Wenn man sich an die desaströsen Vorsaison-Tests in Valencia 2015 erinnert, ist die solide Performance der Michelin-Reifen beim Saison-Auftaktrennen eine echte Überraschung. Zwar waren einige Piloten bereits während der Testfahrten des Lobes voll, mit einer derartigen Super-Pace im Nachtrennen von Katar hätte aber sicher niemand gerechnet. Das sieht auch der Viertplatzierte, Valentino Rossi, so: "Die Pace war wirklich eine Überraschung, Michelin hat einen tollen Job gemacht. Mit so einer Pace hat wirklich niemand gerechnet."

In Sachen Pace hat die MotoGP mit Michelin mächtig zugelegt. Im Vorjahr kam die schnellste Rennrunde mit den Bridgestone-Reifen von Rennsieger Rossi, der eine 1:55.267 in den Asphalt brannte. Davon ist man 2016 weit entfernt, allerdings im positivem Sinne. Lorenzo schaffte es mit den neuen Michelin-Pneus auf eine 1:54.927 und schlug Rossis Zeit mit den alten Reifen damit um 0.034 Sekunden. Ohne Probleme gelang dem amtierenden Weltmeister diese Leistung jedoch nicht. "Mit dem neuen Frontreifen von Michelin kann ich nicht genauso bremsen wie mit den Bridgestone-Reifen, aber zumindest ähnlich. Der Hinterreifen ist sehr gut und hat viel Traktion. Die Reifen nutzen sich aber ein bisschen anders ab als die Bridgestones. Man muss ein bisschen mehr sliden."

Katar-GP: Die Session-Bestzeiten 2015

SessionFahrerTeamZeit
FP1Marc MarquezHonda1:55.281
FP2Marc MarquezHonda1:54.828
FP3Marc MarquezHonda1:54.822
FP4Andrea IannoneDucati1:55.088
QP2Andrea DoviziosoDucati1:54.114
WPMarc MarquezHonda1:55.819
RACEValentino RossiYamaha1:55.267

Katar-GP: Die Session-Bestzeiten 2016

SessionFahrerTeamZeit
FP1Jorge LorenzoYamaha1:55.440
FP2Andrea IannoneDucati1:55.388
FP3Andrea IannoneDucati1:54.639
FP4Jorge LorenzoYamaha1:55.301
QP2Jorge LorenzoYamaha1:54.543
WPMarc MarquezHonda1:55.400
RACEJorge LorenzoYamaha1:54.927

Einem Fahrer, dem dies sehr gelegen kommt, ist natürlich Marc Marquez. Der Honda-Pilot ist berüchtigt für seinen wilden Fahrstil mit vielen Slides. Dementsprechend fröhlich gestimmt war Marquez nicht nur wegen seinem unerwarteten dritten Rang. "Mit den Michelin-Reifen bremse ich genauso, wenn nicht sogar später, als mit den Bridgestone-Reifen", freut sich Marquez, der allerdings auch Probleme mit den Michelin-Pneus hatte. "Auf dem weichen Hinterreifen hätte ich das Rennen nicht zu Ende fahren können, deshalb habe ich mich für den harten entschieden", so der mehrfache Weltmeister.

Während der Testfahrten in Sepang arbeitete man bei Michelin auf Hochtouren, um die Pneus weiterzuentwickeln, Foto: Milagro
Während der Testfahrten in Sepang arbeitete man bei Michelin auf Hochtouren, um die Pneus weiterzuentwickeln, Foto: Milagro

Genau diese Mischung wäre aber nötig gewesen, um auf die komplette Renndistanz am Limit mitgehen zu können. Im Vorjahr waren die Fahrer mit den härteren Reifen im Vorteil gewesen, 2016 schien es umgekehrt, wie Rossi und Marquez feststellten. Die beiden Erzrivalen gingen nämlich beide auf der härteren Mischung ins Rennen. "Marquez und ich mit den härteren Reifen scheinen im Laufe des Rennens mehr gelitten zu haben als Lorenzo und Iannone mit den weicheren", stellt Rossi fest. Marquez machte dieselbe Feststellung: "Ich dachte, sie [Lorenzo und Dovizioso, Anm. d. Redaktion] würden langsamer werden, aber genau das Gegenteil war der Fall."

Für die Fahrer ist es damit nun noch wichtiger, die neuen Pneus so schnell wie möglich zu verstehen. Auf der Strecke von Termas de Rio Honda in Argentinien hat noch kein Fahrer im Feld Erfahrungen auf Michelin-Gummi, eine schnelle Anpassung an die neuen Umstände bringt hier also einen bedeutenden Vorteil. Wenn man nach den Erfahrungen aus Katar urteilt, wird das Rennen mit Michelin jedoch wieder deutlich schneller werden. Das Abschluss-Urteil des Doktors fällt dennoch positiv aus, zumindest irgendwie: "Letztes Jahr war das Rennen trotzdem besser. Es waren mehr Überholmanöver darin, dieses Jahr sind alle hintereinander gefahren. Trotzdem lief es nicht so schlecht, lieber Vierter und zwei Sekunden hinter dem Ersten, als Zweiter oder Dritter und zehn Sekunden hinter dem Sieger." Die Sorgen, die das MotoGP-Paddock im November noch hatte, dürften spätestens mit dem Highspeed-Rennen in Katar Geschichte sein.