Klar. Gute Besserung, Alex De Angelis. Das ist wohl das wichtigste nach Motegi. Und klar ist auch, dass die Titelvergabe in der MotoGP noch nicht entschieden ist. Bei 75 zu vergebenden Punkten ist auch für Jorge Lorenzo noch einiges drin. Und Sonnenklar ist auch, dass die deutschen MotoGP-Fans einen ganz seltenen Festtag hatten. Zwei Mann auf dem Podest in der Moto2. Hurra. Super. Sensationell. Und diese tolle Leistung von Jonas Folger und Sandro Cortese animierte sogar die heilige Kuh der TV-Sportberichterstattung, ein 30-Sekunden-Video auszustrahlen. MotoGP, wenn auch nur kurz, in der ARD Sportschau. Das muss die Richtung sein. Und das geht nur über Erfolge. Und das, was die cleveren Macher von Dynavolt Intact GP sich für die Saison 2016 erhoffen, scheint jetzt schon zu greifen. Ein starker Folger pusht einen schwächelnden Ex-Weltmeister Cortese zu neuen Höhen.

Nach Brünn im letzten Jahr, Cortese erst zum zweiten Mal überhaupt auf dem Podium. Nicht nur für mich war die Szene im Parc Ferme, als sich Sandro und Jonas in den Armen lagen, das Bild des Tages. Die beiden freuen sich miteinander und sie freuen sich auch aufeinander. Und kennen es ja schließlich zur Genüge, wie es ist, wenn zwei Deutsche gemeinsam auf dem Podest stehen. In Corteses Weltmeisterjahr 2012 war Ihnen das schon dreimal in der Moto3 gelungen. Cortese damals im KTM-Werksteam, Folger ab Indianapolis, nach dem Desaster mit der unterlegenen Emir, auf Kalex KTM im Team von Jorge Martinez. Das war herrlich. Wie letztes Wochenende. Denn in der mittleren Kategorie ist es noch bemerkenswerter, wenn zwei aus unseren Landen Podestluft schnuppern dürfen.

2016 sind Folger und Cortese Teamkollegen, Foto: Dynavolt Intact GP
2016 sind Folger und Cortese Teamkollegen, Foto: Dynavolt Intact GP

Zuletzt war so etwas 1996 möglich. Dieter Stappert hatte damals als Teamchef den Mut, zwei Deutsche Alphatiere zu einer Mannschaft zu formen. Und zwar durchaus mit ähnlichen Ambitionen, wie jetzt, 20 Jahre später Dynavolt Intact GP. Denn damals sollte der bis dahin nur auf unterlegenem Material tätig gewesene Jürgen Fuchs den Titelkandidaten Ralf Waldmann zu Höchstleistungen pushen. Der Plan ging beinahe auf. Am Ende schlug Max Biaggi, mit riesigem Budget-Vorteil ausgestattet, Waldi nur ganz knapp. Jürgen Fuchs wurde im Gesamtstand sehr guter Vierter. Und es wurde ständig in der ARD und ZDF über die beiden berichtet. Zwar so gut wie nie Live, aber eben immer vor einem Millionenpublikum. Was wiederum die Sponsorensuche erheblich leichter machte. Kein Wunder bei der Medienpräsenz. Damals musste man in Tageszeitungen nicht suchen, um Berichte über Waldi und Fuchsi zu finden.

Folger und Cortese können für Euphorie sorgen

Ende 2015 liest man Montagmorgens in verschiedensten Blättern zwar über den Gesundheitszustand von Alex de Angelis, aber kein Wort über die sagenhafte Leistung von Cortese und Folger. Dafür aber noch eine ganze Seite über die Formel Schnarch aus Sotschi. Das muss sich ändern. Und das Team-Line-Up, das sich Jürgen Lingg, Stefan Keckeisen und Wolfgang Kuhn für das nächstes Jahr ausgedacht haben, hat das Potential, dieses zu ändern. Und dann erleben wir auch wieder solche Highlights wie letzten Sonntag. Oder eben wie vor 20 Jahren, als Waldmann und Fuchs insgesamt viermal zu zweit auf dem Podest standen. Zum letzten Mal in Rio. Auch davor war die Euphorie riesig. Platz eins und drei am heutigen Red-Bull-Ring und auch beim Heimrennen am Nürburgring.

Mit Fuchs als Teamkollegen kämpfte Waldmann gegen Biaggi um den Titel, Foto: Milagro
Mit Fuchs als Teamkollegen kämpfte Waldmann gegen Biaggi um den Titel, Foto: Milagro

Logischerweise berichteten auch die öffentlich-rechtlichen-Sender. Und eben auch die Tageszeitungen. Sensationell, was damals, beim letzten deutschen Doppelsieg in Assen, los war. Waldmann vor Fuchs, das klingt doch wie Musik. Und war eben auch für beide Fahrer leistungsfördernd. Dieses Traumteam ging nach der Saison dann leider auseinander. Fuchs fuhr 1997 die Elf 500. Wurde zwar einmal damit Fünfter in Brasilien, hatte aber umso mehr Kolbenklemmer an dem Zweitakt-Biest zu beklagen. Und Waldi? Er unterlag 1997 noch knapper, nämlich nur um zwei Punkte gegen Max Biaggi. Wären die beiden doch nur in einem Team geblieben. Was aber nicht immer einfach ist mit zwei Podestfahrern.

Zurück zu altem Glanz

Es wird 2016 viel Fingerspitzengefühl nötig sein, um Cortese und Folger zu einer wirklich gut zusammen agierenden Einheit zu machen. Aber wenn das gelingt, dann kann das nur eine Win-Win-Situation für das Team bedeuten. Und damit auch für den deutschen Motorsport. Denn schließlich waren wir schon einmal die führende Nation in der mittleren Kategorie. In den Achtzigern und Neunzigern gab es ständig deutsche Siege. Und sogar einmal ein komplett deutsches Podest. In Silverstone 1985 standen Toni Mang, Reinhold Roth und Manfred Herweh auf den Plätzen 1, 2 und 3.Wovon wir bis vor kurzem ganz weit weg waren. Aber jetzt haben wir am letzten Sonntag gesehen, was am Tage X gehen kann. Und da 2016 nicht nur Folger und Cortese auf Topmaterial von Kalex unterwegs sind, sondern auch Marcel Schrötter, wird man ja wohl mal träumen dürfen. Von mir aus von einem Regenrennen. Denn das können alle drei sehr gut, wie wir in Motegi auch durch Platz neun von Schrötter gesehen haben. Also warum nicht irgendwann in 2016 mal wie in Silverstone 1985? Ich fänd's gut. Und ich glaube, die ARD Sportschau auch.