Weltmeister von Marquez' Gnaden? Ein Vorwurf, den sich Jorge Lorenzo gefallen lassen muss. Auch nach seinem Titelgewinn in Valencia wurde der frischgebackene Champion darauf angesprochen, ob diese Weltmeisterschaft aufgrund der Kontroverse zwischen Marc Marquez und Valentino Rossi weniger wert sein.

Eine Vermutung, die Lorenzo entschieden verneinte. "Natürlich wird das manchen Leuten nicht gefallen, aber jeder der sich mit unserem Sport auskennt, wird meinen Wert als Fahrer und Champion erkennen. Wenn man alle Statistiken von mir und Valentino vergleicht, bin ich verdient Weltmeister", stellte er klar. "Ich habe mehr Siege als Vale, mehr Pole Positions, mehr schnellste Rennrunden, mehr Führungsrunden und habe mehr Trainings angeführt. Er war nur öfter auf dem Podium und auch da haben die Wetterverhältnisse eine Rolle gespielt."

Es sind tatsächlich unwiderlegbare Fakten, die Lorenzo auf den Tisch bringt. Er hat sieben Rennen gewonnen, Rossi vier. Lorenzo stand fünf Mal auf der Pole Position, Rossi nur einmal. Lorenzo markierte sechs schnellste Rennrunden, Rossi vier. Die Liste ließe sich, wie von Lorenzo selbst gemacht, lange fortführen.

Lorenzo führte bei jedem seiner Siege von der ersten Kurve weg, Foto: Monster
Lorenzo führte bei jedem seiner Siege von der ersten Kurve weg, Foto: Monster

Wetter nicht auf Lorenzos Seite

Der neue Champion gibt auch zu bedenken, dass er in dieser Saison oft nicht vom Glück verfolgt war. Auch wenn ihm manche Situation, die er als unglücklich schildert, wohl auch als mangelnde Anpassungsfähigkeit angekreidet werden kann: "In einigen Rennen konnte ich aufgrund des Regens kein gutes Ergebnis einfahren. Außerdem hat die Saison für mich schlecht begonnen. In Katar hatte ich Probleme mit dem Helm, in Texas mit der Gesundheit und in Argentinien mit den Reifen. Wäre das alles nicht passiert, hätte ich mit 20, 30 oder gar 40 Punkten Vorsprung nach Valencia kommen können."

Vor allem die drei Überseerennen zu Saisonbeginn gingen Lorenzo mächtig an die Nieren, riss er damals doch bereits einen großen Rückstand auf Valentino Rossi auf. "Nach den ersten drei Rennen war ich schon 29 Punkte zurück. Da war es schwer, nicht zu verzagen", gesteht er. "In Jerez hatte ich aber plötzlich ein super Gefühl für das Motorrad und konnte dann vier Rennen in Folge gewinnen und auch im Anschluss noch oft auf das Podium fahren. Dann hat mit den Regenrennen und dem Sturz in Misano eine schwierige Phase für mich begonnen, in der ich wieder viele Punkte verloren habe, aber am Ende konnte ich sie zum Glück wieder aufholen."

Er brauchte aber bis zum allerletzten Rennen, um das zu schaffen. Eine Dramatik, die er selbst kaum fassen konnte: "Spannender hätte es nicht sein können. 17 Rennen lang konnte ich die WM nie mit einem Punktevorsprung anführen, bis heute. Ich bin unglaublich glücklich und stolz." Aus mehrerlei Hinsicht war der dritte MotoGP-Titel nach 2010 und 2012 für Lorenzo ein ganz besonderer: "Mit diesem Titel stehe ich nun auf einer Stufe mit Fahrern wie Wayne Rainey und Kenny Roberts oder auch Ayrton Senna in der Formel 1. Dieser Titel bedeutet mir auch sehr viel, weil ich jetzt Valentino, Casey und Marc geschlagen habe, die für mich die drei besten Fahrer dieses Jahrtausends sind. Das macht mich sehr stolz, weil das sonst noch niemandem gelungen ist."

Erstmals konnte Lorenzo Marquez in einer Weltmeisterschaft schlagen, Foto: Yamaha
Erstmals konnte Lorenzo Marquez in einer Weltmeisterschaft schlagen, Foto: Yamaha

Mission Titelverteidigung 2016

Auch in der Stunde des Triumphs richtete Lorenzo seinen Blick aber bereits nach vorne: "Das war eine unglaublich harte Weltmeisterschaft und es wird mindestens ebenso schwer, den Titel zu verteidigen. Ich kann nicht versprechen, dass es mir gelingen wird, aber ich werde alles dafür geben." Eine Kampfansage für 2016!