Die MotoGP-Saison 2015 wird als eine der erfolgreichsten in die Geschichte von Yamaha eingehen. Zum fünften Mal nach 2005, 2008, 2009 und 2010 holte man neben dem Fahrerweltmeistertitel auch noch die Meisterschaften für das beste Team und den erfolgreichsten Konstrukteur. Elf von 18 Saisonsiegen gingen an Jorge Lorenzo und Valentino Rossi. Da sowohl Yamaha als auch die Konkurrenz von Honda, Ducati, Suzuki und Aprilia im nächsten Jahr mit unveränderten Fahrerpaarungen an den Start gehen, müsste man eigentlich davon ausgehen, dass sich am Kräfteverhältnis wenig ändern wird.

Doch 2016 bringt massive Regeländerungen mit sich. Die komplexen Elektroniklösungen der großen Hersteller sind Geschichte und werden durch die Einheitssoftware von Magneti Marelli ersetzt, Michelin löst zudem Bridgestone als Reifenlieferant der MotoGP ab. Große Umstellungen also für die Hersteller und Piloten der Königsklasse, die Yamaha aufgrund des teaminternen Titelduells bis zum letzten Rennen besonders schwer fallen könnten.

Valentino Rossi konnte auf Michelin-Pneus noch nicht überzeugen, Foto: Yamaha
Valentino Rossi konnte auf Michelin-Pneus noch nicht überzeugen, Foto: Yamaha

Verpasste Tests Nachteil für Yamaha

"Unsere zwei Fahrer waren in einem Zweikampf gegeneinander. Da ist es schwer, alles einfach auszublenden und während der Saison Dinge für nächstes Jahr zu testen", bestätigt Yamahas Riders Performance Analyst Wilco Zeelenberg im Gespräch mit Crash.net. "Testfahrten waren für uns zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich interessant. Natürlich besteht dadurch ein gewisses Risiko, dass man ins Hintertreffen gerät. Bis zu einem gewissen Punkt ist das meiner Meinung nach auch passiert, denn wir haben einige Michelin-Tests verpasst." Nach schweren Stürzen Lorenzos bei den ersten Ausfahrten auf den Michelin-Reifen in Sepang und Mugello verzichtete er auf den Test in Aragon, wo Rossi, der in Mugello ebenfalls gestürzt war, erneut unsanft im Kies landete. Die Testfahrten nach dem Rennwochenende in Brünn fielen nach starken Regenfällen im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser.

Zeelenberg zeigt aber vollstes Verständnis dafür, dass Rossi und Lorenzo in der Schlussphase der Saison nicht in der Stimmung für Reifentests waren. "Unsere Fahrer hatten einfach etwas Angst davor, weil sie natürlich an die Weltmeisterschaft gedacht haben. Was die neuen Reifen betrifft haben wir also wohl einen kleinen Nachteil dadurch. Den anderen Herstellern war es ja egal, sie haben einfach ausprobiert was sie wollten", glaubt Zeelenberg.

Umstellung nicht einfach

Tatsächlich konnten die Yamaha-Piloten bei den Testfahrten nach Saisonende in Valencia das Tempo der Hondas und auch Suzukis noch nicht mitgehen. Lorenzo wurde als bester Fahrer auf einer M1 Fünfter, Rossi nur Siebenter. "Es ist wichtig, sich erstmal sicher heranzutasten und Schritt für Schritt zu steigern", ist Zeelenberg nicht beunruhigt. "Diese Jungs sind so sehr an das bisherige Material gewöhnt. Jetzt ist plötzlich alles neu und sie wissen noch nicht, wie sie damit ans Limit gehen können."

Lorenzo stürzte in Valencia erstmals bei Testfahrten auf Michelin nicht, Foto: Yamaha
Lorenzo stürzte in Valencia erstmals bei Testfahrten auf Michelin nicht, Foto: Yamaha

Bis zum Saisonstart Ende März in Katar sollten Rossi und Lorenzo das Limit mit den neuen Michelin-Reifen gefunden haben. Wie schnell sich das Blatt in der MotoGP wenden kann, zeigte erst in dieser Saison Honda. Im Vorjahr gingen noch alle drei MotoGP-Titel und 14 Saisonsiege an den größten Motorradbauer der Welt, in diesem Jahr blieb man ohne Weltmeisterschaft. Dabei befand sich Honda im Vorjahr aufgrund der Dominanz von Marc Marquez nie wirklich in einem Titelkampf, Yamaha hingegen war in dieser Saison als erster Hersteller seit Gilera 1957 mit einem teaminternen Duell bis zum letzten Rennen konfrontiert.