans immer so sein. Das ist normal. Natürlich stehen die britischen Fahrer hier etwas unter Druck, aber ich denke, nicht sehr viel. Ich werde alles versuchen, mehr kann ich nicht tun." Immerhin bescherte Crutchlow mit seiner Fabelzeit von 2:19.256 die erste Heim-Pole in der Königsklasse seit Barry Sheene 1977.

Neues Honda-Chassis für Crutchlow

Ein Teil der starken Performance der LCR-Honda liegt möglicherweise an einem neuen Chassis, das im Qualifying zum Einsatz kam. "Das stimmt, ich habe das neue Chassis benutzt", bestätigt Crutchlow. "Honda wollte, dass ich es ausprobiere. Ich habe für das Rennen noch keine endgültige Entscheidung getroffen, aber es fühlt sich gut an, etwas anders. In mancher Hinsicht ist es besser, in anderer schlechter. Vielleicht fahren wir damit das Rennen."

Auch insgesamt hat sich das Verhalten der Honda für Crutchlow gebessert. Er erklärt: "Honda arbeitet generell gut. Es ist immer noch schwierig, das Bike zu fahren, es ist sehr körperlich. Aber wir haben es geschafft, dass es für mich funktioniert. Es ist jetzt unter nassen und trockenen Bedingungen gut. Die Situation wird etwas besser." Dann aber schränkt er ein: "Weil die Motoren versiegelt sind, ist es natürlich schwierig, da etwas zu verbessern. Aber insgesamt bin ich zufrieden und hoffe, dass wir für nächstes Jahr noch etwas finden."