Es gab einmal eine Zeit vor Blockaden, vermeintlichen Fußtritten und Hasstiraden. In der MotoGP einfach nur Rennsport war. Eine Zeit, als sich Valentino Rossi, Marc Marquez oder Jorge Lorenzo auf der Strecke mit aller Härte bekämpften, sich wenige Minuten später aber in den Armen lagen, sich gegenseitig zu einem tollen Rennen gratulierten und über das Geschehene spaßten. Ich mochte diese Zeit. Mein persönliches Highlight in dieser Saison war deshalb der Punkt, an dem zum letzten Mal 2015 ohne Polemik einfach nur gefahren wurde und die MotoGP vielleicht ihren bisherigen sportlichen Zenit erreichte. Die Rede ist vom Australien-Grand-Prix auf Phillip Island.

Das Schöne an Phillip Island ist, dass ein Rennen hier eigentlich noch nicht einmal spannend sein muss, um ein echter Augenschmaus zu werden. Alleine die Bilder der MotoGP-Maschinen, wie sie mit unglaublichem Speed ihre Kreise auf dieser malerischen Halbinsel am südlichsten Zipfel Australiens ziehen, sind Jahr für Jahr wieder beeindruckend. In den letzten Jahren wurde den Fans aber noch dazu großartiger Rennsport geboten. 2013 ein Flag-to-Flag-Krimi mit der Disqualifikation von Marc Marquez, im Vorjahr ein dramatischer Sieg Valentino Rossis mit unzähligen Stürzen. Doch was sich dieses Mal auf Phillip Island abspielte, stellte alles bisher Dagewesene in den Schatten und ging als #TheIslandBattle um die Welt.

Marquez knackte Lorenzo auf den letzten Metern, Foto: Bridgestone
Marquez knackte Lorenzo auf den letzten Metern, Foto: Bridgestone

Marc Marquez, Jorge Lorenzo, Andrea Iannone und Valentino Rossi boten über 27 Runden alles, was den Motorradrennsport so reizvoll macht. Windschattenschlachten, Anbremsduelle, Linienwechsel - alle Register wurden gezogen, die Abstände zwischen den Maschinen lagen teilweise im nicht mehr sichtbaren Bereich. Und doch hatte man nie Angst, einer der vier Piloten würde stürzen. Ein Zeichen für das herausragende Können der Akteure.

Ich wünsche mir, solche Rennen wieder sehen zu können, ohne danach diskutieren zu müssen, wer nun wem eins auswischen wollte oder wer für wen den Prellbock gespielt hat. Marc, Valentino, Jorge, aber auch Andrea oder Dani - dass ihr das könnt, habt ihr oft genug bewiesen. Mein verspäteter Weihnachtswunsch an euch: Macht es doch in Zukunft erneut!