Die Sehnsucht der MotoGP-Gemeinde aus deutschen Landen ist groß. Riesengroß. Trotz der WM-Trophäen 2011 und 2012 von Stefan Bradl und Sandro Cortese ist Deutschland im Moment gerade sehr weit weg von Titelträumen. Dabei stimmt das so gar nicht. Denn es gibt auch noch den fast unbemerkten Titel in der Konstrukteurswertung.

Diesen könnte Yamaha in der MotoGP schon in Motegi holen. Und im japanischen Konzern wäre das für das Jahr 2015 erstmal das wichtigste. Nämlich Honda zu schlagen. Für den Weltkonzern mit den Stimmgabeln im Logo sogar das höchste Saisonziel. In der Teamwertung hat Yamaha die Truppe vpn Repsol Honda bereits geschlagen. Gratulation dafür.

Kalex: Moto2-Qualität aus Deutschland

Aber Gratulation auch für ein deutsches Technologie-Unternehmen, das schon zum dritten Mal in Folge Konstrukteursweltmeister in der Moto 2 geworden ist: Kalex Engineering. Ein noch junges Unternehmen, aber dadurch umso bemerkenswerter. Ein junges Unternehmen aus Deutschland, gegründet von zwei Motorrad-Enthusiasten aus deren Namen sich auch der Markenname Kalex ableitet: Klaus Hirsekorn und Alex Baumgärtel verdienen für das, was sie in der Motorrad-Weltmeisterschaft geleistet haben, vor allen Dingen eines: Riesigen Respekt.

Kalex-Chef Alex Baumgärtel vor einigen Trophäen, Foto: Motorsport-Magazin.com
Kalex-Chef Alex Baumgärtel vor einigen Trophäen, Foto: Motorsport-Magazin.com

Selber waren die beiden Hobbybiker nämlich durchaus erfolgreich als Ingenieure in der Welt der Autos tätig. Zum Beispiel für Opel im DTM-Umfeld. Ihre Passion waren aber immer Motorräder. Ein Straßenbike mit einem Rotax-Motor war das erste Beispiel ihrer Ingenieurskunst. Und noch ein sehr schönes und gut funktionierendes dazu. Aber darauf aufbauend das Risiko einzugehen und Zweiradrennsport betreiben? Als Konstrukteure? Gewagt, gewagt.

Von ihrem Partner Günther Holzer motiviert und vom Moto2-Reglement fasziniert, machten die beiden sich an die Arbeit. Und Sito Pons mit seinem Team glaubte an die beiden Deutschen. Präsentation 2009 beim letzten Saisonrennen in Valencia: Blitzsauber kam das Kalex-Bike daher, die Konkurrenz war beeindruckt. Sportlich war 2010 dann zwar noch kein Erfolg da, aber eine gesunde Basis. Toni Elias holte auf Moriwaki den ersten Moto2-Titel. Die Basis der Kalex war aber so gut, dass zum Beispiel Kiefer Racing für Stefan Bradl ein Bike bei Kalex bestellte.

Aufstieg zum Seriensieger der Moto2

Und dann auch prompt in Katar den ersten Moto2-Sieg für das deutsche Fabrikat sicherstellte. Am Ende reichte es sogar zum Titel. Ein Deutscher Weltmeister auf einem deutschen Bike: Ein Traum! Und die Basis für eine einmalige Erfolgsstory. Zwar holte 2012 dann noch einmal eine Suter den Titel, aber das dürfte eher am Chauffeur Marc Marquez gelegen haben. Und dann ging es ab: 2013 waren die ersten Vier in der Fahrerwertung auf Kalex unterwegs, 2014 und auch 2015 die ersten Drei. Dreimal in Folge also der Konstrukteurs-Titel für ein junges deutsches Unternehmen. Sagenhaft.

In Printausgabe 42 widmete Motorsport-Magazin.com Kalex eine ausführliche Story, Foto: Motorsport-Magazin.com
In Printausgabe 42 widmete Motorsport-Magazin.com Kalex eine ausführliche Story, Foto: Motorsport-Magazin.com

Aber leider fast unbemerkt. Dabei könnte die Kalex-Story doch ein gutes Beispiel dafür sein, dass auch für deutsche Unternehmer die MotoGP-Szene ein durchaus erfolgversprechendes Terrain sein könnte. Denn es ist sicherlich auch für nächstes Jahr klar, dass der Titel wohl nur über Kalex führt. Zum Glück fahren in der nächsten Saison gleich drei Deutsche auf der schwäbischen Erfolgsmaschine.

Sandro Cortese, Marcel Schröter und Jonas Folger. Was aber nicht bedeutet, dass sie irgendwelche Vorteile hätten, denn die Truppe um Alex Baumgärtel und Klaus Hirsekorn (mittlerweile sind durch die Erfolge ein paar Mitarbeiter dazu gekommen) ist nicht nur äußerst sympathisch und überall im Fahrerlager beliebt. Sondern neben dem Knowhow auch noch dadurch auffällig, dass sie loyal sind.

Keine Konkurrenz in Sicht für Kalex

Alles wird klar den Absprachen gemäß gehandhabt. So fährt der wohl neue Moto2-Weltmeister sogar noch einen 2014er-Kalex-Rahmen. Und zwar weil er und sein Team das so wollte. Dabei ist es immer wieder erstaunlich, was für sagenhafte Rundenzeiten mit diesem Rennmotorrad mit gerade mal 135 PS möglich sind. Am Standard-Honda-Motor liegt das sicherlich nicht. Und die Dominanz der 2016-Fahrwerke zuletzt in Aragon demonstrierte deutlich, dass es bei Kalex trotz der Erfolge keinen Stillstand gibt.

Moto2-Ingenieurskunst made in Germay: Kalex, Foto: Motorsport-Magazin.com
Moto2-Ingenieurskunst made in Germay: Kalex, Foto: Motorsport-Magazin.com

Das die Moto2 mittlerweile fast zu einem Kalex-Cup geworden ist, gefällt den Machern dabei überhaupt nicht. Konkurrenz wäre ihnen viel lieber. Aber Qualität setzt sich eben durch. Deutsche Wertarbeit, die diesen doch leicht angegrauten Begriff tatsächlich verdient hat und mit Leben füllt. Aber vor allen Dingen zeigt Kalex mit seiner jungen Geschichte, dass man manchmal einfach an seine Träume glauben muss und dass unternehmerisches Risiko zu einem Erfolg führen kann.

Hoffentlich nehmen sich daran mal endlich mehr deutsche Unternehmer und Sponsoren ein Beispiel. Dass es keinen Sinn machen soll, in die Motorrad-Weltmeisterschaft einzusteigen, haben Alex Baumgärtel und Klaus Hirsekorn eindrucksvoll wiederlegt. Kalex - eine untypische, aber sehr sympathische deutsche Erfolgsgeschichte.