Die Überraschung ist perfekt: Das Revival einer ganz besonderen Beziehung. Casey Stoner verlässt Honda mit Ende 2015 und stellt sich wieder in den Dienst seines alten Arbeitgebers. Der Australier wird zwar nur, wie in den vergangenen Jahren auch, die Rolle als Edeltester ausfüllen, dennoch winken Stoner bei den Roten auch ein paar Wildcard-Einsätze. Die Verpflichtung Stoners ist Grund genug für uns, auf die erste Stoner-Ducati-Ära zurück zu blicken.

2007: Dominanter und historischer Titelgewinn

2006 debütierte Stoner in der MotoGP und erarbeitete sich schnell den Ruf, ein außerordentliches Talent zu sein, das jedoch ein gutes Resultat nur allzu gerne wegwirft. So fuhr Stoner beispielsweise schon an seinem zweiten MotoGP-Wochenende in Katar mit der LCR-Honda auf die Pole-Position. Viele Stürze im Rennen verhinderten aber ein besseres Ergebnis als den achten Rang in der Debüt-Saison des Australiers. Entsprechend groß war das Risiko, als Ducati den "Rolling Stoner" für das Werksteam 2007 verpflichtete. Doch der Wechsel sollte sich als goldrichtig herausstellen. Im ersten Jahr mit 800er-Motoren war Stoner mit der Desmosedici der überlegene Fahrer.

Auf Strecken mit langen Geraden, wie Shanghai, zog Stoner der Konkurrenz davon, Foto: Ducati
Auf Strecken mit langen Geraden, wie Shanghai, zog Stoner der Konkurrenz davon, Foto: Ducati

Die Ducati war vor allem zu Beginn der Saison auf den Geraden so stark, dass die Konkurrenz Ungereimtheiten bei der GP7 vermuteten. Damit gewann Stoner drei der ersten vier Rennen und legte somit den Grundstein für den WM-Titel. Insgesamt holte Stoner in seiner ersten Weltmeister-Saison zehn Siege. Dazu kam für Ducati der Erfolg von Loris Capirossi im Regen-Chaos von Motegi. Für die Roten sollte dieses Rennen besonders erinnerungswürdig werden, da nicht nur Capirossi gewann, sondern Stoner auch mit Rang sechs in Japan den Titel fixierte.

2008: Von Rossi gebrochen

Für 2008 gingen Stoner und Ducati als Favoriten in die Saison, waren sie doch im Vorjahr dominant unterwegs. Zudem wechselte der ärgste Konkurrent, Valentino Rossi, den Reifenhersteller, weshalb ihm vor allem zu Beginn der Saison Umstellungsschwierigkeiten prophezeit wurden. Die Titelverteidiger-Saison begann Stoner standesgemäß mit einem Sieg in Katar. Doch schon in der Wüste zeigte sich, dass die Konkurrenz den Rückstand auf den Geraden verringert hat. Zudem hatte Stoner in der Anfangsphase des Jahres mit vielen Rückschlagen zu kämpfen. In Jerez stürzte er zwei Mal im Rennen und wurde nur Elfter. In Estoril erreichte er das Ziel nur auf Platz sechs. In Le Mans schied er mit einem technischen Defekt an seiner Ducati aus. Doch Stoner blies zu einer furiosen Aufholjagd und siegte im Frühsommer in Donington, Assen und auf dem Sachsenring drei Mal in Folge.

An Valentino Rossi biss sich Stoner in Laguna Seca 2008 die Zähne aus, Foto: Milagro
An Valentino Rossi biss sich Stoner in Laguna Seca 2008 die Zähne aus, Foto: Milagro

Was folgte, war das legendäre Rennen von Laguna Seca. Stoner dominierte die Trainings und war stets fast eine Sekunde schneller als der Rest der Welt. Die Favoritenrolle kam einzig und allein dem Australier zu, doch im Rennen schaffte es Rossi, sich vor Stoner zu setzen. Der Ducati-Pilot fand kaum einen Weg vorbei und stürzte schließlich zehn Runden vor Schluss. Stoner wurde noch Zweiter, leistete sich aber bei den nächsten Rennen in Brünn und Misano jeweils in Führung liegend Ausfälle nach Stürzen - die Vorentscheidung im WM-Kampf gegen Rossi. Zwei Siege auf Phillip Island und in Valencia änderten an der Situation nichts mehr, da sich Rossi schon zuvor in Japan zum Weltmeister krönte.

2009: Das mysteriöse Erschöpfungs-Syndrom

Alle Welt hoffte darauf, dass Stoner 2009 darauf brennt, gegen Rossi zurückzuschlagen. Beim Auftakt wurden die Erwartungen nicht enttäuscht. Stoner holte seinen dritten Katar-Sieg (nach sintflutartigem Regen fand das Rennen wohlgemerkt an einem Montag statt) und wurde vergeblich von Rossi gejagt. Kaum jemand hatte jedoch Jorge Lorenzo auf der Rechnung. Nach dem unvergessenen Rennen in Barcelona lag Stoner punktgleich mit Rossi und Lorenzo an der Spitze. Doch schon in Catalunya war auffällig, wie platt Stoner nach dem Rennen war. Als sich sein körperlicher Zustand im Anschluss an die folgenden Rennen verschlimmerte, entschloss sich der Australier dazu, für drei Rennen auszusetzen, um sich wieder komplett rehabilitieren zu können.

2009 hatte Stoner mit einem Erschöpfungssyndrom, ausgelöst durch eine Laktoseintoleranz, zu kämpfen, Foto: Milagro
2009 hatte Stoner mit einem Erschöpfungssyndrom, ausgelöst durch eine Laktoseintoleranz, zu kämpfen, Foto: Milagro

Wie sich später herausstellen sollte, wurde Stoner durch eine Laktoseintoleranz, die extrem an seinen Kräften zehrte, fast lahm gelegt. In Brünn, Indianapolis und Misano wurde Stoner daher von Pramac-Mann Mika Kallio ersetzt. Die Rückkehr feierte Stoner in Portugal. Und machte sofort deutlich, dass nun wieder der alte Stoner unterwegs war. Schon in Estoril wurde Stoner Zweiter, auf Phillip Island und in Sepang war der Australier dann nicht zu schlagen. Peinlich wurde es jedoch beim Saisonfinale, als Stoner schon in der Aufwärmrunde per Highsider ausschied und damit den dritten WM-Rang noch an Dani Pedrosa abgeben musste.

2010: Problembehaftetes Jahr und das Ende einer Ära

2010 sollte das vorerst letzte Jahr für Stoner in Diensten der Roten bilden. Ducati wechselte von einem Screamer- zu einem Big-Bang-Motor, um das Kohlefaser-Chassis der GP10 fahrbarer zu machen. Der Saisonverlauf sollte jedoch zeigen, dass dieses Unterfangen nur teilweise gelang. Wie schwierig das Handling der Ducati war, zeigte sich zwar schon 2008 und 2009, als Marco Melandri und Nicky Hayden im Werksteam auf keinen grünen Zweig kamen. Doch diesmal leistete sich auch Stoner längst vergangen geglaubte Fehler. In den ersten drei Rennen stürzte der Australier zwei Mal und kam erst im sechsten Rennen bei der Dutch TT in Assen überhaupt zum ersten Mal unter die Top-3.

Bis heute der letzte Ducati-Sieg: Stoner auf Phillip Island 2010, Foto: Milagro
Bis heute der letzte Ducati-Sieg: Stoner auf Phillip Island 2010, Foto: Milagro

Von da an sollte es wieder besser für Stoner laufen. Trotzdem wurden die Gerüchte um einen Wechsel ins Repsol-Honda-Team immer lauter. Nach dem Catalunya-GP verkündete Stoner dann offiziell seinen Abschied vom Werksteam der Roten nach vier überaus erfolgreichen Jahren. Dass die Trennung nicht unbedingt im Guten verlaufen war, wurde deutlich, nachdem bekannt wurde, dass Ducati 2009 Jorge Lorenzo als Ersatz für Stoner während dessen Pause engagieren wollte. Ein Umstand, der den stolzen Australier sauer aufstieß. Die aufsteigende Form mit fortschreitendem Saisonverlauf krönte Stoner schließlich noch mit drei Siegen in den letzten fünf Rennen. Bemerkenswert dabei: Stoners Triumph auf Phillip Island ist der bis heute letzte Sieg für Ducati in der MotoGP!

Ab 2016: Stoner zurück bei Ducati als MotoGP-Tester

Nun also kehrt Stoner, knapp fünf Jahre nach seinem Abschied, wieder zurück. Von Ducati-Seite wird der Australier warm empfangen werden. "Er ist wegen seiner Erfolge immer in den Herzen von uns und allen Ducati-Fans", äußerte sich Rennleiter Paulo Ciabatti am heutigen Mittwoch am Vormittag noch am Eurosport-Mikrofon. Stoner wird also immer noch geschätzt in Italien und dürfte dem Werk als Testfahrer weiter auf die Sprünge helfen bei der Aufholjagd gegen Honda und Yamaha. Zudem stehen der ein oder andere Renneinsatz mit einer Wildcard im Raum, wie es Ducati in den letzten Jahren mit Michele Pirro gehandhabt hatte.