Die Spannung in der MotoGP lebt mitunter auch von der Rivalität unter Teamkollegen. Ohne Boxenfunk und Stallorder kämpfen Fahrer aus dem gleichen Team um jede Position, um jeden WM-Punkt. Manchmal wird dabei aber auch übertrieben, so geschehen in Silverstone, wo Jack Miller seinen LCR-Honda-Kollegen Cal Crutchlow mit ins Kiesbett nahm. Damit war er aber bei Weitem nicht der Erste. Motorsport-Magazin.com hat die Top-5 der spektakulärsten teaminternen Kollisionen der letzten Jahre gesammelt:

Miller vs. Crutchlow (LCR Honda), Silverstone 2015

Nach dem Silverstone-Rennen herrschte bei LCR Honda gesteigerter Gesprächsbedarf. Jack Miller und Cal Crutchlow waren mit Rang vier und fünf auf Kurs zum besten Teamergebnis der Saison, als ein übermotivierter Miller in der zweiten Runde ohne Rücksicht auf Verluste - und Crutchlow - viel zu spät anbremste und seinen Teamkollegen wie ein Torpedo von der Strecke räumte. Crutchlow nahm das Rennen wieder in Angriff, stürzte aber auf seinem Ersatzmotorrad mit Trocken-Setup kurz darauf erneut. Millers Rennen war beendet, obendrein kassierte er einen Strafpunkt.

Das will kein Teamchef sehen: Miller und Crutchlow im Kies von Silverstone, Foto: Milagro
Das will kein Teamchef sehen: Miller und Crutchlow im Kies von Silverstone, Foto: Milagro

Beide Fahrer im Kiesbett, nachdem die ersten beiden Runden so gut begonnen hatten. Eine Katastrophe für das ohnehin nicht gerade erfolgsverwöhnte Team von Lucio Checcinello, der noch dazu vor dem Rennen Heißsporn Miller gebeten hatte, es ruhig angehen zu lassen. Miller selbst entschuldigte sich nach dem Rennen zerknirscht: "Zuerst muss ich 'Sorry' an Cal sagen. Das ist ein Desaster, ich wollte das überhaupt nicht. " Crutchlow nahm es letztlich mit Humor: "Ehrlich gesagt, habe ich mir gedacht, als ich getroffen wurde: Bitte nicht Jack! Ich wollte wirklich nicht, dass er es ist. Wenn es jemand anderes gewesen wäre, hätte ich mich mit ihm ja im Kiesbett auseinander setzen können... "

Hayden vs. Pedrosa (Repsol Honda), Estoril 2006

So frustriert wie nach dem Portugal-GP im Jahr 2006 hat man Nicky Hayden noch nie gesehen. Der damalige Honda-Werkspilot hatte beste Aussichten auf den WM-Titel, als Teamkollege Dani Pedrosa ihn beim Rennen in Estoril abschoss. Hayden führte zu dieser Zeit die WM-Tabelle zwölf Punkte vor Valentino Rossi an und lag im Rennen auf dem dritten Platz. Pedrosa verlor das Vorderrad seiner Werks-Honda, als er den Amerikaner auf einer Linkskurve überholen wollte. Funktioniert hätte dieses verzweifelte Manöver von Pedrosa nie, sodass er fiel und Hayden seitlich rammte. Aus der Traum: Der Sturz in Estoril hätte Nicky Hayden fast die Weltmeisterschaft gekostet, Foto: Sutton

Aus der Traum: Der Sturz in Estoril hätte Nicky Hayden fast die Weltmeisterschaft gekostet, Foto: Sutton
Sekunden später lagen beide im Kiesbett, Hayden blind vor Wut und Pedrosa mit einem gebrochenen Finger. Es wird Hayden alle Selbstbeherrschung gekostet haben, seinen Teamkollegen nicht körperliche Gewalt anzudrohen, obwohl sich dieser sofort entschuldigte. Die Weltmeisterschaft konnte Hayden 2006 trotzdem für sich entscheiden.

Marquez vs. Pedrosa (Repsol Honda), Aragon 2013

Dani Pedrosa war bei teaminternen Crashes nicht immer nur der Täter, 2013 in Aragon wurde er zum Opfer. Marc Marquez fuhr ihm im Kampf um den zweiten Platz ans Bike. Obwohl er Pedrosas Honda nur leicht touchierte, beschädigte er dabei einen Sensor am Hinterrad, so dass die Traktionskontrolle plötzlich aussetzte und Pedrosa mit einem wilden Highsider von seinem Motorrad geschleudert wurde. Er zog sich dabei eine Hüftprellung zu, das Rennen war für ihn gelaufen.

Verhängnisvolle Berührung in Aragon: Marquez und Pedrosa, Foto: Milagro
Verhängnisvolle Berührung in Aragon: Marquez und Pedrosa, Foto: Milagro

Der Abschuss beendete Pedrosas Titelträume ein weiteres Mal, und das auch noch genau an seinem 28. Geburtstag. Seine Meinung zum Unfall: "Ich war auf dem Weg in die Kurve. Er war am Limit, verpasste komplett den Bremspunkt, versuchte mir auszuweichen und in diesem Moment berührte er mich ein wenig und kam von der Strecke ab. Als ich das Gas öffnete, war das Kabel der Traktionskontrolle gebrochen, so dass es zu dem großen Highsider kam. Ich konnte den Sturz wirklich nicht vermeiden, leider. Der positive Teil ist, dass ich körperlich in Ordnung bin. Ich habe null Punkte, aber es war heute nicht mein Fehler - das ist es, was ich davon mitnehme. " Marquez gewann das Rennen sogar noch und wurde schließlich Weltmeister. Für sein Vergehen in Aragon erhielt er aber einen Strafpunkt und Honda wurden die Punkte für den Marquez-Sieg in der Konstrukteurs-Wertung aberkannt.

Doohan vs. Criville (Repsol Honda), Jerez 1996

Wenn es um den WM-Titel geht, unterscheidet kein MotoGP-Fahrer mehr zwischen Freund und Feind. So auch Mick Doohan beim Spanien-GP 1996, als er seinen Teamkollegen Alex Criville auf der letzten Runde aus dem Rennen kickte. Die Zuschauer strömten während des finalen Umlaufs bereits auf die Strecke. Doohan wollte um jeden Preis gewinnen und stach innen an Criville vorbei. Dieser stürzte und musste Doohan somit den Sieg überlassen.

Nach dem Manöver gegen seinen Teamkollegen gewann Mick Doohan das Rennen in Jerez, Foto: Milagro
Nach dem Manöver gegen seinen Teamkollegen gewann Mick Doohan das Rennen in Jerez, Foto: Milagro

Auch die Weltmeisterschaft 1996 entschied Doohan für sich, natürlich vor Criville. Allerdings trennten die beiden Teamkollegen ganze 64 Punkte. Ein guter Teil dieser Punkte kam durch die Nullnummer zustande, die Criville durch das Manöver des Australiers in Jerez zu verbuchen hatte.

Capirossi vs. Bayliss (Ducati), Jerez 2003

Gibt es eine schlimmere Vorstellung für einen MotoGP-Piloten, als auf der Aufwärmrunde vom eigenen Teamkollegen abgeschossen zu werden? Wohl kaum. Genau dieser Alptraum wurde für Troy Bayliss kurz vor dem Spanien-GP 2003 Wirklichkeit. Minuten vor dem Rennen fuhr er vor seinem Teamkollegen Loris Capirossi in die Startaufstellung und wurde von dem Italiener bei 250 km/h abgeräumt. Capirossi fuhr auf der Gegengeraden, als plötzlich zwei Fahrer vor ihm auseinanderfuhren und Capirossi auf den langsameren Bayliss auffuhr. Zwar bremste Capirossi, er konnte die Kollision allerdings nicht mehr vermeiden.

Der Alptraum schlechthin: Auf der Aufwärmrunde schoss Loris Capirossi seinen Teamkollegen Troy Bayliss ab, Foto: Ducati
Der Alptraum schlechthin: Auf der Aufwärmrunde schoss Loris Capirossi seinen Teamkollegen Troy Bayliss ab, Foto: Ducati

Eine schmerzhafte Erfahrung für beide Fahrer, die den Crash mit einer Verletzung verließen. Capirossi hatte während des Rennens Probleme mit seinem Arm, Bayliss verletzte sich am rechten Bein, nachdem er bei dem Sturz in Kontakt mit dem Lenker von Capirossis Ducati gekommen war. Dennoch traten beide Fahrer beim folgenden Rennen an. Während sich Bayliss sein erstes MotoGP-Podium einfahren konnte, stürzte Teamkollege Capirossi und schied aus dem Rennen aus.