Die MotoGP-Saison 2016 steht vor der Tür, doch noch immer erhitzt das Finale 2015 die Gemüter. Nachdem FIM und Dorna sich weigern, die von Honda zur Verfügung gestellten Telemetriedaten der Sepang-Kollision zwischen Valentino Rossi und Marc Marquez öffentlich zu machen, kochten die Verschwörungstheorien rund um eine spanische Mafia, die Lorenzo um jeden Preis zum Weltmeister machen wollte, wieder hoch.

Mit Giacomo Agostini, Rekordweltmeister der Motorrad-WM und eine der angesehensten Persönlichkeiten im MotoGP-Paddock, gibt es aber einen prominenten Gegner dieser Theorien. "Es gab keine Verschwörung gegen Rossi", stellt er im Gespräch mit 'As' klar. Er erinnert an die Mentalität der Spitzenpiloten. "Weder Marquez noch Lorenzo noch Pedrosa wollen, dass irgendjemand anderer als sie selbst gewinnt. Die Dinge sind zwar dann zugunsten Lorenzos gelaufen, aber eine Abmachung war das nicht."

Agostini ärgert sich über Unbelehrbare

Agostini zeigt wenig Verständnis dafür, dass nach wie vor Betrugsvorwürfe auf Lorenzo und Marquez einprasseln. "Wir sollten damit aufhören und wieder nach vorne blicken, aber wenn die Leute daran glauben wollen, dann werden sie es wohl ihr ganzes Leben lang tun. Es gibt einfach viele Menschen, die nur mit ihrem Herzen und nicht mit ihrem Kopf denken. Es ist sehr schwer, ihre Meinung zu ändern", richtet sich 'Ago' an die Fans von Valentino Rossi, die in den vergangenen Monaten in bisher nicht bekannter Härte virtuell auf dessen spanische Rivalen eingeprügelt hatten, vor allem in Sozialen Medien wie Facebook oder Twitter.

Dabei will Agostini Marquez gar nicht völlig in Schutz nehmen, wehrt sich nur gegen den Shitstorm der auf ihn einprasselt: "Valentino und Marc haben beide Fehler gemacht. Was in Sepang passiert ist war nicht gut für den Sport, aber man muss in dieser Situation auf dem Motorrad sitzen um zu verstehen, was da passiert. Man muss sehen, unter welcher Anspannung diese Piloten fahren. Jeder will gewinnen, aber nur einer kann es schaffen. Da ist es normal, dass solche Dinge passieren." Der 15-fache Champion Agostini erinnert an seine aktive Zeit und die schon damals knallharten Duelle. "Mike Hailwood hat zu mir auch nicht gesagt: 'Bitte Ago, überhol mich doch.' Und ich zu ihm genauso wenig. Auch zu meiner Zeit gab es Überholmanöver mit Berührungen. Wenn ich dabei überholt wurde, war ich auch wütend, aber das ist Racing", beschwört er die alte aber immer noch gültige Rennfahrerfloskel.

Agostini erinnert sich an harte Duelle in seiner aktiven Zeit, Foto: Milagro
Agostini erinnert sich an harte Duelle in seiner aktiven Zeit, Foto: Milagro

Für Agostini ist das Thema #SepangClash nun aber endgültig abgehakt, ähnliche Kontroversen will er 2016 nicht mehr sehen und glaubt auch nicht daran. "Jetzt beginnen einmal alle bei null und es gibt keinen Grund für solche Geschichten. Der Schnellste wird gewinnen. Hoffentlich gehen sie alle respektvoll miteinander um und zeigen uns großartige sportliche Zweikämpfe auf der Strecke, so wie in der Vergangenheit auch. Ich hoffe, dass es zwischen Marquez, Rossi, Lorenzo und Pedrosa schöne Überholmanöver gibt. Das ist wichtig für unseren Sport, denn wenn die Fahrer bei jeder Aktion aufpassen und ständig überlegen müssen, was sie sagen, dann wird es irgendwann wie die Formel 1, wo alle Leute einschlafen", hält der 73-Jährige ein feuriges Plädoyer für harten, aber fairen Rennsport.

Lorenzo in Vierkampf Mann zu schlagen

Die Frage bleibt, wer aus einer derartigen Schlacht 2016 als Sieger hervorgehen wird. "Jeder der Top-Drei aus der letzten Saison kann den Titel gewinnen", glaubt Agostini. "Auch Pedrosa darf man nicht vergessen, denn er ist in den letzten Rennen 2015 fantastisch gefahren. Er hat Valentino in der letzten Runde von Aragon geschlagen und in Valencia mächtig aufgeholt. Lorenzo ist jetzt aber wohl der Mann, den es zu schlagen gilt. Er ist Weltmeister. Um das richtige Kräfteverhältnis zu erahnen, müssen wir aber die Testfahrten in Sepang abwarten. Es wird auf jeden Fall eine sehr harte und spektakuläre Saison werden."