Die MotoGP-Welt erlebte am Sonntag ein außergewöhnliches Duell zwischen zwei noch außergewöhnlicheren Fahrern. Valentino Rossi und Marc Marquez matchten sich unter komplett unterschiedlichen Vorzeichen um den Sieg beim Grand Prix von Argentinien. Am Ende trug Rossi den Sieg davon, während Marquez im Gras landete und Südamerika mit leeren Händen verließ. Das Rennen in der Analyse:

Die Ausgangslage

Nicht nur die Startaufstellung versprach Spannung, sondern auch die Reifenwahl der Fahrer. Die Fahrer auf Factory-Bikes wählten vier verschiedene Kombinationen an Bridgestones. Auf den extraharten Hinterreifen setzten alle vier Yamaha-Fahrer und Scott Redding, als einziger Honda-Pilot. Marquez und Crutchlow waren auf der Kombination Hart-Hart unterwegs, ebenso alle Ducatisti. Lorenzo und Redding setzen auf den weicheren Vorderreifen, während die beiden Suzukis und Pedrosa-Ersatz Aoyama auf hartem Hinterreifen und dem Medium an der Front unterwegs waren.

FahrerHinterreifenVorderreifen
Rossi, Smith, P.EspargaroExtra-HartHart
Marquez, Dovizioso, Crutchlow, IannoneHartHart
Lorenzo, ReddingExtra-HartMedium
A.Espargaro, Vinales, AoyamaHartMedium

Rossi vs. Marquez

Marquez legte zwar nicht den Start hin, übernahm aber in Runde eins die Führung und gab diese erst in der vorletzten Runde an Rossi ab. Dieser lag nach einer Runde nur auf Position acht, fand sich erst nach sechs Umläufen in den Top-5 und hatte erst ab der elften Runde freie Bahn für die Jagd auf Marquez.

Ein Blick auf die Rundenzeiten zeigt, dass Marquez mit dem weicheren der beiden Hinterreifen früh stark abbaute. Seine schnellste Runde fuhr er schon im zweiten Umlauf, ab Runde fünf fiel er über 1:39,5 und konnte diese Zeit danach nur im letzten Aufbäumen gegen Rossi noch einmal unterbieten.

"Als ich bemerkt habe, dass er (Rossi) näher kommt, wollte ich meine Reifen etwas schonen. Ich habe etwas zurückgeschalten um sicherzustellen, dass die Reifen noch in gutem Zustand sind, falls es am Ende zum erwarteten Kampf kommen sollte", gestand Marquez. Dennoch gingen ihm am Ende die Nerven ein wenig durch, als er sich mit stumpfen Waffen gegen Rossi stemmen wollte, der zu diesem Zeitpunkt zwischen drei und sieben Zehntel pro Runde aufholte.

Rossis Meisterleistung

Yamaha hatte sich früh auf den extraharten Hinterreifen festgelegt und gab diese Entscheidung auch unmittelbar nach dem Qualifying bekannt. Alle vier Fahrer auf den Factory-Bikes bekamen den härtesten Bridgestone verpasst. So richtig auf Touren brachte den Pneu aber nur Rossi, wie der Blick auf die Rundenzeiten zeigt.

Während Lorenzo nur in sechs Runden unter 1:40 bleiben konnte, lagen nur fünf Rundenzeiten von Rossi über diesem Wert. Für Bradley Smith und Pol Espargaro war die 1:39er-Zone am Rennsonntag überhaupt tabu. Dabei war Lorenzo mit Ausnahme des ersten Trainings in jeder einzelnen Session der schnellere Yamaha-Pilot. Doch Rossi hat schon in Katar bewiesen, dass er im Setup für das Rennen um Längen zulegen kann. Der siebenfache MotoGP-Champion weiß wie kein anderer, dass die richtige Balance über die Renndistanz zigmal wichtiger ist als schnelle Einzelzeiten am Freitag oder Samstag.

Hondas Reifenwahl

Honda gestand nach dem Rennen, dass der weichere der beiden Hinterreifen die einzige Option gewesen sei. Deshalb waren auch Marquez und Crutchow auf diesem Pneu unterwegs. Ein Vergleich, ob der Extra-Hard tatsächlich keine Option war, lässt sich mit Scott Redding ziehen, der als einziger Honda-Factory-Rider den härteren Reifen am Heck aufzog.

Redding war deutlich langsamer und verfing sich zudem in der Anfangsphase in Kämpfen im Mittelfeld. Erst ab Runde zehn hatte der Brite freie Fahrt, von da an verbesserten sich auch seine Zeiten deutlich. In der vorletzten Runde fuhr er seine schnellste Einzelzeit. Von der Pace her, war aber selbst am Ende fast eine halbe Sekunde pro Umlauf von Marquez und Crutchlow, deren Rundenzeitenkurven vom Verlauf sehr ähnelten, weg. Diesen Abstand hatte Redding in etwa auch in den Trainings, im Qualifying verlor der Brite sogar deutlich über eine Sekunde auf seine Markenkollegen.

Fazit

Honda lag wohl richtig mit seiner Reifenwahl. Mit dem extraharten Hinterreifen hätte man gegen Ende zwar besser gegen Valentino Rossi halten können, wäre aber zu Beginn Gefahr gelaufen, hinter den Fahrern von Ducati und Suzuki - diese beiden Hersteller mussten ja die weichere Hinterreifenmischung nehmen - Zeit zu verlieren. Anstatt einer Aufholjagd hätten die Fans dann wohl einen 25 Runden langen Kampf zwischen Rossi und Marquez gesehen. Nach dem All-in-Prinzip hat Honda mit Marquez hoch gepokert und am Ende alles verloren. Doch wie die Analyse zeigt wäre auch die Alternative extraharter Hinterreifen wohl nur unwesentlich erfolgsbringender gewesen. Gegen einen nahezu perfekten Valentino Rossi war an diesem Tag einfach kein Kraut gewachsen.