Der Unfalltod von Luis Salom am Freitag überschattet das gesamte Rennwochenende in Barcelona. Doch die Show muss weitergehen und auf ausdrücklichen Wunsch von Saloms Familie tat sie das am Samstag mit den Trainings und Qualifyings aller drei Klassen auch. Einfach vergessen sind der Unfall, seine Umstände und auch die Auswirkungen aber noch lange nicht. Im MotoGP-Paddock gingen am Samstag gleich mehrfach die Emotionen hoch - ein Beweis dafür, wie nahe der Tod Saloms jeder einzelnen Person in diesem Fahrerlager geht. Motorsport-Magazin.com fasst für euch die Ereignisse des Tages zusammen:

Fahrer forderten Umbau von Kurve 12

Luis Salom verunglückte in Kurve 12. Die relativ kleine Auslaufzone in dieser schnellen Kurve war für ihn zu klein, der Airfence vor der Leitschiene reichte nicht aus. Am Samstag brandeten daher Diskussionen auf, warum an diesem Problem nicht schon früher gearbeitet wurde. Da dieser Streckenabschnitt ja nicht von der Formel 1 befahren wird, würde nichts gegen ein Kiesbett an dieser Stelle sprechen, so der einhellige Tenor. Kies statt Asphalt in der Auslaufzone hätte Salom stärker gebremst und ihm das Leben retten können. Die Antwort von Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta auf die Frage, ob die Fahrer ihn je auf die Gefahren von Kurve zwölf aufmerksam gemacht hätten, fiel in einer Pressekonferenz von ihm und dem FIM-Sicherheitsbeauftragten Franco Uncini relativ simpel aus: "Nein."

Eine Aussage, der Valentino Rossi einige Stunden später in seiner Medienrunde entschieden widersprach. "Ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass wir vor zwei Jahren nach einem Sturz von Niccolo Antonelli über diese Kurve diskutiert haben", stellte Rossi entschieden fest. "Wir haben eine größere Auslaufzone gefordert, aber uns wurde gesagt, dass das aufgrund der dahinter stehenden Tribünen und den somit sehr hohen Kosten für einen Umbau nicht möglich ist. Stattdessen wurde der Airfence dort angebracht."

Aussage gegen Aussage also. Als ein italienischer Journalistenkollege in der Qualifying-Pressekonferenz wissen wollte, wer denn nun die Unwahrheit sage - Fahrer oder Dorna - wurde Moto2-Polesetter Johann Zarco sauer. "Das ist wirklich eine scheiß Frage. Du solltest deinen Mund halten", ließ er den Fragesteller wissen. "Du suchst hier nach einem Problem, aber das hat keinen Sinn. Das wahre Problem gab es gestern. Behalt diese Frage einfach für dich." MotoGP-Pole-Mann Marc Marquez griff beschwichtigend ein: "Niemand hat gelogen! Wir haben in der Vergangenheit über Kurve zwölf gesprochen. Dann wurden die Airfences installiert und wir Fahrer waren uns einig, dass es sich dabei um eine gute Lösung handelt. An dieser Stelle ist es nicht möglich, mehr Platz zu schaffen. Dass etwas wie am Freitag passiert, damit konnte ja niemand rechnen."

Was war in der Safety Commission los?

Ein weiterer Punkt, der in der Pressekonferenz zu Meinungsverschiedenheiten führte, war das Zustandekommen der Änderungen im Streckenlayout. Der Wechsel zur Streckenführung der Formel 1 wurde am Freitagabend ja von der Safety Commission beschlossen und am Samstag dann bereits umgesetzt. Ein Meeting der Safety Commission findet an jedem Rennwochenende freitags um 17:30 statt. Ihr gehören die Rennleitung, Vertreter der Dorna sowie die Sicherheitsexperten und Ex-Piloten Franco Uncini und Loris Capirossi an. Alle Fahrer der Klassen MotoGP, Moto2 und Moto3 sind zu den Meetings eingeladen, dürfen dort ihre Standpunkte darlegen und sind so in den Entscheidungsfindungsprozess involviert. Die Motivation der Piloten, an den Treffen teilzunehmen, ist aber enden wollend. Mehr als zehn Fahrer nehmen selten teil. Im Normalfall kommen sie alle aus der MotoGP, da die Starter hier über die umfangreichste Erfahrung verfügen und auch den größten Gefahren ausgesetzt sind.

Auch am Freitag in Barcelona waren die üblichen Verdächtigen vertreten, wie Marc Marquez - einer der regelmäßigen Teilnehmer - klarstellte: "Es sind dieselben neun oder zehn Leute gewesen wie immer." Jorge Lorenzo war, wie im Normalfall auch sonst, keiner von ihnen und fühlte sich ausgegrenzt. "Ich wurde nicht über das Treffen informiert und verstehe nicht, wieso bei so einer wichtigen Entscheidung wie einer Streckenänderung nicht alle Fahrer zusammenkommen können und eine Lösung finden. Die Änderung in Kurve zehn war meiner Meinung nach etwa nicht nötig", ärgerte sich der amtierende Weltmeister. Marquez konnte dazu nur den Kopf schütteln: "Das Meeting ist immer am Freitag um 17:30 und dieses Mal auch." Lorenzo hielt dann fest, dass die Treffen ja sonst immer in den Büros der Dorna stattfinden würden, dieses Mal habe man sich aber direkt in Kurve zwölf getroffen. "Wir waren zuerst 45 Minuten im Büro, so wie immer. Erst dann sind wir auf die Strecke raus, um uns die möglichen Änderungen in der Realität anzusehen", hielt Marquez entgegen.

Marquez und Lorenzo waren sich beim Thema der Safety Commission uneins, Foto: Tobias Linke
Marquez und Lorenzo waren sich beim Thema der Safety Commission uneins, Foto: Tobias Linke

Fest steht, dass Lorenzo und auch Yamaha-Teamkollege Valentino Rossi durch die neue Streckenführung im Vergleich zu Honda an Boden verloren haben, was wohl auch ein Grund für Lorenzos Ärger sein könnte. "Aber wenn es die Sicherheit verbessert, ist es schon okay", relativierte Lorenzo am Ende. Rossi konnte sich die Änderung im Bereich von Kurve zehn, die nun deutlich langsamer ist, ebenfalls nicht erklären. Er hatte wie Lorenzo nicht an dem Treffen teilgenommen, da er laut eigener Aussage andere Verpflichtungen hatte.

Aufregung um Video von Saloms Sturz

Zum ersten Mal gingen am Samstag bereits die Emotionen in der eingangs erwähnten Pressekonferenz von Carmelo Ezpeleta und Franco Uncini hoch. Auf der offiziellen Seite der MotoGP wurde noch am Freitagabend ein Video veröffentlicht, dass den tödlichen Unfall Saloms zeigt. Der Sturz war nicht im Fernsehen sichtbar, die Überwachungskameras der Strecke hielten den Crash aber fest. Journalistenkollegen aus Großbritannien zeigten sich mehr als irritiert über die Veröffentlichung des nur elf Sekunden langen Clips und fragten Ezpeleta, ob er denn über die so generierten Zugriffe auf seiner Website glücklich sei.

Ezpeleta reagierte überrascht: "Das ist das einzige Bildmaterial das es gibt und wir haben uns dazu entschlossen, es zu veröffentlichen. Ich weiß nicht ob es richtig war. Man kann in solchen Situationen immer etwas besser machen, aber wir haben uns so entschieden." Am Samstagabend konnte das Video auf der MotoGP-Website immer noch angesehen werden, die Dorna scheint der Entscheidung also treu zu bleiben.