Vor zwei Jahren standen die USA mit drei MotoGP-Rennen im Kalender noch hoch im Kurs. Doch Ende 2013 wurde Laguna Seca gestrichen, nun folgte auch Indianapolis. Motorsport-Magazin.com bat US-Legende Randy Mamola zu einer Analyse der schwierigen Situation der Motorrad-WM in den USA:

Randy, mit Indianapolis verlieren die USA das nächste Rennen. Wie bitter ist das für die amerikanische MotoGP-Gemeinde?
Randy Mamola: In so kurzer Zeit zwei Rennen zu verlieren, ist sehr traurig. Die USA sind ein wichtiger Markt und die MotoAmerica wird unter der Führung von Wayne Rainey auch wieder stärker. Indianapolis hat in den letzten Jahren gute Rennen hervorgebracht.

Woran ist Indianapolis letztlich gescheitert?
Randy Mamola: Vermutlich an einer mehr oder weniger politischen Komponente: Dem finanziellen Aufwand für die Logistik. Als Indy back to back mit Laguna Seca im Kalender war, konnte man die Transportkosten rechtfertigen. Aber in den vergangenen beiden Jahren gab es nur noch Indy, aber nach wie vor ähnlich hohe Kosten für die Überstellung des ganzen Materials über den Atlantik. Für nur ein Rennen konnte man das wohl nicht mehr rechtfertigen. Dieser Umstand hat sicher eine Rolle bei der Entscheidung gegen Indy und für den Red Bull Ring gespielt. Denn Österreich ist für alle Teams mit dem Truck erreichbar und sorgt für keinerlei relevante Zusatzkosten.

Warum konnte sich in den USA zuletzt nie diese Begeisterung für die MotoGP entfachen, die man von den Renen in Europa gewohnt ist?
Randy Mamola: In Laguna Seca waren nur 55.000 Zuschauer, weil dort einfach nicht mehr hineinpassten. Dafür war die Hütte aber an allen drei Tagen voll. In Indianapolis war es von vornherein klar, dass man keine 300.000 Zuschauer wie beim Indy 500 bekommen wird. Selbst die NASCAR bekommt maximal 100.000 am Renntag. Leider sind die Tribünen dort aber so gigantisch, dass die Zuschauer auf den Rängen sehr verloren aussahen.

Der Indianapolis Motor Speedway bot stets eine beeindruckende Kulisse, Foto: Repsol Honda
Der Indianapolis Motor Speedway bot stets eine beeindruckende Kulisse, Foto: Repsol Honda

Allerdings waren auch die Fahrer nie große Fans der Strecke von Indianapolis. Könnte das beim MotoGP-Aus für die Strecke eine Rolle gespielt haben?
Randy Mamola: Indianapolis hatte nie die beste Publicity. Stoner stürzte dort einmal schwer und jahrelang gab es Debatten wegen des schlechten Grips. Dieser Kritikpunkt hat sich durch diverse Arbeiten am Asphalt massiv verbessert und schon im vergangenen Jahr waren die Fahrer zufriedener damit. Dennoch gab es kaum einen Fahrer, der richtig darauf brannte, in Indy zu fahren. Ob das mitentscheidend war, kann ich nicht beurteilen.

Ich weiß aber, dass alle Fahrer die Stadt Indianapolis mochten. Das Großartige an Indy ist, dass jeder noch so kleine Event groß in die Medien kam. Einzig aus dem Grund, dass es auf dem Indianapolis Motor Speedway stattfand. Die Strecke ist ein nationales Monument, das der MotoGP in Zukunft noch fehlen könnte.

Ist die MotoGP in den USA vielleicht auch zu oft umgesiedelt, als dass sich eine richtige Tradition an einem Ort entwickeln hätte können?
Randy Mamola: Das Hauptproblem in den USA ist, dass es viel zu viele konkurrierende und attraktive Freizeitangebote gibt. Auch die unterschiedlichen Sportarten konkurrieren immer stärker untereinander. Über das Internet kann heutzutage jeder ganz einfach die Sportart konsumieren, die ihm am besten gefällt. Dieses große Angebot gab es früher nicht. In Bezug auf die MotoGP-Fans in den USA kommt ein weiteres Problem hinzu: Dass unser Land so riesig ist. In Europa sind alle Rennstrecken im Kalender für die Fans quasi vor der Haustür. Zumindest wenn man die Entfernungen mit jenen in den USA vergleicht. Ein europäischer Fan kann mit dem Auto mehrere Grand Prix pro Jahr besuchen. Austin und Indy sind aber über tausend Meilen voneinander entfernt. Von Kalifornien und Laguna Seca ganz zu schweigen.

Gerade die Hersteller galten stets als große Fürsprecher von mehr Rennen in Übersee wegen der Wichtigkeit des dortigen Absatzmarktes. Werden Honda, Yamaha und Co. nicht rasch wieder auf weitere Rennen in den USA pochen?
Randy Mamola: Mit dem Absatzmarkt ist das immer so eine Sache. Yamaha verkauft mit Sicherheit mehr Motorräder in den USA als in Italien. Dennoch ist für das Produkt MotoGP Italien der interessantere Markt, weil hier die Eintrittskarten zu den Rennen weggehen wie die warmen Semmeln.