Phillip Island erlebte ein chaotisches MotoGP-Wochenende. Am Ende blieb statt der vorzeitigen Titelentscheidung zugunsten von Marc Marquez eine völlig offene WM, in der Jorge Lorenzo vor den letzten beiden Saisonrennen wieder alle Möglichkeiten hat. Motorsport-Magazin.com entwirrt das Chaos beim Australien GP:

Wieso wurde Marc Marquez disqualifiziert?

Schon nach den Trainings war klar, dass die Reifen von Bridgestone nur einen Bruchteil der Renndistanz durchhalten würden. Deshalb verkürzte man das Rennen zweimal und führte zudem erstmalig in der MotoGP-Geschichte einen verpflichtenden Boxenstopp ein, bei dem die Fahrer auf das zweite Motorrad mit neuen Reifen wechseln mussten. Für diesen Wechsel gab es ein vorgegebenes Fenster, das zwei Runden umfasste. Man musste also entweder am Ende von Runde neun oder am Ende von Runde zehn an die Box kommen.

Marquez missachtete diese Vorgabe und bog erst nach seiner fast vollendeten elften Runde an die Box ab. Die Rennleitung hatte den Sachverhalt im Vorfeld klar und deutlich erklärt, weshalb man sich rasch dazu entschloss, Marquez die Schwarze Flagge für diesen Verstoß zu zeigen. Marquez war allerdings nicht der Einzige, der das Boxenstopp-Fenster verpasste. Auch Bryan Staring wurde deshalb aus der Wertung genommen.

Wer hat das verbockt?

Krisensitzung bei Honda nach dem Fauxpas, Foto: Repsol Honda
Krisensitzung bei Honda nach dem Fauxpas, Foto: Repsol Honda

Die Disqualifikation von Marc Marquez war ganz klar die Schuld des jungen Spaniers und seines Teams. Sie waren es, die geplant hatten, Marquez eine Runde nach Lorenzo an die Box zu holen, allerdings handelte es sich dabei schon um den elften Umlauf. Von der Rennleitung wurde vor dem Grand Prix aber klar festgelegt, dass kein Pilot mehr als zehn Runden auf demselben Reifen respektive Motorrad zurücklegen dürfe. "Mein Team und ich hatten unsere Strategie fixiert und wir dachten, dass wir nach der zehnten Runde reinkommen könnten, aber das zählt als eine extra Runde. Wir hatten das nicht bedacht und einen Riesenfehler begangen", meinte Marquez nach dem Rennen. So musste auch HRC-Boss Shuhei Nakamoto letztendlich anerkennen, dass die Disqualifikation gerechtfertigt war.

Was war bei Pedrosa los?

Dani Pedrosa kam als erster Pilot des Spitzentrios an die Box. Sein Plan war, dem Gedränge in der Pitlane so aus dem Weg zu gehen und sich vielleicht einen Vorteil erarbeiten zu können. Der kleine Spanier zeigte auch einen ausgezeichneten Stopp und war schnell wieder auf der Strecke zurück – etwas zu schnell. Pedrosa überfuhr am Ende der Boxengasse die weiße Sperrlinie, die extra für das Rennen auf den Asphalt aufgebracht wurde, um gefährliche Situationen zwischen aus der Boxengasse ausfahrenden und über die Start-Ziel-Gerade herankommenden Piloten zu verhindern.

Er selbst konnte sich den Vorfall nicht ganz erklären: "Es ist alles so schnell passiert, ich kann mich kaum noch an den Stopp erinnern." Nachdem Jorge Lorenzo und Marc Marquez nach dessen Boxenstopp kollidiert waren, fiel der WM-Leader hinter Pedrosa zurück. Aufgrund des Vergehens von Pedrosa bei der Boxenausfahrt, musste er sich aber wieder hinter seinen Teamkollegen zurückrutschen lassen, wodurch er erneut nur auf Rang drei lag. Pedrosa erbte aber wieder den zweiten Platz, den er schließlich ins Ziel fuhr.

Wieso gerieten Lorenzo und Marquez aneinander?

Zwischen den beiden WM-Rivalen wurde es auch auf Phillip Island körperlich. Als Marquez aus der Box fuhr, kam Lorenzo gerade mit Vollgas von der Geraden herangeschossen, wählte in Kurve eins die Innenbahn und drückte sich am eben erst beschleunigenden Marquez vorbei. Marquez dürfte seinen Konkurrenten ganz schön gespürt haben, denn er verlor beim Aufprall einen Teil seines Ellbogenschoners. Ob sich Lorenzo damit für den Bodycheck in Jerez revanchieren wollte? Wohl eher nicht, aber der Mallorquiner hatte zu diesem Zeitpunkt die Gesamtwertung im Hinterkopf und wollte Marquez um jeden Preis Punkte abknöpfen. Dass der WM-Leader disqualifiziert werden würde, konnte man zu diesem Zeitpunkt ja nur mutmaßen.