Marc Marquez geht mit einem satten Vorsprung von 53 Zählern in die letzten sieben Saisonrennen der MotoGP-Saison 2016. Seit dem Grand Prix in Brünn ist es Valentino Rossi, der im teaminternen Duell der beiden Yamaha-Piloten gegenüber Jorge Lorenzo die Nase vorne hat und so erster Verfolger von Marquez in der Weltmeisterschaft ist. Nun soll Rossi eine Waffe erhalten, die ihm sowohl im Kampf gegen Lorenzo als auch in der Aufholjagd auf Marquez von Nutzen sein könnte.

Rossi testete nämlich am Montag nach dem Tschechien-GP in Brünn ein neues Chassis für seine Yamaha M1, mit dem er sich trotz schwieriger Verhältnisse auf der nach den starken Regenfällen von Sonntag sehr schmutzigen Piste sofort pudelwohl fühlte. "Ich mag den neuen Rahmen sehr", stellte Rossi nach 60 Runden am Montag zufrieden fest. "Mein Gefühl für das Motorrad hat sich sofort verbessert und ich kann nun schneller in die Kurven einfahren, weil das Bike stabiler ist. Auch beim Anbremsen fühlt es sich super an."

Marquez und Lorenzo treten auf der Stelle

Daher möchte Rossi keine unnötige Zeit mehr mit dem bisherigen Chassis verlieren. "Ich hoffe, dass wir die neue Version schnellstmöglich auch im Rennen verwenden können", stellte er klar. "Natürlich müssen wir erst mit Yamaha klären, was möglich ist, aber ich hätte es in dieser Saison noch sehr gerne im Einsatz." Das neue Chassis könnte für Rossi zu einer Art Turbo in der entscheidenden Phase der Weltmeisterschaft werden, denn bei den Konkurrenten Marc Marquez und Jorge Lorenzo blieb der große Schritt nach vorne aus. "Wir wollten uns am Kurvenausgang verbessern, aber es ist uns nicht gelungen. In ein paar Bereichen haben wir uns verbessert, in anderen dafür verloren. Am Ende war das Setup vom Sonntag der beste Kompromiss", musste Marquez feststellen.

Marquez kämpft weiterhin mit mächtigen Wheelys, Foto: Repsol
Marquez kämpft weiterhin mit mächtigen Wheelys, Foto: Repsol

Für Lorenzo gab es keine großen Fortschritte, weil er im Gegensatz zu Rossi keinen neuen Rahmen zur Verfügung hatte. In der Vergangenheit bekamen stets beide Piloten dieselben Teile für Tests zur Verfügung gestellt. Möglicherweise also erste Anzeichen dafür, dass man den am Saisonende 2016 zu Ducati abwandernden Lorenzo nicht mehr allzu tief in die weitere Entwicklung der Yamaha M1 einbinden will, auch wenn Lorenzo selbst das natürlich nicht so sehen wollte: "Ich denke nicht, dass das der Grund war. Valentino und ich bevorzugen einfach eine andere Richtung beim Chassis. Der neue Rahmen war ein weiterer Schritt in eine Richtung, die mir bisher schon nicht gefallen hat. Es hatte also keinen Sinn, das zu versuchen." Yamaha hat also Lorenzo nicht unbedingt völlig von der Weiterentwicklung ausgeschlossen, ihm mit dem eingeschlagenen Kurs in Richtung Rossi aber klar zu verstehen gegeben, welcher Pilot teamintern von nun an Priorität hat.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Jorge Lorenzos Abschied von Yamaha hat bereits begonnen. Zwar schleichend, doch es ist seit längerem spürbar, dass der amtierende Weltmeister bei seinem langjährigen Arbeitgeber nicht mehr so wirklich zuhause ist. Mit der Entscheidung, die Entwicklung der M1 vermehrt in der Richtung von Valentino Rossi voran zu treiben, zeigt sich das nun auch erstmals ganz deutlich. Hart für Lorenzo, doch damit musste er rechnen. Die Vorgehensweise von Yamaha ist absolut verständlich und im hochkarätigen Motorsport, egal ob er nun MotoGP oder Formel 1 heißt, einfach üblich. Niemand lässt gerne einen Spitzenpiloten zur direkten Konkurrenz gehen und gibt ihm dabei noch massenhaft Firmeninterna als Abschiedsgeschenkmit auf den Weg. (Markus Zörweg)