Mitte Januar hatte Dominique Aegerter noch voller Vorfreude auf seinen Test mit einer MotoGP-Maschine Ende des Monats in Jerez geblickt. Er erwartete ein vollkommen neues Projekt, hinter dem das Werk Kawasaki steckt und das mit den Avintia-Maschinen aus dem Vorjahr nichts gemeinsam hat. Doch die Realität sah dann etwas anders aus. Tatsächlich war Akira, eine französische Tuningschmiede die schon im Vorjahr die Kawasaki-Motoren für Avintia rennbereit gemacht hat, Hauptinitiator des Tests. "Das Bike von Avintia wurde durch Akira weiterentwickelt, diese Firma ist auch ganz klar Chef bei diesem Projekt. Kawasaki ist schon auch ein bisschen dabei, aber eher im Hintergrund", erklärte Aegerter gegenüber Motorsport-Magazin.com. Für ihn aber keine Überraschungen, wie er klar stellt: "Ich wusste, dass es nicht wirklich offiziell ist."

Definitiv nicht bekannt war dem Moto2-WM-Fünften des Vorjahres aber die Reifenwahl bei den Testfahrten. Aegerter wusste, dass mit Michelin-Reifen gefahren wird und rechnete daher mit MotoGP-Pneus für 2016, wo die Franzosen ja ein Comeback in der Königsklasse feiern. Die Realität sah dann aber ganz anders aus. Er musste mit Reifen aus der spanischen Moto2-Meisterschaft fahren. "Ich weiß auch nicht, wie sie auf diese Idee gekommen sind", meinte er hörbar enttäuscht. "Es ist schade, weil die Reifen die wir benutzt haben, einfach nicht so viel Grip geboten haben, wie für eine MotoGP-Maschine nötig ist. Das Team hat das aber nun mal so organisiert."

Mit derart schlechtem Kontakt zur Fahrbahn war Aegerter bei seinen insgesamt 113 Runden nicht gerade rasant unterwegs, wie er selbst gestand: "Ich war in etwa so schnell wie die besten Moto2-Bike." Mika Kallio fuhr im Vorjahr in der Moto2-Klasse mit einer Zeit von 1:42.766 Minuten zur Pole Position. Zum Vergleich: Marc Marquez brauchte für die MotoGP-Pole nur 1:38.120, war also um 4,646 Sekunden schneller. Ein großer Abstand, den Aegerter aber auch auf das völlig überarbeitete Motorrad und die daher geringe Erfahrung mit dem Gerät zurückführt. "Der Motor ist ganz anders und auch das Chassis und die Verkleidung sind neu. Sie müssen sicher noch viel am Motorrad arbeiten, denn es war nicht sehr schnell. Ich denke, dass da sicher noch Luft nach oben vorhanden ist. Wenn die Reifen nicht richtig funktionieren, ist das aber auch schwer zu sagen", gesteht der Schweizer.

Doch Aegerter wollte in seinem zweiten MotoGP-Test nach Barcelona im vergangenen Jahr nicht alles negativ sehen: "Ich bin seit November nicht mehr auf dem Motorrad gesessen, also war es gut für mich, wieder meinen Rhythmus zu finden. Es ist sicher besser, hier ein MotoGP-Bike zu fahren, als zuhause in der Schweiz im Schnee rumzusitzen. Ich habe in diesen zwei Tagen viel gelernt, vor allem, weil ich das Motorrad ohne jegliche Elektronik gefahren bin."

Zukunft unklar

Bleibt die Frage, wohin dieses Projekt nun führen soll. "Sie wollen ganz klar mit einem neuen Motorrad in die MotoGP zurückkommen und dort konkurrenzfähig sein", war sich Aegerter noch vor zwei Wochen sicher. Mittlerweile klingt das schon ganz anders: "Ich weiß nicht, was der Plan ist. Sie wollen auf jeden Fall noch am Motorrad arbeiten und sich weiter verbessern. Ob sie wirklich in die MotoGP einsteigen wollen, kann ich nur schwer sagen, weil ich jetzt nur für die Testfahrten mit ihnen Kontakt hatte." Keinerlei Kontakt gab es zum Werk Kawasaki, obwohl der japanische Hersteller in den vergangenen zwei Tagen mit seinem WSBK-Team ebenfalls in Jerez getestet hatte. Das Projekt macht also einen etwas undurchsichtigen Eindruck, wohl nicht zuletzt für Aegerter selbst. Ob er einem Test dennoch wieder zustimmen würde? "Ich würde das sicher wieder machen, wenn sie mich einladen. Es hat Spaß gemacht."