Noch klingt es unglaublich, aber die Anzeichen verdichten sich, dass MV Agusta tatsächlich die Rückkehr in die Motorrad-Weltmeisterschaft wagt. Erst im Vorjahr machte man in der Supersport-WM erste kleine Schritte zurück in den Rennsport, in der WSBK ist der Einsatz von MV Agusta derzeit noch nicht von Erfolg gekrönt. Und nun soll der Einstieg in das sportliche Haifischbecken MotoGP folgen?

Als am Montag Forward Racing bekannt gab, sich mit Saisonende aus der MotoGP zu verabschieden und ab 2016 mit MV Agusta in der Superbike- und Supersport-WM zusammenzuarbeiten, erwähnte Teambesitzer Giovanni Cuzari nur in einem Nebensatz, dass man nun auch zusammen in Richtung MotoGP streben würde. Eine Ankündigung, die für viel Kopfschütteln sorgte, gilt Cuzari doch gemeinhin als etwas zwielichtiger Geschäftsmann, dessen Aussagen man nicht zu ernst nehmen sollte.

Cuzari landete aufgrund dubioser Geschäfte in diesem Jahr bereits im Gefängnis, Foto: Forward Racing
Cuzari landete aufgrund dubioser Geschäfte in diesem Jahr bereits im Gefängnis, Foto: Forward Racing

Doch dieses Mal scheint der Forward-Teamchef kein leeres Versprechen hinausposaunt zu haben. "In Anbetracht des neuen Reglements haben wir die MotoGP ins Auge gefasst", bestätigt MV Agusta auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Ab dem kommenden Jahr sind ja alle Hersteller verpflichtet, die Einheitselektronik von Magneti Marelli zu verwenden, was zu einem deutlich ausgeglicheneren Feld und geringen Kosten führen soll. Geschäftsführer Giovanni Castiglioni erklärt die Beweggründe für ein Comeback: "Wir investieren zunehmend in den Rennsport, denn dieser Wettbewerb hat einen hohen strategischen Wert für unsere Marke. In der WSS sind wir bereits siegreich, in der WSBK auf dem Weg nach oben, aber unsere Ziel für die Zukunft muss die MotoGP sein."

Erfolgreiche Historie

MV Agusta und MotoGP. Das wäre ein Traum! 75 Titel konnte man in Einzel- und Konstrukteurs-Wertungen der Motorrad-WM bislang sammeln. Alleine in der Königsklasse siegte MV Agusta 139 Mal und damit öfter als zum Beispiel Suzuki, Ducati und Kawasaki zusammen. Namen wie Giacomo Agostini, Mike Hailwood, John Surtees, Gary Hocking oder Phil Read sind bis heute unzertrennlich mit dem italienischen Fabrikat verbunden.

Doch einfach wird es für die Traditionsmarke sicher nicht, in der MotoGP wieder konkurrenzfähig zu werden. Im Vergleich mit den Motorradgiganten wie Honda und Yamaha ist MV Agusta ein winziges Unternehmen mit dementsprechend bescheidenen Mitteln, auch der geplante Partner Forward Racing ist keine große Nummer in der Königsklasse. Hinzu kommt, dass mit dem Einstieg von KTM 2017 das in Zukunft auf 24 Motorräder begrenzte MotoGP-Starterfeld wahrscheinlich zu 100 Prozent gefüllt ist. MV Agusta könnte einen Einstieg von Promoter Dorna zwar trotzdem genehmigt bekommen, müsste aber wohl auf sämtliche finanzielle Unterstützung verzichten.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Bei MV Agusta und Forward Racing scheint tatsächlich etwas im Busch zu sein. Eine öffentliche Absichtserklärung von Geschäftsführer Castiglioni für einen MotoGP-Einstieg ist doch beachtlich. Ein Comeback in der Königsklasse wäre für MV Agusta aber - um es vorsichtig zu formulieren - gewagt. Wie schwer es ist, in der MotoGP Fuß zu fassen, sieht man aktuell bei Aprilia. Auch KTM macht keinen Hehl daraus, dass es ihnen unglaublich schwer fallen wird, in eine Liga mit den besten Herstellern der Welt vorzudringen. Dabei waren Aprilia oder KTM in den letzten Jahren im Rennsport aber ungleich erfolgreicher als MV Agusta. (Markus Zörweg)