Jack Miller hat das MotoGP-Rennen in Assen gewonnen und damit sein eigenes, ganz persönliches Märchen wahr gemacht. Beim Wetterchaos in den Niederlanden war der Grat zwischen Sieg und Niederlage noch schmaler als sonst, siehe Valentino Rossi. Jack Miller dagegen hat alles richtig gemacht und seinen ersten MotoGP-Sieg eingefahren. Motorsport-Magazin.com zeigt in seiner Rennanalyse die Faktoren auf, die schließlich zum Miller-Sieg führten.

Sieg-Faktor 1 für Miller: Sitzen bleiben

Im Gegensatz zu vielen Piloten behielt Jack Miller die Kontrolle über sein Bike, Foto: Screenshot
Im Gegensatz zu vielen Piloten behielt Jack Miller die Kontrolle über sein Bike, Foto: Screenshot

Bei den widrigen Verhältnissen während des Assen-GP war es auch für gestandene MotoGP-Fahrer viel zu einfach, die Kontrolle über das Motorrad zu verlieren. Im ersten Rennen stürzten bereits Yonny Hernandez und Andrea Iannone. Doch die große Sturzwelle sollte erst nach dem Neustart folgen. Mit Esteve Rabat, Dani Pedrosa, Bradley Smith, Alvaro Bautista, Michele Pirro, Valentino Rossi, Andrea Dovizioso, Aleix Espargaro und Cal Crutchlow gingen nicht weniger als neun Fahrer im zweiten Rennen zu Boden, zudem rollte Danilo Petrucci wegen eines technischen Defekts aus. Dovizioso schob für den Sturzreigen Reifenhersteller Michelin den Schwarzen Peter zu: "Der Grund warum Vale, ich und viele andere Fahrer gestürzt sind, war der Vorderreifen. Der hat überhaupt nicht funktioniert." Miller hingegen trotzte den Bedingungen, blieb im Sattel und schaffte so die Grundvoraussetzung für ein Top-Ergebnis.

Sieg-Faktor 2 für Miller: Regen kaschiert Hondas Schwächen

Im Regen können die Hondas plötzlich mit den Top-Fahrern mithalten, Foto: LCR Honda
Im Regen können die Hondas plötzlich mit den Top-Fahrern mithalten, Foto: LCR Honda

Die MotoGP-Honda Baujahr 2016 gilt als problematisches Bike. Zu aggressiver Motor, die Elektronik hat man immer noch nicht optimal darauf abstimmen können. Besonders die Kundenteams LCR und MarcVDS bekommen dies auf leidvolle Art und Weise zu spüren, denn sie erhalten Updates, wenn überhaupt, erst nach dem Repsol-Werksteam. Wenn es eine Chance gibt, diese Probleme zu umfahren, dann ist das im Regen. Hier spielt die mangelhafte Beschleunigung der Honda nur eine untergeordnete Rolle. Miller und Marc Marquez untermauerten in Assen diese Beobachtung: Sie sind als einzige Honda-Piloten sturzfrei über die Runden gekommen und sahen prompt als Erster und Zweiter die Zielflagge. Auch Millers Teamkollege Rabat lag vor seinem Sturz immerhin in den Top-7.

Sieg-Faktor 3 für Miller: Erwachsener Marquez

Unter normalen Umständen würde Jack Miller nicht vor Marc Marquez landen. In Assen aber hat der Australier genau das geschafft. Neben der eigenen Top-Form im Regen hängt das auch mit der Einstellung zusammen, mit der Marquez in die beiden Assen-Läufe gegangen ist. "Heute war sicherlich ein Rennen, in dem man viel gewinnen oder verlieren konnte. Mir war es daher das Wichtigste, ins Ziel zu kommen", bekräftigte Marquez, der sich in der MotoGP-Saison 2016 deutlich gereifter präsentiert als noch in den Jahren zuvor.

Ein Blick auf die Zeitenliste im zweiten Rennen bestätigt dies. Marquez fuhr nur in der ersten und in der letzten Runde des Rennens schneller als Miller und passte seinen Speed ansonsten so an, dass er in den diffizilen Verhältnissen während des Rennens nicht in Sturzgefahr gerät. Punkte holen war das oberste Gebot für den Repsol-Honda-Piloten: "Ich habe das Rennen einfach nur noch verwaltet und Rang zwei kontrolliert. Valentino war ja bereits draußen und Jorge weit zurück. Da war der zweite Platz genug für mich und er fühlt sich ehrlich gesagt wie ein Sieg an."

Sieg-Faktor 4 für Miller: Eigene Stärke im Regen

Regen ist bekanntlich immer ein Gleichmacher. Dass es Jack Miller dann drauf hat, sich selbst mit den besten MotoGP-Piloten zu messen, hatte der Australier bereits 2015 in Silverstone gezeigt. Schon damals kämpfte sich Miller auf der hoffnungslos unterlegenen Open-Honda im Nassen von weit hinten in der Startaufstellung bis in die Top-5 nach vorne, ehe der Unfall das Rennen für beide damaligen LCR-Piloten beendete. An diese Leistung knüpfte Miller in Assen an. Seine Aufholjagd in Lauf eins von Startplatz 18 auf Rang acht war noch fernab von den TV-Kameras geblieben. Diese hatten sich zu diesem Zeitpunkt noch auf den Kampf an der Spitze zwischen Hernandez, Rossi und Dovizioso konzentriert.

Schon 2015 in Silverstone war Miller verdammt schnell auf nasser Strecke, Foto: LCR Honda
Schon 2015 in Silverstone war Miller verdammt schnell auf nasser Strecke, Foto: LCR Honda

Doch mit seiner furiosen Fahrt in Lauf zwei fuhr sich Miller schnell ins Rampenlicht. Von Platz acht aus gab es nur eine Richtung für den Australier: nach vorne. Am Ende der ersten Runde lag er auf Position vier, kurz darauf stürzten Rossi und Dovizioso. Marquez war schließlich am Ende von Runde vier fällig. Seine eigene Regenstärke erklärte Miller hinterher schnippisch. "Es scheint so, als seien alle Australier schnell im Regen", spielt der Honda-Pilot auf die Top-Leistungen von Fahrern wie Chris Vermeulen und Anthony West auf nasser Strecke an. Miller steht dem offensichtlich in Nichts nach.