1:29.131 Minuten brauchte Maverick Vinales am Donnerstag für seine schnellste Runde auf Phillip Island. Damit lag er weniger als acht Zehntelsekunden über der Pole-Position-Zeit aus dem Vorjahr. Diese Pace konnte keiner der restlichen 19 Piloten mitgehen, auch nicht der Polesitter von 2015, Marc Marquez. Er landete mit 0,161 Sekunden Rückstand auf Rang zwei, das Yamaha-Duo Jorge Lorenzo und Valentino Rossi reihte sich dahinter ein. Vinales stellte die Superstars also bei dieses Mal im Gegensatz zu Mittwoch fairen Bedingungen deutlich in den Schatten. Für viele Fans eine Überraschung, eigentlich aber sogar eine Bestzeit mit Ansage - aus mehreren Gründen.

Vinales + Phillip Island = Liebe

Maverick Vinales und Phillip Island - das passt einfach zusammen. In der Moto2 gewann er hier auf Anhieb und auch bei seinem ersten MotoGP-Auftritt 2015 lieferte Vinales in Australien eine echte Talentprobe ab. Auf dem schnellsten Kurs im Kalender der Motorrad-Weltmeisterschaft, auf dem der Fahrer einen größeren Unterschied machen kann als auf allen anderen Strecken, zeigte er seine beste Saisonleistung. Seinen routinierten Teamkollegen Aleix Espargaro hatte er in jeder einzelnen Session im Griff. Die Glanzlichter: Rang drei im zweiten Training, Platz sechs sowohl in der Startaufstellung als auch im Endergebnis. Und das, obwohl Vinales mit der leistungsschwachen Suzuki etwa im Qualifying auf der Start-Ziel-Geraden knapp 20 Stundenkilometer im Vergleich mit den schnellsten Fahrern fehlten.

Vinales fuhr 2015 auf Phillip Island ein herausragendes Rennen, Foto: Suzuki
Vinales fuhr 2015 auf Phillip Island ein herausragendes Rennen, Foto: Suzuki

Eine sensationelle Leistung Vinales', die er nun bei den Testfahrten absolut bestätigt. Vor seiner Bestzeit am Donnerstag hatte er ja am Mittwoch bei wechselnden Bedingungen schon Rang zwei belegt. "Die Strecke hat sicher ihren Teil zu meiner Bestzeit beigetragen", schmunzelte Vinales nach dem zweiten Testtag. "Ich fühle mich hier einfach richtig wohl. Gestern hatte ich schon ein super Gefühl, obwohl wir nur so wenige Runden fahren konnten. Ich bin hier immer schnell und kann meine Eindrücke auch einfach besser an die Mechaniker weitergeben - bei allen Bedingungen!"

Suzuki macht Boden gut

Vinales Input an seine Crew scheint sich definitiv bezahlt gemacht zu haben. Im Laufe der 64 Runden, die er am Donnerstag abspulte, kämpfte er sich kontinuierlich die Zeitenliste nach oben, erst kurz vor Ende der Session stand er auf Platz eins. "Wir haben heute wirklich gute Arbeit geleistet. Nicht nur, weil meine Rundenzeit am Ende echt stark war, sondern auch weil wir das Motorrad sehr geduldig verbessern konnten", erklärt Vinales die strategische Vorgangsweise seines Teams. "Wir haben immer nur kleine Veränderungen gemacht, aber damit immer einen ordentlichen Schritt nach vorne geschafft. So haben wir am Ende eine richtig gute Pace erreicht."

Vinales steigerte sich am Donnerstag kontinuierlich, Foto: Suzuki
Vinales steigerte sich am Donnerstag kontinuierlich, Foto: Suzuki

Generell scheint Suzuki im Vergleich zum Comeback-Jahr 2015 in dieser Saison deutlich näher an der Konkurrenz dran zu sein. Der im Vorjahr noch viel zu schwache Reihen-Vierzylinder dürfte mittlerweile über etwas mehr Leistung verfügen, den großen Sprung hat Suzuki aber bei einem anderen Bauteil gemacht. Das stufenlose Getriebe, wie es von allen anderen Herstellern bereits im Vorjahr eingesetzt wurde, arbeitet nun auch endlich in der GSX-RR. Oft wurde das Debüt, eigentlich im Laufe der Saison 2015 geplant, verschoben, nun ist man so weit. In Sepang waren die Suzuki-Piloten bereits mit dem 'Seamless-Getriebe' unterwegs, damals funktionierte der Gangwechsel ohne Unterbrechung der Kraftübertragung aber nur beim Hochschalten, nun ist das auch in die entgegengesetzte Richtung möglich.

Während das neue Getriebe beim Hochschalten vor allem bessere Beschleunigung und mehr Topspeed bringt, ermöglicht es beim Herunterschalten einen effektiveren Einsatz der Motorbremse und so eine insgesamt ruhigere und besser kontrollierbare Verzögerung. "Das ist ein großer Fortschritt für uns", bestätigt Vinales. "Wir können viel konstantere Rundenzeiten fahren."

Reglement spielt Suzuki und Vinales in die Karten

Dass die Suzuki auf Phillip Island so ausgezeichnet funktioniert, ist aber nicht nur dem stufenlosen Getriebe und dem ohnehin schon im Vorjahr exzellenten Chassis der GSX-RR geschuldet. Die gravierenden Reglement-Änderungen 2016 - verpflichtende Einheitselektronik für alle Hersteller und Wechsel des Reifenlieferanten von Bridgestone zu Michelin - sind ideal für Suzuki. Vor allem der Hinterreifen von Michelin scheint wie gemacht für die GSX-RR. "Das Motorrad rutscht am Kurvenausgang weniger, wir haben mehr Grip und weniger Wheelspin. Auch in den Schräglagen bietet der neue Hinterreifen mehr Haftung", freute sich Vinales schon nach den ersten Runden im November in Valencia. Sein Teamkollege Aleix Espargaro stimmte völlig zu: "Der Hinterreifen ist großartig. Es ist kaum Bewegung im Motorrad, man kann unglaublich stabil fahren."

Schon in Valencia fühlte sich Vinales auf den Michelin-Slicks pudelwohl, Foto: Suzuki
Schon in Valencia fühlte sich Vinales auf den Michelin-Slicks pudelwohl, Foto: Suzuki

Am Donnerstag in Phillip Island landete Espargaro übrigens nur auf dem 15. Rang, knapp 1,5 Sekunden hinter Vinales. Espargaro war aber nicht völlig fit: "Ich hatte Probleme mit meinem Arm und konnte nicht so fahren, wie ich wollte. Das hatte nichts mit dem Motorrad oder den Reifen zu tun. Das Problem heute war einzig und allein ich. Maverick hat gezeigt, wozu wir mit dem neuen stufenlose Getriebe in der Lage sind." Das scheint in der Tat eine Menge zu sein, vor allem wenn Suzuki die Pace der Phillip Island Tests auch auf anderen Strecken und vor allem über eine Renndistanz umsetzen kann.