Marco Simoncelli: Tribute zum 10. Todestag: (01:08 Min.)

Wo warst du am 23. Oktober 2011? Wann bist du aufgestanden? Und mit welchem Gefühl bist du zu Bett gegangen? Es ist einer jener Tage, von dem die Leute heute noch genau sagen können, was sie damals getan haben. Damals, an jenem verhängnisvollen Tag, den Marco Simoncelli auf dem Sepang International Circuit nicht überleben sollte.

Ich erinnere mich heute noch an die schrecklichen TV-Bilder des Unfalls und das sofort eintretende ungute Gefühl in der Magengrube, als der italienische Lockenkopf ohne Helm regungslos auf dem Asphalt lag. Wenig später wurde die schlechte Vorahnung durch eine noch schlechtere Nachricht zur Realität. Plötzlich kein "business as usual" mehr für uns Journalisten und ein mulmiges Gefühl, das auch nach Dienstende anhielt.

Die Ehre, Marco Simoncelli zu interviewen hatte ich leider nie. Meine einzige direkte Begegnung mit ihm war ein flüchtiges "Ciao!" im Paddock von Jerez im Jahr 2010. Es war mein erstes MotoGP-Rennen vor Ort und Marcos zweites in der Königsklasse. Während ich immer noch im Fahrerlager meine Runden drehe, kann Simoncelli das nicht mehr.

Die rote 58 ist allgegenwärtig

Doch Marcos rote Nummer 58 ist immer noch allgegenwärtig. Und das nicht erst, seit Papa Paolo 2017 erstmals das Team 'SIC58 Squadra Corse' in der Moto3 an den Start brachte. Als Aufkleber auf diversen Paddock-Mopeds von Fahrern und Teamverantwortlichen, auf Transparenten und Flaggen auf den Zuschauerrängen und auf diversen Shirts und Hemden von MotoGP-Fans war die 58 immer zu sehen. An den Memorabilia-Ständen ist nach wie vor eine eigene Sektion für Simoncelli-Goodies reserviert.

Schon vor einigen Jahren meinte eine Kollegin von einem Mainstream-Medium zu mir, sie verstehe den ganzen Kult nicht. Dass es nach wie vor Fanartikel von ihm zu kaufen gibt, sei makaber. So etwas würde es im deutschsprachigen Raum nicht geben, wenn ein Motorradfahrer tödlich verunglückt. Aber die Italiener seien da ja anders.

Nein, Frau Kollegin. Der MotoGP-Fan ist da anders! Und mit Herkunft hat das rein gar nichts zu tun. Wer das nicht versteht, hat keine Ahnung, wie die Sozialdynamik im Motorradsport funktioniert. So abgedroschen die Floskel auch klingen mag, aber in dieser Sportart fährt der Tod immer mit. Das wurde uns in den vergangenen zwei Jahrzehnten durch Daijiro Kato, Shoya Tomizawa, Luis Salom und Marco Simoncelli selbst in der Weltmeisterschaft vor Augen geführt.

Der Tod fährt immer mit

Die Fahrer wissen das und dieser Umstand macht sicherlich auch einen gewissen Grad des Nervenkitzels ihrer großen Leidenschaft aus. Es hält die großen Stars aber auch am Boden und sorgt für großen Respekt untereinander. Das überträgt sich unweigerlich auch auf die Fangemeinde und bekanntlich schweißen Katastrophen noch enger zusammen.

Marco Simoncelli zu ehren - sei es mit einem Aufkleber, einem Shirt oder einfach nur im Stillen - hat nichts mit Heuchelei oder makaberem Totenkult zu tun, es ist einfach nur ein Akt der höchsten Ehrerbietung. Marco Simoncelli starb vor exakt acht Jahren bei der Tätigkeit, die ihm am meisten Freude bereitete. In diesem Sinne: Ruhe in Frieden, Marco. Ruhe in Frieden im Rennfahrer-Himmel.